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Hilfe für rissige Kirchengewölbe

11.05.2012

Wismarer Bauingenieure wollen Tragfähigkeit und Sanierungsaufwand für Kreuzgewölbe berechnen

-- Von Katrin Schüler --

Passee (dapd-lmv). Fingerdicke Risse durchziehen das Gewölbe der kleinen Dorfkirche in Passee zwischen Rostock und Wismar. Putz rieselt vor allem an jenen Stellen von der Decke, an denen in den vergangenen Jahrzehnten schon einmal ausgebessert wurde. Müsste Otto Oldach mit seiner 30-jährigen Berufserfahrung in Kirchensanierung eine Entscheidung treffen, würde er das Gewölbe abtragen und neu mauern. Bauingenieur Bernd Guericke hält dagegen: "Nicht jeder Riss ist gefährlich." Die Standsicherheit historischer Gewölbe exakt zu berechnen, ist zeitaufwändig und teuer.

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Foto: Frank Hormann/dapd

Das Wismarer Ingenieurbüro Guericke, das sich mit Schadensgutachten in der Denkmalpflege auskennt, arbeitet jetzt an einem einfachen und preiswerten Messsystem. Bei Kirchen gebe es keine exakten Baupläne mehr, es wurde später viel an- und umgebaut, zerstört und geflickt, sagt Guericke. "Die Geometrie ist oft nicht dieselbe, wie zum Zeitpunkt der Errichtung." Mit exakten Konstruktionsplänen und Angaben zu verwendeten Materialien ließe sich die Tragfähigkeit jedes Gebäudes berechnen. Fehlt beides, bleiben nur aufwändige Untersuchungen "oder man saniert nach Bauchgefühl", sagt der Bauingenieur.

Testgewölbe zum Einsturz gebracht
Die Experten haben jetzt ein Gewölbe nach Vorlage der Kirche in Passee nachgebaut, mit Messtechnik versehen und zum Einsturz gebracht. Die Daten werden nun mit dem echten Gewölbe verglichen. "Wir belasten das Dach vorsichtig mit einem Gewicht und messen dann, wo es Verformungen gibt und wo die Spannungsspitzen im Gewölbe sind", sagt der Bauingenieur.

Ergebnis dieser Tests, die demnächst starten, soll ein einfaches Berechnungsmodell werden. Anzuwenden auf jedes historische Gewölbe. "Es soll zeigen, ob eine Sanierung erforderlich oder überhaupt umsetzbar ist", sagt Guericke. Denn wenn die Tragfähigkeit nicht mehr gegeben ist, muss unter Umständen doch neu gemauert werden. So soll mit der Formel auch errechnet werden können, wie teuer eine Sanierung wäre. Der Bedarf wäre riesig, denn unzählige historische Gebäude mit Kreuzgewölben müssen saniert werden.

Land fördert das Projekt
Die dafür noch notwendigen experimentellen Untersuchungen unter anderem mit einem Laserscanner werden insgesamt rund 230.000 Euro kosten. Das sei für ein Ingenieurbüro allein nicht zu tragen, sagt der Wismarer Unternehmer. Das Land unterstützt das Zweijahresprojekt "Messsystem zur Ermittlung und Analyse der Tragfähigkeit von Gewölbekonstruktionen" deshalb auch mit knapp 130.000 Euro.

Für die Anfang des 14. Jahrhunderts gebaute Dorfkirche in Passee ist wohl noch vor Ablauf der zwei Jahre Rettung in Sicht. Seit 2009 schon steht das Gotteshaus leer, weil alle drei Kreuzgewölbe immer größere Risse aufwiesen. "Am schlimmsten ist das hintere Gewölbe betroffen", sagt Pastor Jens Krause. An diesem arbeiten auch die Wismarer Bauingenieure. Die anderen beiden Gewölbe werden von Otto Oldach und Torsten Nowak von der Rostocker Firma Bauhof Dorsch saniert. "Im Herbst können die Arbeiten schon abgeschlossen sein", sagt Krause. Schöner sehe die Kirche dann von innen zwar noch nicht aus, aber standfest sei sie. Je nachdem, was bei den Messungen der Experten herauskommt, wird das am schlimmsten betroffene Gewölbe dann lediglich ausgebessert oder doch neu gemauert. Otto Oldach bräuchte dafür etwa vier Monate.

 

 

  Quelle: dapd


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