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Forscher röntgen freischwebenden Feinstaub

04.07.2012

Rußpartikel sind so vielfältig wie Schneeflocken

London/Hamburg (dapd-nrd). Forschern ist es erstmals gelungen, winzige schwebende Rußpartikel mit Hilfe eines Lasers einzeln zu erfassen und abzubilden. Dabei zeigte sich: Die Teilchen, die beispielsweise beim Verbrennen von Dieselkraftstoff entstehen, sind wie Schneeflocken - nicht zwei von ihnen sind gleich. Dank der neuen Messungen ist es nun möglich, Form und Eigenschaften der nur wenige Tausendstel Millimeter großen Partikel miteinander in Beziehung zu setzen. Die Ergebnisse dieser Analysen könnten unter anderem helfen, Aerosole besser zu verstehen - jene Gemische aus Schwebeteilchen und Luft in der Atmosphäre, denen eine Schlüsselrolle bei der globalen Erwärmung zugeschrieben wird. Über ihre Studie berichten Duane Loh vom SLAC National Accelerator Laboratory, einem Teilchenbeschleunigungszentrum des US-Energieministeriums, und seine Kollegen im Fachmagazin "Nature" (doi: 10.1038/nature.11222). Beteiligt an der Arbeit waren auch Wissenschaftler vom Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg, der Universität Hamburg, den Max-Planck-Instituten in Heidelberg, Garching und München und der interdisziplinären Advanced Study Group der Max-Planck-Gesellschaft in Hamburg.

Kleine Teilchen mit großer Wirkung

Von den vielen in der Luft umhertreibenden Teilchen sind vor allem die sehr kleinen - in der Größenordnung bis 2,5 Mikrometer (Tausendstel Millimeter) - für Forscher interessant. Denn sie gelten nicht nur als einer der wichtigsten Faktoren für die globale Erwärmung, sondern auch als Gesundheitsrisiko, da sie nach dem Einatmen tief in die Lunge eindringen können. Ihre Analyse gestaltete sich bislang allerdings schwierig. Um sie zum Beispiel unter ein Mikroskop legen zu können, müsste man die Teilchen auf eine Art Objektträger aufbringen. Dabei klumpen sie jedoch häufig zusammen und verändern ihre Eigenschaften, sodass sich die Ergebnisse nicht in jedem Fall auf schwebende Partikel übertragen lassen. Loh und seine Kollegen entschieden sich daher dafür, die Schwebteilchen sozusagen zu röntgen: Sie schickten ein Gasgemisch aus Argon und Stickstoff durch einen dünnen Luftstrahl. Dieser kreuzte den Weg eines Röntgenlasers, der extrem starke und kurze Röntgenblitze erzeugen kann. Trifft ein solcher Blitz auf ein Rußteilchen, wird das Röntgenlicht auf eine ganz bestimmte Art und Weise gebeugt - abhängig davon, wie das Teilchen beschaffen ist. Aus dem Beugungsmuster, das von Detektoren erfasst wird, lässt sich daher die Struktur des Partikels ableiten. Die Forscher nutzten dafür den zurzeit stärksten Röntgenlaser der Welt, den Freie-Elektronen-Laser (FEL) LCLS am SLAC in Kalifornien.

Form und Beschaffenheit lassen sich gleichzeitig messen

Gleichzeitig kann ein nachgeschaltetes Massenspektrometer genaue Auskunft über die chemische Zusammensetzung des analysierten Teilchens geben. Das sei beispielsweise wichtig, um zwischen reinen Rußpartikeln und solchen aus Stoffmischungen zu unterscheiden, erläutern die Forscher. Solche Mischungen kommen etwa in Küstenstädten vor, wo sich Rußteilchen an Salzpartikel anlagern und so ganz eigene Aerosolvarianten bilden. Das Laser-Messsystem sei in der Lage gewesen, problemlos zwischen diesen beiden Formen zu unterscheiden, schreibt das Team. Die in der Studie untersuchten Partikel waren insgesamt kompakter, als Modelle vorhergesagt hatten. Überrascht waren die Forscher zudem über die große Strukturenvielfalt. Es sei jetzt erstmals möglich, nach einem Zusammenhang zwischen bestimmten Strukturmerkmalen und den Eigenschaften der Partikel, etwa ihrer Giftigkeit, zu suchen, kommentiert Erstautor Loh. Zudem bestimme die Struktur der Rußteilchen in der Atmosphäre, wie sie auftreffendes Sonnenlicht streuen, und das wiederum sei wichtig, um zu verstehen, wie Sonnenenergie von der Atmosphäre absorbiert wird, ergänzt sein Kollege Andrew Martin vom Hamburger DESY. Die Methode soll jetzt unter anderem angewendet werden, um die Bildung von Feinstaubpartikeln während der Verbrennung von Dieselkraftstoff zu beobachten.

  Quelle: dapd


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