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Haushaltspolitische Steuerung in der EU:

10.12.2019

Anforderungen an die Mitgliedstaaten müssen verschärft und besser überwacht werden, so die Prüfer

Die EU muss die rechtlichen Anforderungen an die nationalen Haushaltsrahmen stärken und besser überwachen, wie diese von den Mitgliedstaaten in die Praxis umgesetzt werden. So lautet das Fazit eines neuen Berichts des Europäischen Rechnungshofs. Die Anforderungen sind in mehrerlei Hinsicht weniger streng als internationale Standards, und der Europäischen Kommission ist bisher nur in begrenztem Umfang bekannt, ob die Mitgliedstaaten sie angemessen anwenden. Die Prüfer weisen zudem auf das Risiko hin, dass die Kommission und die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen (IFI) bei ihren Bewertungen, ob die Mitgliedstaaten die EU‐Haushaltsregeln einhalten, zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen können. Sie warnen auch vor einer möglicherweise begrenzten Wirksamkeit des Europäischen Fiskalaus-schusses, da dieser nicht vollständig unabhängig von der Kommission ist.

Um gegen die grundlegenden Ursachen der Finanzkrise vorzugehen und insbesondere im Euro‐Währungsgebiet die haushaltspolitische Steuerung zu verbessern, bemühte sich die Kommission, den haushaltspolitischen Rahmen der EU um verbindliche nationale Bestimmungen zu ergänzen. Sie forderte die Mitgliedstaaten unter anderem auf, IFI einzurichten sowie nationale Haushaltsregeln und mehrjährige Haushaltsrahmen aufzustellen. Die Prüfer untersuchten, ob die EU‐Anforderungen zu einer Stärkung der nationalen Haushaltsrahmen führten und ob die Kommission die Anwendung dieser Anforderungen durch die Mitgliedstaaten bewertete.

„Die Legislativmaßnahmen der EU gaben Impulse für eine straffere Durchführung der haushaltspolitischen Maßnahmen in den Mitgliedstaaten“, erläuterte Mihails Kozlovs, das für den Bericht zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. „Der für die nationalen Haushaltsrahmen geltende EU‐Rechtsrahmen ist jedoch fragmentiert und könnte verbessert werden.“

Bei der Anzahl der nationalen Haushaltsregeln und der IFI war nach Erlass der ersten EU‐Richtlinie im Jahr 2011, in der Mindestanforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten festgelegt wurden, ein erheblicher Anstieg zu verzeichnen. Die Prüfer stellten jedoch fest, dass etliche Anforderungen nicht den vom IWF und der OECD aufgestellten Standards und bewährten Verfahren entsprechen, insbesondere im Zusammenhang mit den mittelfristigen Haushaltsrahmen und den IFI.

Sollte der 2017 vorgelegte Vorschlag für eine neue EU‐Richtlinie angenommen werden, würden viele, aber nicht alle festgestellten Mängel beseitigt. Als Beispiel nennen die Prüfer unter anderem den Korrekturmechanismus: Unter welchen Umständen er aktiviert werden muss, ist weiterhin vage definiert.

Die von der Kommission vorgenommene Überprüfung der Konformität der nationalen Rechtsvorschriften mit den EU‐Anforderungen verzögerte sich aus mehreren Gründen, aber auch aufgrund von Faktoren außerhalb der Kontrolle der Kommission. Außerdem hat die Kommission die Bewertungen, wie die Mitgliedstaaten diese Anforderungen tatsächlich umsetzen, entweder noch nicht durchgeführt oder sie erfolgten zu früh, um aussagekräftig zu sein. Der Informationswert dieser Bewertungen ist daher begrenzt, so die Prüfer. Die Kommission stützt sich für ihre Überwachung derzeit auf Informationen der Mitgliedstaaten, bei denen hauptsächlich die institutionelle Struktur und nicht das tatsächliche Funktionieren der Haushaltsrahmen im Vordergrund steht.

Die IFI überprüfen, ob ihr jeweiliger Mitgliedstaat die nationalen Haushaltsregeln einhält; einige überprüfen auch, ob die EU‐Haushaltsregeln eingehalten werden. Im letztgenannten Fall gelangten die Kommission und die IFI mitunter zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Dies liegt unter anderem daran, dass die Kommission ihre Ermessensbefugnisse ausüben und „außergewöhnliche Umstände“ als Rechtfertigung akzeptieren kann, um die Anpassungsanforderungen für die Mitgliedstaaten, die ihre mittel-fristigen Haushaltsziele noch nicht erreicht haben, zu lockern.

Die Prüfer betonen, dass die Einrichtung des Europäischen Fiskalausschusses, dessen Aufgabe die Bewertung der finanzpolitischen Rahmenvorschriften der Union und die Angemessenheit des auf Ebene des Euro‐Währungsgebiets und auf nationaler Ebene verfolgten haushaltspolitischen Kurses ist, ein sinnvoller Schritt war. Seine Rolle und Unabhängigkeit sollten jedoch gestärkt werden. Der Ausschuss ist derzeit ein Beratungsgremium der Kommission, die nicht an den „Comply‐or‐explain“‐Grundsatz gebunden ist und sich ohne Begründung oder angemessene Erklärung über die Vorschläge und Empfehlungen des Ausschusses hinwegsetzen kann.

Die Prüfer empfehlen der Kommission,
• die EU‐Anforderungen an die nationalen Haushaltsrahmen unter Berücksichtigung internationaler Standards und bewährter Verfahren zu überprüfen;
• für mehr Sicherheit hinsichtlich des Funktionierens der Haushaltsrahmen zu sorgen;
• die Zusammenarbeit mit den IFI zu verbessern, um Abweichungen bei den Konformitätsbewertungen zu minimieren;
• den Europäischen Fiskalausschuss zu stärken.

  Quelle: eca.europa.eu


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