zurück

Hochwasserschutz, der sich in die Stadtkulisse einfügt

12.05.2022

Klimaresiliente Städte sind längst keine Zukunftsvision mehr


Klimadaten zeigen es, Klimaforscher sagen es voraus: Wetterextreme mit Starkregenereignissen, Dürrephasen und Hitzesommern nehmen auch in unseren Breitengraden zu. Schon heute sind die Jahresdurchschnittstemperaturen beispielsweise in Nordrhein-Westfalen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen um 1,6 Grad gestiegen. Pro Jahr gibt es in Deutschland durchschnittlich zwölf Frosttage weniger als vor 100 Jahren und im Hochsommer heizen sich die Innenstädte um bis zu zehn Grad mehr auf als Bereiche am Stadtrand.


Politik und Verwaltung stehen vor der Aufgabe, die Städte an die Herausforderungen des Klimawandels anzupassen, die Wasserwirtschaftsverbände müssen den Hochwasserschutz gewährleisten. Wie sieht eine Stadtplanung mit Blick darauf aus? Wie müssen Flächen, Straßen, Schulhöfe, Spielplätze, Wohnquartiere oder Gewerbegebiete gestaltet werden, um einen positiven Beitrag für das Mikroklima zu leisten, klimarobust und Hochwasser-geschützt zu sein?


Im Zusammenspiel von Stadtplanung und Wasserwirtschaft


Stadtplanung und Wasserwirtschaft müssen in Zukunft konsequent zusammen gedacht werden. Dazu dient auch das städtebauliche Prinzip der Schwammstadt, mit dem der natürliche Wasserkreislauf gestärkt, Regenwasser als Ressource genutzt und der Schutz vor Starkregenfolgen verbessert werden. Außerdem reichen die gesetzlichen Vorgaben zur Hochwasservorsorge oft vor dem Hintergrund des Klimawandels einfach nicht mehr aus. So müssen auch innerstädtisch mehr Retentionsflächen geschaffen werden, die im Hochwasserfall kontrolliert geflutet werden können. Die Integration von Rückhalteflächen ins Stadtbild kann dabei eine echte Chance für die Stadtentwicklung sein.


Es muss nicht immer ein Hochwasserrückhaltebecken in Form eines Sees sein: Auch kleinere Projekte leisten einen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz, zur Aufwertung städtischer Flächen und zum klimafesten Umbau des Ruhrgebiets. Wasserverbände werben schon lange dafür, Flächen zu entsiegeln, Platz für mehr Stadtgrün zu schaffen, Dächer und Fassaden zu begrünen und Regenwasser als Ressource zu nutzen, indem es vor Ort versickern kann (z. B. Anlegen von Versickerungsmulden) oder gespeichert wird (Bau von Rigolen). So kann es der Bewässerung dienen und über Verdunstung die Umgebung kühlen.


In der Zukunftsinitiative Klima.Werk setzt sich die Emschergenossenschaft/Lippeverband zusammen mit Städten schon länger für eine solche wasserbewusste Stadt- und Raumplanung ein. Freizeitflächen oder Gewerbegebiete, bei deren Gestaltung Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung und wasserwirtschaftliche Projekte realisiert werden, sorgen gleichzeitig für mehr Hochwasserschutz, Klimaresilienz und Lebensqualität – und werten somit die Flächen auf. Drei Beispiele hierfür bieten die Städte Dortmund, Bochum und Herne.


Der Phoenixsee in Dortmund


Der 24 ha große Phoenix See hat ein Fassungsvermögen von 600.000 m3. Im Hochwasserfall kann er zusätzliches Wasser aufnehmen und somit insgesamt 835.000 m3 fassen. Dadurch schützt er die flussabwärts liegende Wohn- und Gewerbebebauung am Ufer der Emscher vor Hochwasser. Im Sommer 2021 musste der Phoenix-See erstmals seine Funktion als Hochwasser-Rückhaltebecken wahrnehmen.


Die Freizeitfläche „Am Hausacker“ in Bochum


Aus einem aufgegebenen Tennen-Fußballplatz ist unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ein Begegnungsort für unterschiedliche Ziel- und Altersgruppen geworden. Nach dem Spatenstich im Oktober 2019 wurde die fast 15.000 m2 große Fläche in einer Bauzeit von nur 17 Monaten und einem Bauvolumen von rund 2 Mio. € neu gestaltet (mit Fördermitteln des Bundes und des Landes).


Beim Umbau der Fläche wurden auch Klimaanpassungsmaßnahmen umgesetzt, gefördert von der Emschergenossenschaft im Rahmen der Zukunftsinitiative Klima.Werk. Alle befestigten Flächen sowie das Dach der Freilufthalle wurden von der Mischwasserkanalisation abgekoppelt. Die Stadt Bochum hat außerdem zwei flache Versickerungsmulden auf dem Gelände angelegt, unter denen sich großflächige Rigolen-Körper befinden, die das Regenwasser speichern und nach und nach ins Grundwasser abgeben sowie die neu gepflanzten Bäume bewässern. So können jährlich rund 6.500 m3 Regenwasser versickern oder verdunsten.


Gewerbegebiet Hibernia in Herne


Im Bereich des Gewerbegebietes Hibernia an der Holsterhauser Straße bzw. Lindenallee dient ein Grachtensystem der Regenwasserbewirtschaftung. Das Niederschlagswasser von Dach- oder Straßenflächen sowie anderen versiegelten Flächen wird nicht in die Mischwasserkanalisation eingeleitet, sondern in die Grachten. Von dort aus wird es dem Schmiedesbach zugeführt. Ein natürliches Gewässer, das früher auf dem Gelände seinen Quellbereich hatte und welches im Rahmen des Projekts komplett wieder an die Oberfläche zurückgeholt wurde.


Auch aus südlich angrenzenden Bereichen bis zur Flottmannhalle wird den Grachten auf dem Hiberniagelände in offenen Gräben Niederschlagswasser zugeführt, das vor der Umgestaltung in die Mischwasserkanalisation und dann zur Kläranlage geleitet wurde. Die offenen Wasserflächen tragen zur Verdunstungskühlung bei, werten das Areal stadtplanerisch auf und verbessern die Aufenthaltssituation. Das Projekt wurde durch die Stadtentwässerung Herne mit Fördermitteln des Landes NRW und der Emschergenossenschaft umgesetzt.

  Quelle: www.umweltwirtschaft.com


Gratis Gastzugang

Submissions-Anzeiger | Tageszeitung-Ad

Aktuelles
Seminarangebot

Baurecht- und Vergabeseminare