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Haus erst individuell planen lassen, dann Baufirma suchen

07.02.2017

"Viele Bauherren schließen heute Hausbau-Verträge über 500.000 Euro oder mehr ab, ohne zu wissen, ob das Haus, das sie kaufen, auf ihrem Grundstück überhaupt gebaut werden darf.“ Diesen gefährlichen Trend beobachtet seit längerem schon Dipl.-Ing. Gerhard Schoberth, Bausachverständiger beim Verband Privater Bauherren (VPB) und Leiter des VPB-Büros Alpenvorland. „Ein großes Problem ist dabei die untrennbare Verknüpfung von Planungs- und Bauleistungen vom gleichen Anbieter.“

Warum ist das so problematisch?
Jedes Haus muss für das betreffende Baugrundstück genehmigt werden. Der Bebauungsplan regelt Größen, Höhen, Abstände und Lage des Baukörpers auf dem Areal. Plant ein freier Architekt das Haus, beginnt er deshalb auch stets mit der Grundlagenermittlung und klärt, was auf dem Terrain rechtlich und bautechnisch möglich ist. Weil heute aber neun von zehn Bauherren nicht mehr mit dem eigenen Architekten bauen, sondern sich für ein Schlüsselfertigobjekt entscheiden, kennen sie das Prozedere nicht. Sie zäumen vielmehr das Pferd von hinten auf und suchen sich zunächst ein Haus im Katalog oder Internet und lassen es dann erst fürs Grundstück anpassen.

Diese Anpassung erledigen dann etwa Planungsbüros, die die Schlüsselfertigfirmen den Bauherren vermitteln. Gerhard Schoberth rät Bauherren von solchen Verquickungen grundsätzlich ab. „Die Schlüsselfertig-Anbieter passen das Haus nur vermeintlich an das Grundstück an, um ihre Gesamtleistung kalkulieren zu können. Eine genehmigungsfähige Planung ist das aber noch lange nicht. Die genaue Planung für das Grundstück übernehmen die Firmen in der Regel erst dann, wenn die Bauherren sich vertraglich verpflichtet haben auch das Haus zu kaufen.“

Eine Zwickmühle, vor allem, wenn sich erst später während der eigentlichen Planungsphase herausstellt, dass das Haus gar nicht wie vorgesehen gebaut werden kann, etwa, weil der Bebauungsplan etwas anderes vorgibt, das Grundstück ungünstig geschnitten ist oder die Bodenverhältnisse eine kompliziertere Gründung erfordern als gedacht. „Das neue Haus wird mit den dann nötigen Umplanungen für die meisten Bauherren unrentabel.

Auch eine freie Kündigung des gesamten Bauvertrags wird immer ein teurer Spaß!“ Gerhard Schoberth rät deshalb seinen Bauherren dazu, entweder zuerst nur einen vom eigentlichen Bauvertrag getrennten Planungsvertrag mit dem Schlüsselfertiganbieter zu vereinbaren oder die Planungen von vornherein von einem freien Architekturbüro machen zu lassen und sich dann mit der bereits vom Bauamt genehmigten Hausplanung auf dem freien Markt eine Baufirma zu suchen, die das Objekt realisiert. „Nur, wer selbst plant, der bekommt auch ein Haus, das wirklich zu seinen Bedürfnissen passt.“

Wenn so viel für die individuelle Planung spricht, warum gehen dann nur wenige Bauherren diesen Weg? Das hat verschiedene Gründe: Natürlich müssen die Bauherren dazu ein eigenes Baugrundstück an der Hand haben – nicht nur in Ballungsgebieten eine große Schwierigkeit! Neben dieser Vorbedingung kennt Dipl.-Ing. Herbert Oberhagemann, der als Leiter des Hamburger VPB-Büros ähnliche Erfahrungen wie Gerhard Schoberth im Süden macht, noch zwei Erklärungen für die kritiklose Bereitschaft der Bauherren, Planung und Hausbau in einer Hand zu belassen: „Viele wissen gar nicht, dass sie sich die Genehmigungsplanung von einem freien Architekten ihrer Wahl machen lassen können. Und sie werden mit günstigen Konditionen geködert.“ Baufirmen bieten die Planung oft billiger an, als die freien Architekturbüros. Dafür fehlen dann aber erfahrungsgemäß viele wichtige Details, die Architekten selbstverständlich mitliefern, und die Bauherren bei den Schlüsselfertig-Offerten später noch nachzahlen müssen.

Die VPB-Sachverständigen ermutigen ihre Bauherren zum Aufsplitten des Hausbaus in mehrere voneinander unabhängige Tranchen: Erst mit dem freien Architekten das Haus individuell und passend zum Grundstück planen und genehmigen lassen. Dann mit den fertigen Vorgaben eine leistungsfähige seriöse Firma suchen, die die Pläne umsetzt. Und den Baufortschritt regelmäßig vom unabhängigen Sachverständigen kontrollieren lassen. „So behalten Bauherren jederzeit die Kontrolle über ihr eigenes Bauprojekt“, resümiert Herbert Oberhagemann.

  Quelle: www.vpb.de


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