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Geänderte oder zusätzliche Leistung

10.02.2022

Das Separieren und Entsorgen von im Erdreich enthaltenem Müll stellt keine zusätzliche Leistung i. S. d. § 2 Abs. 6 VOB/B, sondern vielmehr eine geänderte Leistung i. S. d. § 2 Abs. 5 VOB/B dar, wenn der Auftragnehmer nach dem LV Boden und Fels abzutragen und zu verwerten hat. Eine vorherige Ankündigung des Mehrvergütungsanspruchs ist daher entbehrlich. Dies hat das OLG Hamm mit Urteil vom 27.03.2019 (Az.: 12 U 66/17) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 08.04.2021 (Az.: VII ZR 78/19) zurückgewiesen.

Der Fall: AG beauftragt den AN auf Basis des Vertrages unter Einbeziehung der VOB/B mit Erdarbeiten. Unter anderem schreibt das Leistungsverzeichnis vor, Boden und Fels abzutragen und zu verwerten. AN findet im Erdreich erhebliche Mengen Müll. Er separiert und entsorgt diese, kündigt jedoch den Mehrvergütungsanspruch dem AG nicht an. AG verweigert die mit der Schlussrechnung geforderte Mehrvergütung für die Müllentsorgung.

Das Urteil: OLG Hamm verurteilt AG zur Zahlung! Das Leistungsverzeichnis spreche lediglich von der Abtragung des Erdwalls und der Verwertung des Materials. Als Material wurde lediglich Boden und Fels, nicht aber Müll angegeben. AN wusste auch nichts davon, dass in dem Erdwall noch andere Materialien als Fels und Boden lagerten. Dass er daraufhin auf Weisung des AG den Müll separierte und entsorgte, stelle eine geänderte und nicht eine zusätzliche Leistung dar. Hierfür spreche auch, dass nach der DIN 18299, Nr. 4.1.12 die Entsorgung von Abfall lediglich bis zu einer Menge von 1 m³ eine Nebenleistung, darüber hinausgehend jedoch eine besondere Leistung darstellt.

Fazit: Die Abgrenzung geänderten Leistungen i. S. d. § 2 Abs. 5 VOB/B zu den zusätzlichen Leistungen i. S. d. § 2 Abs. 6 VOB/B bereitet immer wieder Probleme. Da allerdings die Rechtsfolgen der zusätzlichen bzw. der geänderten Leistung (neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten) gleich ist, kommt es in der Regel auf die Abgrenzung nicht an. Anders liegt dies nur dann, wenn AN die zusätzliche Leistung dem Auftraggeber nicht angekündigt hat, bevor er mit deren Ausführung beginnt. Die Ankündigung ist nämlich eine weitere Voraussetzung für die Vergütung einer zusätzlichen Leistung, es sei denn die Änderung ist offenkundig oder die Ankündigung sonst entbehrlich. Bei einer geänderten Leistung nach § 2 Abs. 5 VOB/B bedarf es hingegen keiner Ankündigung. Da die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann, ist jedem Bauunternehmer zu raten, im Zweifel sowohl bei geänderten als auch bei zusätzlichen Leistungen dem Auftraggeber seinen Mehrvergütungsanspruch anzukündigen.

  Quelle: RA Michael Seitz


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