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Fristsetzung durch vollmachtlosen Architekten?

06.04.2017

von RA Michael Seitz

Auch der Architekt, der keine Vollmacht besitzt, für den Auftraggeber zu handeln, kann für diesen dennoch wirksam Mängel rügen, Mahnungen aussprechen, Fristen setzen und – für den Fall des Fristablaufs – die Kündigung androhen.

Dies hat das OLG Köln in einem Urteil vom 29.12.2016 (Az.: 7 U 131/15) entschieden.

Der Fall: AG beauftragt AN mit Metallbauarbeiten. Nach Abnahme verweigert AG die Bezahlung der Schlussrechnung und wendet Zurückbehaltungsrechte sowie Schadensersatzforderungen ein. AN habe wiederholt Fertigstellungstermine nicht eingehalten. Insbesondere nach Aufforderung zur Mängelbeseitigung sei nochmals ein ganzer Monat bis zur Fertigstellung verstrichen, dies habe zu einem Mietausfall geführt. AN wendet unter anderem ein, der Architekt, der zur Mängelbeseitigung aufgefordert habe, sei hierzu von AG nicht bevollmächtigt gewesen.

Das Urteil: Diesen Einwand lässt das OLG Köln nicht gelten. Da der bauleitende Architekt für die plangemäße Herstellung des Baues die Arbeiten zu koordinieren hat, sei in der Regel anzunehmen, dass er Mängel rügen, Mahnungen aussprechen, Fristen setzen sowie für den Fall des Fristablaufs die Kündigung Androhung darf. Er geht nämlich damit für den Auftraggeber keine besonderen Verpflichtungen ein, sondern es handelt sich vielmehr nur um Maßnahmen zugunsten seines Auftraggebers, mit denen der Architekt die Änderung der Rechtslage durch Willenserklärungen nur vorbereitet und so zur Durchführung des Bauvertrages beiträgt. Folglich wurde die Frist zur mangelfreien Herstellung durch den Architekten wirksam gesetzt. Diese Frist hatte AN nicht eingehalten, deswegen war er zum Ersatz des Mietausfalls verpflichtet.

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Fazit: Entgegen vielfacher Auffassung unter Bauunternehmern ist ein Architekt ohne besondere Vollmacht in der Regel nicht befugt, den Bauentwurf zu ändern, beispielsweise indem er Stundenlohnarbeiten anordnet oder einen Nachtrag beauftragt. Das heißt aber noch nicht, dass der Architekt auf der Baustelle gar nichts darf. Vielmehr darf er auch als vollmachtloser Vertreter auf der Baustelle alle Handlungen für seinen Bauherrn vornehmen, die für diesen günstig sind. Hierzu zählt beispielsweise auch das Setzen von Fristen und der Ausspruch von Mahnungen. Im konkreten Fall hatte die vom vollmachtlosen Architekten ausgesprochene Mahnung unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung, die fruchtlos verstrich, zur Folge, dass der Bauherr Schadenersatzansprüche geltend machen konnte.

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