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Gekündigter Bauvertrag

06.09.2013

Abnahme und Aufmaß erforderlich

Von Rechtsanwalt Dr. Christian Biernoth

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Seine langjährige Rechtsprechung zur Fälligkeit des Werklohns nach Kündigung eines Bauvertrages hat der Bundesgerichtshof mit dem Urteil vom 11.05.2006 (Az. VII ZR 146/04) grundlegend geändert. Für Auftragnehmer wird es dadurch noch schwieriger, zeitnah die bis zur Kündigung ausgeführten Teilleistungen vergütet zu erhalten.

A) Fälligkeit der Vergütung
Für die Fälligkeit des Werklohns ist grundsätzlich eine Abnahme nach § 641 BGB erforderlich. Das war und ist für den Fall der vollständigen Vertragsdurchführung eindeutig. Bislang war es auch einhellige Ansicht, dass im Fall einer vorzeitigen Kündigung eines Bauvertrages eine Abnahme nicht Voraussetzung für die Fälligkeit der (Teil-) Vergütung ist.

1. Abnahme erforderlich
Das wurde nun durch das vorgenannte Urteil des BGH grundlegend geändert: Beim Bauvertrag muss (auch) nach Kündigung eine
Abnahme der erbrachten Teilleistungen erfolgen, damit die Vergütung fällig wird.

Die Begründung für die Rechtsprechungsänderung ist so einfach wie einleuchtend: Während beim vollständig durchgeführten Bauvertrag der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers erst nach erfolgter Abnahme fällig werde, wäre der Unternehmer im Fall der Kündigung ohne ersichtlichen Grund besser gestellt, wenn sein Werklohnanspruch ohne Abnahme bezahlt werden müsse. Gerade falls der Auftragnehmer Grund zur Kündigung gegeben habe, z.B. indem er seine Arbeiten grundlos einstellt, sei das eine nicht gerechtfertigte Priviligierung des vertragsbrüchigen Unternehmers.
Da einer Kündigung in aller Regel schwerwiegende Differenzen der Baubeteiligten vorausgehen, ist zu erwarten, dass der Auftraggeber regelmäßig wenig geneigt ist, an einer die Fälligkeit begründenden Abnahme mitzuwirken. Insbesondere sind eine Vielzahl von Mängelrügen zu erwarten, die evtl. auch Ursache oder Auslöser der Kündigung waren. Ist die Bauleitung bei gestuften Vertragsverhältnissen in einer Leistungskette, z.B. Nachunternehmer - Generalunternehmer - Bauherr, erbracht worden eröffnet § 641 Abs. 2 BGB dem NU weitere Möglichkeiten, zu einer Fälligkeit seiner Vergütung zu gelangen: Erhält der GU vom Bauherrn für die Leistung des NU eine endgültige Zahlung, wird der Vergütungsanspruch des NU dadurch ebenso fällig. Das gilt auch, sofern die Arbeiten des NU vom Bauherrn im Verhältnis zum GU abgenommen sind (oder als abgenommen gelten). Ob der Bauherr an den GU gezahlt oder die Arbeiten des NU abgenommen hat, weiß der NU in aller Regel nicht. Hier hilft § 641 Abs. 2 Nr. 3 BGB, wonach es für die Fälligkeit ausreicht, dass eine vom NU dem GU gesetzte Frist zur Auskunft über die Zahlung bzw. Abnahme durch den Bauherrn ohne Reaktion des GU abgelaufen ist.


2. Ausnahme: Fälligkeit ohne Abnahme
Es stellt sich daher die Frage, wie der Unternehmer trotzdem die Fälligkeit des Werklohns erreichen kann. Dafür stehen nur zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
a) die Abnahmewirkungen auch ohne durchgeführte Abnahme herbei zuführen,
oder
b) die Abnahme ist ohnehin entbehrlich.

a) Fingierte Abnahme
Eine so genannte fingierte Abnahme kann der Auftragnehmer nach § 640 Abs. 1 S. 3 BGB erreichen, in dem er dem Auftraggeber eine Frist zur Abnahme setzt. Ist das Werk nur mit allenfalls unwesentlichen Mängeln behaftet, ist der Auftraggeber verpflichtet, die Abnahme zu erklären. Nach Fristablauf gilt daher die Abnahme als erfolgt. Sollten jedoch wesentliche Mängel vorliegen, ist dieser Weg versperrt. Beim gekündigten Bauvertrag kann eine fiktive Abnahme nach § 12 Nr. 5 VOB/B i.d.R. nicht erreicht werden, da dafür eine Fertigstellung erforderlich ist, die zumeist wegen der kündigungsbedingt nur teilweise erbrachten Leistungen nicht möglich ist. Anderes gilt nur im Ausnahmefall, falls die Leistung vollständig erbracht ist, der Auftraggeber unberechtigt wesentliche Mängel rügt und deshalb kündigt. Auch gewährt § 8 Nr. 6 VOB/B keinen Anspruch auf Abnahme, sondern setzt einen solchen voraus.

b) Entbehrliche Abnahme
Einer Abnahme bedarf es lediglich in drei Fällen nicht:
1. der Auftraggeber verlangt keine Mangelbeseitigung mehr, macht also kein Zurückbehaltungsrecht geltend, sondern auf Geldzahlung gerichtete Ansprüche. Dann besteht ein reines Abrechnungsverhältnis in dem es einer Abnahme (also der körperlichen Hinnahme des Werkes verbunden mit der Billigung des Werkes als in der Hauptsache vertragsgemäße Leistung) nicht mehr bedarf;
oder 2. der Auftraggeber lehnt die Abnahme des Werkes oder
die Mitwirkung an der Mängelbeseitigung ohne Grund ernsthaft und endgültig ab;
oder 3. der Auftraggeber beseitigt vorhandene Mängel selbst erfolgreich. Dann kann er sich nicht mehr darauf berufen, ursprünglich die Abnahme zu Recht verweigert zu haben.

3. Weitere Voraussetzungen beim VOB/B-Vertrag
Beim VOB/B – Vertrag ist zusätzlich noch die Übergabe einer prüffähigen Schlussrechnung für die Fälligkeit der Vergütung erforderlich. Das setzt sowohl ein Aufmaß als auch eine nachvollziehbare Abgrenzung der erbrachten zu den nicht erbrachten Leistungsteilen voraus.

B) Aufmaß der erbrachten Leistungen
Um insbesondere für den Auftragnehmer Art und vor allem Umfang der ausgeführten Leistungen hinreichend bestimmen zu können, ist unmittelbar nach Kündigung ein möglichst gemeinsames Aufmaß erforderlich. Andernfalls kann ggf. der Leistungsstand durch nachfolgend tätige Unternehmer nicht mehr verlässlich ermittelt werden. Der Auftragnehmer wird dann kaum – notfalls gerichtlich – die von ihm erbrachten Arbeiten nachweisen können. Beim BGB-Bauvertrag finden sich dazu keine eigenen Regelungen. Das gemeinsame Aufmaß kann auch nicht als Nebenpflicht vom Auftraggeber verlangt werden, es handelt sich nur um eine nicht durchsetzbare Obliegenheit. Das gilt auch für das gemeinsame Aufmaß nach §§ 8 Nr. 6, 14 Abs. 2 VOB/B. Der Auftragnehmer kann dem Auftraggeber jedoch eine Frist zur Durchführung eines gemeinsamen Aufmaßes von zumeist 12 Werktagen setzen. Ist diese Frist verstrichen, kann der Auftragnehmer die erbrachten Leistungen allein aufmessen. Die Darlegungs- und Beweislast, dass dieses einseitige Aufmaß unrichtig ist, liegt dann beim Auftraggeber. Etwaige Einwände muss er daher konkret benennen und beweisen können. Das ist gerade bei Fortführung der erbrachten Teilleistung kaum machbar.

C) Erforderliches Vorgehen nach erfolgter Kündigung
1. Prüfen der erbrachten Leistungen auf wesentliche Mängel
Sobald eine Kündigung erklärt wurde, muss sich der Unternehmer ernsthaft prüfen, ob die bis dahin erbrachten Leistungen wesentliche Mängel aufweisen. Falls ja, muss er diese Mängel beseitigen, da er ansonsten kaum einen fälligen Vergütungsanspruch wird erlangen können.

2. Auftraggeber auffordern zur Abnahme und gemeinsamem Aufmaß
Liegen keine oder jedenfalls keine wesentlichen Mängel vor, ist der Auftraggeber mit Fristsetzung von regelmäßig 12 Werktagen aufzufordern, die erbrachten Leistungen (falls vereinbart: förmlich) abzunehmen. Mit gleicher Fristsetzung von 12 Werktagen ist der Auftraggeber ferner zur Durchführung eines gemeinsamen Aufmaßes aufzufordern. Zweckmäßigerweise gibt man dazu mindestens zwei Alternativtermine vor und setzt eine kürzere Frist zur Terminsbestätigung. Wird nicht gemeinsam aufgemessen, sollte der Unternehmer schnellstmöglich einseitig das Aufmaß nehmen.

3. Erstellen und Aushändigen der Schlussrechnung
Anschließend ist natürlich die Schlussrechnung zu erstellen. Wie die Vergütung zu berechnen ist, hängt davon ab, welcher Vertragspartner gekündigt hat und ob es sich um eine sog. „freie“ auftraggeberseitige Kündigung ohne wichtigen Grund oder eine Kündigung aus wichtigem Grund (z.B. nach § 8 Nr. 2 - 4 VOB/B) handelt. Eine annähernd erschöpfende Darstellung sprengt jedoch den Rahmen dieses Hinweises.

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  Quelle: www.kanzlei-ehb.de


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