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Günstigere Betriebsrenten ohne Betriebsrentengesetz (BetrAVG)

28.07.2021

von Dr. Johannes Fiala & Dipl.-Math. Peter A. Schramm

Wie Arbeitgeber sich vom Zwangskorsett des BetrAVG befreien

Wer als Arbeitgeber Betriebsrenten gestalten möchte, schaut in das Betriebsrentengesetz, genauer das Betriebliche Altersversorgungsgesetz (BetrAVG). Doch eine Betriebsrente nach dem BetrAVG zu gestalten passt meist weder zu den Arbeitgeberbedürfnissen noch für Arbeitnehmer. Gesetzesänderungen auch infolge EU-Recht und Rechtsprechung machen das BetrAVG zudem unberechenbar.

Wirkliche Freiheit für eine Gestaltung nach eigenen Wünschen gewinnt, wer das BetrAVG als unnötige Belastung und Einschränkung über Bord wirft. Dazu bedarf es erstaunlich wenig – bewirkt indes viel.

Betriebsrente jenseits BetrAVG
Das unnötige Korsett des Betriebsrentengesetzes hat bereits abgestreift, wer die Rente nicht als Arbeitgeber selbst zusagt. Denn der erste Satz besagten Gesetzes lautet „Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes.“

Sobald also nicht der Arbeitgeber die Zusage erteilt, gilt schlicht das ganze Gesetz dafür nicht, nicht mal eine einzige Bestimmung daraus. Richtig gemacht ergibt sich so größte Freiheit für eine optimale und flexible Gestaltung von Betriebsrenten. Dafür bietet es sich an, eine Konzerngesellschaft einzusetzen oder etwa eine Unternehmensstiftung, auch als eigenständige Teilstiftung einer Gruppenstiftung. Dies kann auch einfach eine Schwestergesellschaft sein, nur darf sie nicht selbst Arbeitgeber der betroffenen Arbeitnehmer sein. Damit eröffnen sich flexiblere Gestaltungen – etwa wenn Voraussetzung der Betriebsrente ist, dass der Arbeitnehmer bis Rentenbeginn oder Berufsunfähigkeit (BU) bleibt. Auch ein flexibler sozialer Ausgleich zur Vermeidung von Notlagen kann enthalten sein.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 20. Mai 2014 – 3 AZR 1094/12
So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits mit Urteil vom 20.05.2014 entschieden, dass eine von einer Konzernobergesellschaft erteilte Betriebsrentenzusage an einen Arbeitnehmer einer Tochtergesellschaft, der weder bei Erteilung der Zusage noch später Arbeitsnehmer der Obergesellschaft war, keine Betriebsrente im Sinne des § 1 (1) BetrAVG ist. Ausdrückliche Folge davon ist, dass auch keine Insolvenzsicherung besteht, der Pensionssicherungsverein also bei Insolvenz der zusagenden Konzern(ober)gesellschaft nicht eintritt, wie das BAG ausdrücklich feststellt. Positive Nebenfolge ist dann natürlich auch, dass keinerlei Beiträge an den Pensionssicherungsverein zu zahlen sind.

Gem. BAG kommt es auf das formale Arbeitsverhältnis an. Nach § 17 (1) Satz 2 BetrAVG gilt dieses zwar entsprechend für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlaß ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Tochtergesellschaft stellt indes gem. BAG-Urteil keine solche Tätigkeit für die Konzernobergesellschaft dar, auch wenn sie dieser wirtschaftlich zugute gekommen ist.

Natürlich kann auch eine Tochtergesellschaft für Arbeitnehmer anderer Tochtergesellschaften oder solche der Konzernobergesellschaft die Zusage erteilen, ebenso eine Konzernstiftung, die dann ggf. mangels anderer operativer Tätigkeit nebenbei auch nur ein sehr geringes Insolvenzrisiko aufweist.

Längere Unverfallbarkeitsfristen stärken die Mitarbeiterbindung
Eine unverfallbare Anwartschaft nach dem BetrAVG bleibt beim Ausscheiden aus dem Betrieb anteilig erhalten. Die rasche Unverfallbarkeit (nach dem Willen der EU nunmehr binnen dreier Jahre) bewirkt beim Arbeitnehmer trotz viel Aufwand nur eine geringe Bindungswirkung. Auch eine höhere Insolvenzgefährdung der Betriebsrente statt Sicherung durch den Pensionssicherungsverein könnte zumal in einer Krise den Zusammenhalt zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber im Sinne einer wirtschaftlichen Schicksalsteilung stärken.

Beseitigung von Haftungsrisiken beim Arbeitgeber
Den Arbeitgeber kann im Rahmen des BetrAVG eine Einstandspflicht treffen, mithin einen kaum zu überblickenden finanziellen Zusatzaufwand, etwa wenn Versicherer oder Pensionskasse als Partner des Arbeitgebers ihre Leistungen einseitig legal herabsetzen – beispielsweise wegen des niedrigen Marktzinses und längerer Lebenserwartung, auch auf Druck der Aufsichtsbehörde. Mancher Arbeitgeber wähnt, daß er seiner Haftungsverantwortung entgeht, indem er dem Arbeitnehmer beim Ausscheiden aus dem Betrieb „seinen“ Vertrag zur Betrieblichen Altersversorgung (bAV) einfach überträgt – damit sind indes nur Einzelfälle gestaltbar.

Sicherer ist hingegen, die Zusage auf betriebliche Altersversorgung durch eine eigene arbeitnehmerlose Konzerngesellschaft oder Stiftung erteilen zu lassen, ganz ähnlich einer Direktzusage. Dies läßt sich so gestalten, daß diese wiederum auch nicht als Versicherungsgesellschaft staatlicher Aufsicht unterliegt.

Bei dieser Art der Organisation „außerhalb der Bilanz“ des Arbeitgebers, erstattet dieser an das durchführende Konzernunternehmen/Stiftung laufenden Aufwand gemäß Vereinbarung. Damit entfällt nicht nur jede weitere Haftungsverpflichtung, sondern überhaupt jede weitere Bilanzberührung. Auch Beitragspflichten zum Pensionssicherungsverein (PSVaG) bestehen nicht – und eine solche Sicherung ist bei nicht operativ tätiger Stiftung auch ohnehin entbehrlich. Anpassungspflichten nach BetrAVG entfallen damit ebenfalls. Ebenso alle Grenzen für einseitige Abfindungen. Da die zusagende Stiftung nicht Arbeitgeber ist, trifft sie auch keine Gleichbehandlungspflichten gegenüber den fremden Arbeitnehmern.

Sozial-/steuerrechtliche Betriebsrente auch ohne BetrAVG
Die Sozialgerichte zählen auch eine solche Versorgung außerhalb des BetrAVG als Betriebsrente - der Begriff ist nicht etwa bereits durch das BetrAVG auch für andere Rechtsgebiete abschließend oder einheitlich ausgeformt, etwa wenn es um Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geht. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V nennt als Versorgungsbezüge die Renten der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrenten). Darunter fallen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung, soweit sie unmittelbar oder mittelbar aus Anlass eines früheren Arbeitsverhältnisses zufließen.

In der Rechtsprechung des BSG ist der Begriff der betrieblichen Altersversorgung (bAV) im Beitragsrecht der GKV gegenüber dem der betrieblichen Altersversorgung im BetrAVG schon immer eigenständig verstanden worden. Wird die Rente nicht bereits als Versorgungsweg im BetrAVG erfasst, ist sie dennoch als Rente der betrieblichen Altersversorgung im beitragsrechtlichen Sinn anzusehen, soweit ein enger Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren Beschäftigung besteht.

So stellt das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. Mai 2011 – B 12 P 1/09 R – im Leitsatz fest: „Von einer Stiftung an frühere Mitarbeiter der Firmengruppe des Stifters gezahlte „Altersrenten“ sind als rentenvergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) beitragspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung, wenn ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Leistungen und der früheren Beschäftigung besteht und sie dazu bestimmt sind, entgangenes Erwerbseinkommen zu ersetzen“.

Als Ausnahme fügt das BSG hinzu „Nur für den Fall, dass eine Leistung nicht mehr unmittelbar auf eine Erwerbstätigkeit zurückzuführen ist und nicht dem Ersatz von Einkommen bzw. Arbeitsentgelt dient, sondern zur Sicherung des Lebensunterhalts bedürftiger Mitglieder oder ihrer Hinterbliebenen bestimmt ist und daher den Charakter privater sozialhilfeähnlicher Leistungen trägt, hat der Senat die Eigenschaft als der Rente vergleichbare Einnahmen verneint“.

Keine Beitragspflicht zur GKV besteht demnach, wenn die Stiftung nicht etwa „Lohnersatz“ leistet, sondern – insbesondere je nach Einzelfall – „Notlagen abmildert“, weil dann der Bezug zur Lohnersatzleistung fehlt. Entsprechend gilt die Einordnung als Lohnersatz dann auch steuerlich im Hinblick auf die Lohnsteuer.

Betriebsrenten-Stiftung für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen und zur Eigenheimförderung
Auch eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung kann zur Altersvorsorge dienen, oder etwa die Förderung des Eigenheimbaus; auch durch „Arbeitgeber“-Darlehen, die sogar aus dem bei der Betriebsrenten-Stiftung angesammelten Kapital (re)finanziert werden können. Die Stiftung kann jedoch auch direkt Darlehen an den Arbeitgeber gewähren, und damit dessen Finanzkraft stärken oder etwa eine Betriebs-KiTa finanzieren. Oder an Arbeitnehmer beispielweise Stipendien für Kinder vergeben. Auf diese Weise kann dann auch die Bindung des Arbeitnehmers gesteigert werden.

Weitere Vorteile bei Konzernstiftung und Konzerngesellschaft
Es handelt sich dabei keineswegs um eine sogenannte Unterstützungskasse (die auch als Stiftung möglich ist) – mit engen steuerlichen Vorschriften und im Rahmen des BetrAVG. Arbeitgeber überblicken häufig nicht die tatsächlichen Kosten ihrer Lösung – bis sie nach Jahren oder Jahrzehnten nachträglich zur Kasse gebeten werden. Dies liegt aber auch daran, daß die echten künftigen Ausgaben für Betriebsrenten der Mitarbeiter sich in der Steuerbilanz nicht wiederspiegeln. Im Falle des Konkurses wird der Insolvenzverwalter dann nach Gründen für persönliche Haftung der Geschäftsleiter suchen, etwa wegen des insoweit bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) regelmäßig fehlenden Risikomanagements. Einfacher ist dies bei einer Konzernstiftung, weil sie ja kein Arbeitgeber ist, und einfach selbst eine Zusage gibt, für die der Arbeitgeber dann pauschal etwas bezahlt, oder auch teils vorab oder sukzessive die Stiftung mit Kapital ausstattet. Der Arbeitgeber haftet schon deshalb nicht, weil er selbst ja gar keine Zusage gegeben hat. Auch wenn idealerweise erwartet wird, dass der Arbeitgeber die zusagende Konzernstiftung notfalls freiwillig finanziell stützt – gezwungen dazu ist er keineswegs.

Hingegen haftet der Arbeitgeber durchaus, wenn er sich für die externe Lösung der Unterstützungskasse entscheidet, welche ja selbst keinen Rechtsanspruch bietet. Im Fall der Insolvenz zieht der PSVaG auch das dortige Vermögen zur Versorgung des Geschäftsführers gleich mit ein – und verteilt es kraft gesetzlichem Forderungsübergang an die Mitarbeiter. Und wenn die Unterstützungskasse einem Schneeballsystem als Kapitalanlage aufgesessen ist, darf der Arbeitgeber im Bilde gesprochen doppelte Beiträge erbringen – auch wenn es ihn in finanzielle Not bringt.

Auch ohne Versicherungsgeschäft bis zu voller steuerlicher Absetzbarkeit
Für die staatliche Finanzdienstleistungsaufsicht sind Konzerngesellschaft und Konzernstiftung keine Betreiber eines Versicherungsgeschäfts, wenn man annehmen darf, dass der Arbeitgeber rein freiwillig die Konzernstiftung stützt, wenn diese zusätzlich Geld braucht – vorab ganz ausschließen darf man dies also nicht. Einen Höchstrechnungszins von künftig 0,25 Prozent gibt es damit auch nicht, was kostengünstige Renten-Zusagen ermöglicht, ebenso keine hohen Solvency II – Eigenkapitalanforderungen. Durch längere Unverfallbarkeitsfristen und gegenüber dem BetrAVG bei Unverfallbarkeit geringer einsetzende Leistungen kann gezielt deutlich kostengünstiger genau für Betriebstreue oder besonders verbundene Arbeitnehmer eine deutlich höhere Rentenzusage finanziert werden, als dies das BetrAVG ermöglicht. Und dies bei Ausschaltung praktisch aller Risiken für den Arbeitgeber.

Steuerlich ist die Konzernstiftung nicht nach den Regeln des Betriebsrentenrechts aus BetrAVG, sondern nach den allgemeinen Regeln für Rentenzusagen zu behandeln, etwa wie wenn irgendein Handelsunternehmen an den geschädigten Kunden eine Rente zahlen muss, oder es eine Rente wie auf der Litfaßsäule vor der Pfefferminzia-Versicherung ist „6.000 Euro Monatsrente für einmalig 15 Euro-Jahreslos, Chance 1 zu 1.000.000“. Damit gibt es auch keine schädlich abweichenden Diskontierungszinsen zwischen Handels- und Steuerbilanz, was indes dann ohnehin nur die Konzernstiftung beträfe.

Die bAV-Enthaftung und Entschuldung – Sanierungsmöglichkeit auch für kleinere Unternehmen
Freilich ist dies nicht Alltagsgeschäft der in der bAV Tätigen. Denn diese leben geradezu von der bisher hohen Komplexität und laufend neu hinzukommendem Beratungsbedarf der Betriebsrente nach dem BetrAVG. Genausogut könnte man von der Mafia eine legale Droge erwarten, die nicht süchtig macht. Eher bekommt man eine sofort beginnende Rente von mtl. 20.000 Euro mit 7 Tagen Aufschubzeit; oder ab 24 Stunden Aufschubzeit für Einmalbeitrag 20.000 bis 40.000 Euro lebenslang bei Erleben des Ablaufs der Aufschubzeit durch den benannten Dritten, was nicht etwa auf einem anderen Papier steht, sondern auf gar keinem, weil mündlich abgeschlossen im Hinterzimmer einer Pizzeria in Palermo City bei einem ausgezeichneten Chianti und einer Portion Calamari fritti. Für eine Betriebsrente außerhalb des BetrAVG ist eine flexible Gestaltung nach Wunsch möglich, ganz ohne Berücksichtigung komplexer einengender Vorgaben des BetrAVG und damit verbundener Bilanz- und Steuerregelungen und -risiken. Womit auch der nur daraus resultierende hohe Beratungsaufwand bei dennoch fortdauernder Rechtsunsicherheit entfallen kann. Erfahrungsgemäß fühlen sich herkömmliche bAV-Berater indes außerhalb ihres stark reglementierten Tätigkeitsgebietes sehr unsicher.

Manches bAV-Modell läßt sich bereits bequem rückabwickeln, da rechtlich vor dem Hintergrund allzu komplexer aber unzuverlässiger Vorschriften am Ende fehlerhaft gestaltet. Autoren zahlreicher „Muster ohne Wert“ sind lediglich exzellente Vertriebsprofis. Die Trennung von „stillen bAV-Lasten“ vom florierenden Geschäftsbetrieb bedeutet häufig eine dauerhaftere Existenzsicherung des Unternehmens, und zugleich häufig eine Ausgangsbasis für die nachhaltige maßgeschneiderte Umgestaltung der bAV.

  Quelle: www.fiala.de


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