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Gefahr eines Mangels: Mangel?

09.11.2023

Ein Auftraggeber muss es nicht hinnehmen, dass mit der Verwendung eines für den vereinbarten Zweck nicht gedachten Baumaterials die erhöhte Gefahr von Schäden einhergeht. Deshalb reicht für die Annahme eines Mangels bereits die Ungewissheit über die Gebrauchsrisiken aus. Dies hat das OLG Schleswig mit Urteil vom 05.07.2022 (Az.: 12 U 116/22) entschieden.

 

Michael Seitz

 

Der Fall: AN errichtet für AG ein Metalldach aus Aluminium. Unter diesem Aluminium-dach verbaut AN eine Membran, die Feuchtigkeit aufsaugen und speichern kann. AG hält dies für einen Mangel, fordert AN zur Mängelbeseitigung auf und behält gut 6.000,00 EUR ein. AN bestreitet den Mangel und verlangt den ausstehenden Werklohn.

Das Urteil: Ebenso wie das Landgericht gibt auch das OLG der Klage nur Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung statt. Sachverständig beraten stellt das OLG fest, dass die Membran nicht fachgerecht sei, da sie sich für den Einsatz unter einem Aluminiumdach nicht eignet. Durch sie könne Kondensat entstehen, was wiederum die Dachkonstruktion schädigen könne. Tatsächliche Schäden waren allerdings bisher nicht eingetreten. Den-noch sieht das OLG einen Mangel, weil es AG nicht hinnehmen müsse, dass unter Um-ständen langfristig Feuchtigkeitsschäden am Dach auftreten.

Fazit: Was in den Worten des OLG Schleswig so bemerkenswert klingt, ist ständige Rechtsprechung. Die hier von AN gewählte Bauweise ist nicht fachgerecht, sie ent-spricht also nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht den allgemein aner-kannten Regeln der Technik. Bereits darin liegt ein Mangel, ohne dass es des Begriffs der "Mangelgefahr" überhaupt bedarf. Denn nach allgemeiner Ansicht muss eine Abwei-chung von den anerkannten Regeln der Technik der Mangel nicht bereits eingetreten sein, vielmehr ist allein bereits die Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit ein Mangel "im Rechtssinne". Allenfalls für die Frage, ob eine Mängelbeseitigung unverhält-nismäßig ist, ist es sodann von Bedeutung, ob die objektive Abweichung von den allge-mein anerkannten Regeln der Technik auch zu einem Schaden führen kann. Erst wenn - was AN hier nicht vorgetragen hatte und was durch die Feststellung des Sachverständi-gen hier auch widerlegt ist - feststeht, dass ein solcher Schaden definitiv nicht eintreten wird, wäre eine Mängelbeseitigung möglicherweise unverhältnismäßig.

  Quelle: Anwalt Seitz


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