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Gelassenheit siegt

22.07.2016

von Dr. Gudrun Fey + Frank Seeger

Fey, Gudrun Dr_Print.JPGSeeger, Frank.jpg

Fotos: www.die-profilberater.de

Berufstätige könnten im Kontakt mit Kunden und Kollegen zuweilen „platzen“, so ärgern sie sich über diese. Doch das bringt wenig. Zielführender ist es, in solchen Situationen die Ruhe und Gelassenheit zu bewahren. Und das kann man lernen.

Im Berufsleben gibt es immer wieder Situationen, in denen man sprichwörtlich „platzen“ könnte. Doch das hilft im Berufsalltag selten weiter. Denn in ihm gilt meist die Regel: Wer die Contenance, also Fassung, verliert, der hat verloren – unter anderem, weil er nicht mehr souverän wirkt.

Also empfiehlt es sich, sich eine „dicke Haut“ zuzulegen und für sich Strategien zu erarbeiten, wie man mit Situationen, in denen man aus der Haut fahren könnte, relaxt umgehen kann.

Dies gilt insbesondere für alle Berufstätigen, die sozusagen an Schaltstellen sitzen, an denen viele (Kommunikations-)Fäden zusammenlaufen, als Beispiel seien die Kundenbetreuer von Unternehmen genannt. Außerdem die Leiter von Projekten. Denn sie sind in der Regel die ersten Ansprechpartner für die betroffenen Personen. Entsprechend häufig werden sie mit Fragen und Wünschen sowie mit Klagen und Beschwerden konfrontiert, für deren Ursache sie nichts können. Also ist die Gefahr groß, dass sie sich zu Unrecht angegriffen fühlen und entsprechend scharf reagieren.

Souverän sein und bleiben
Zielführend ist das nicht! Denn aus Sicht der Beschwerdeführer sind Kundenbetreuer die Repräsentanten ihres Unternehmens. Also haben sie sich ihre Klagen und Probleme anzuhören, hierfür Verständnis zu zeigen und sich ihrer anzunehmen. Dasselbe gilt für Projektleiter. Auch sie werden, weil sie aus Sicht der Betroffenen für das Projekt verantwortlich sind, immer wieder mit Wünschen und Klagen konfrontiert, bei denen sie denken „Was habe ich damit zu tun?“ oder: „Kann der/die das nicht selbst regeln?“. Trotzdem müssen sie ruhig und gelassen bleiben. Denn dieses „Prellbock ...“ und „Blitzableiter sein“ ist ein Teil ihres Jobs.

Das sollten Kundenbetreuer und Projektleiter – sowie Personen, die an ähnlichen Schaltstellen sitzen – akzeptieren. Sonst werden sie in ihrem Job nie glücklich. Außerdem sollten sie lernen, in solchen Situationen entspannt zu bleiben. Das schont ihre Nerven. Außerdem ist es zielfördernder, als beispielsweise loszupoltern oder beleidigt zu reagieren. Denn wenn sie gelassen und somit souverän agieren, stärkt dies ihre Position als Kundenbetreuer oder Projektleiter. Außerdem erzeugen sie weniger frustrierte „Kunden“.

Lösungsorientiert kommunizieren
Recht einfach fällt den meisten Menschen der Umgang mit Beschwerden, bei denen die Beschwerdeführer ihren Ärger nicht ungefiltert weitergeben. Anders ist es, wenn zum Beispiel ein Anrufer sofort lospoltert und sagt: „Warum dauert es so lange, bis das IT-Programm wieder funktioniert? Ich warte schon ewig darauf, dass ...“. Dann besteht die Gefahr, dass sie gereizt erwidern „Nun mal langsam ...“ und die Situation eskaliert. Noch größer ist diese Gefahr wenn der Beschwerdeführer zum Beispiel sagt: „Warum dauert es bei Ihnen stets so lange? Ihre Kollegen kriegen das doch auch schneller hin.“ Denn dann wird die betreffende Person persönlich angegriffen. Also ist die Gefahr groß, dass die Person verbal zurückschlägt: Dann eskaliert die heikle Situation meist zum Konflikt. Deshalb sollten Sie persönliche Angriffe in der Regel scheinbar überhören und sachlich beispielsweise erwidern: „In zwei Stunden funktioniert das Programm wieder.“ Und nach dem Telefonat eventuell laut fluchen.

Wir Menschen neigen dazu, auf Angriffe wie unsere Ahnen in der Steinzeit zu reagieren: mit Kampf oder Flucht. Dabei wissen wir aus Erfahrung: Es bringt meist wenig, mit Kunden oder Vorgesetzten zu streiten. Denn Erstere haben bekanntlich immer Recht und Letztere sitzen meist am längeren Hebel. Doch zu „fliehen“ – also sich zum Beispiel für etwas zu entschuldigen, wofür man keine Schuld hat? Das macht auch wenig Sinn. Denn dann machen wir uns klein. Und der Beschwerdeführer? Er wird immer maßloser und behandelt uns fortan wie einen „Handlanger“. Unterwürfig und devot zu sein, hilft also auch nicht weiter. Der einzige Lösungsweg, der somit bleibt, lautet: lösungsorientiert mit dem Beschwerdeführer kommunizieren.

Die richtige Einstellung entwickeln
Beschwerdeführer fragen oft: „Warum dauert das so lange?“ Oder: „Warum ist das so kompliziert?“ Dann wollen sie meist keine detaillierte Antwort auf ihre Frage haben. Sie möchten vielmehr, dass ihnen schnell geholfen wird oder man ihnen zumindest glaubwürdig versichert, sich rasch um eine Lösung ihres Problems zu bemühen. Gehen Sie deshalb auf solche Fragen nicht lange ein. Zeigen Sie dem Beschwerdeführer vielmehr kurz auf, was Sie bereits taten und gerade tun, damit er so rasch wie möglich zum Beispiel wieder mit dem IT-Programm arbeiten kann.

Wie nervenschonend Sie mit emotionalen Stress-Situationen umgehen, hängt auch von Ihrer Einstellung ab. Und diese können Sie beeinflussen. Kundenbetreuer können Beschwerden auch als etwas ansehen, das ihren Arbeitsplatz sichert. Denn wenn die Kunden keine Fragen, Wünsche, Klagen und Probleme mehr hätten, bräuchten ihre Arbeitgeber auch keine Kundenbetreuer mehr. Und wenn Projekte, in die viele Personen und Bereiche mit teils unterschiedlichen Interessen involviert sind, einfach zu managen wären, dann bräuchte man keine Projektmanager und -leiter mehr.

Außer der richtigen Einstellung benötigen Sie zwei weitere Dinge, um auf persönliche Angriffe und Attacken gelassen zu reagieren:
1. einige Formulierungen und Fragen, mit denen Sie heikle Situationen entschärfen können, und
2. Übung in deren Anwendung.

Die andere Person spürbar ernst nehmen
Beschwerdeführer wollen spüren: Ich werde ernst genommen und da bemüht sich jemand ernsthaft um eine Lösung meines Problems. Dieses Ziel erreichen Sie, indem Sie zu einem Anrufer zum Beispiel sagen „Ich helfe Ihnen gern, ...“ und ihm dann
• eine Begründung geben, warum es etwas länger dauert, und
• sagen, wann sein Problem voraussichtlich gelöst sein wird.

Um einer Beschwerde nachgehen zu können, brauchen Sie meist Informationen. Taktisch eher ungeschickt ist es, nachdem eine Person ihre Beschwerde vorgetragen hat, diese direkt nach der Kundennummer zu fragen. Kundenorientierter und verbindlicher wirkt es, wenn Sie dieser Frage eine Begründung voranstellen – zum Beispiel:
• „Damit ich Ihnen sofort helfen kann, benötige ich Ihre Kundennummer.“ Oder:
• „Damit ich mich rasch um Ihr Anliegen kümmern kann, sagen Sie mir bitte.…“
Wenn Sie so vorgehen, bekommen Sie die nötigen Informationen problemloser und das Gespräch bleibt sachlich.

Verärgerte und wütende Kunden übertreiben oft maßlos:
• „Bei Euch klappt nie etwas!“, oder:
• „Von Euch ruft nie jemand zurück!“

Rechtfertigen Sie sich in solchen Situationen nicht, denn das bringt Sie nicht weiter. Fragen Sie stattdessen:
• „Was hat denn konkret nicht geklappt?“ oder:
• „Was genau funktioniert nicht?“

Sich erkennbar, um eine Problemlösung bemühen
Unzufriedene Kunden starten zuweilen eine Schimpftirade. Diese sollten Sie über sich ergehen lassen. Denn danach ist meist die erste Wut verraucht und Sie können das Gespräch in eine ruhige Bahn lenken. Manchmal dauert die Tirade jedoch zu lange, oder die Person wirft Ihnen völlig unstrukturiert, wichtige Infos um die Ohren. Dann sollten Sie gekonnt unterbrechen. Das Zauberwort hierfür ist: „Moment bitte“.

Zunächst ist es oft wichtig zu erfahren, mit wem man spricht. Angenommen Sie haben den Namen nicht verstanden, dann unterbrechen Sie mit: „Moment bitte, bevor Sie weiterreden, würden Sie mir Ihren Namen nochmals sagen?“ So sollten Sie auch fragen, wenn der Name nicht genannt wurde. Angenommen nun ein verärgerter Kunde überschüttet Sie mit einem Wortschwall. Dann unterbrechen Sie mit Namensnennung und fassen das Gehörte zunächst zusammen: „Moment, Herr Schneider, ich habe Folgendes verstanden…. Ist das richtig so?“ Nach der Antwort können Sie gezielt weiterfragen.

Häufig müssen Sie dem Beschwerdeführer gewisse Dinge erklären. Techniker neigen dazu, Dinge zu detailliert und mit Fachbegriffen zu erklären, die der Beschwerdeführer häufig nicht versteht. Wenn ein Kunde Sie deshalb unterbricht, ist das gut. Denn es bringt nichts, wenn Sie pausenlos reden und der Kunde nichts versteht. Manchmal müssen Sie Unterbrechungen jedoch höflich zurückweisen. Hier hilft Ihnen erneut das Zauberwort „Moment“: „Moment bitte, Frau Meier, noch eine Minute.“

Für Beschwerdeführer ist es schrecklich zu hören: „Da kann ich Ihnen nicht helfen.“ Streichen Sie diese Formulierung ersatzlos aus Ihrem Wortschatz. In irgendeiner Form können Sie nämlich immer helfen, und sei es nur, indem Sie zuhören. Sie können den Beschwerdeführer aber auch mit einem Kollegen verbinden, der sich um sein Anliegen kümmert. Nicht selten hilft auch der Tipp weiter: „Schauen Sie mal im Internet unter der Adresse www.......“ oder „ ... in unserem Intranet nach“ – viele Beschwerdeführer wissen nicht, dass sie dort häufig Antworten auf die meisten (Anwender-)Fragen finden.

Vorsicht bei ärgerlichen E-Mails
Und noch ein Tipp am Schluss, weil die Kommunikation mit Kunden und Kollegen heute zunehmend per Mail erfolgt und sich Beschwerdeführer hierin besonders oft im Ton vergreifen: Antworten Sie auf Mails, über die Sie sich ärgern, nie spontan. Denn dann ist die Gefahr groß, dass Sie Formulierungen wählen, die zu einer Eskalation führen. Beantworten Sie solche Mails zeitverzögert. Und wenn Sie die Antwortmail formuliert haben? Dann trinken Sie zum Beispiel in Ruhe eine Tasse Tee, bevor Sie die Mail nochmals auf Formulierungen checken, die Ihr Gegenüber als Angriff empfinden könnte. Und versenden Sie die Mail erst dann. Häufig es ist bei solchen Beschwerdemails sogar noch sinnvoller, zeitlich verzögert, anzurufen. Denn ein so persönliches Engagement überrascht den Beschwerdeführer in der Regel positiv, und er fühlt sich von Ihnen als Person wahr- und ernstgenommen. Deshalb verändert sich sofort sein Ton.Quelle: www.die-profilberater.de

  Quelle: www.die-profilberater.de


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