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Illegale Graffiti-Blume soll Augsburgs Wahrzeichen werden

05.07.2012


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Foto: Annette Zoepf / dapd

Motiv soll ganz legal das Stadtbild prägen - Künstler wartet auf Gerichtsverfahren

Von Hanna Jochum

Augsburg (dapd-bay). Die Stadt Augsburg ist bekannt für ihr Rathaus, die Fuggerei oder den Perlachturm. Mit der Augsburgblume will sie sich nun einen jugendlichen Anstrich verleihen. Die in schwarzen Linien gemalte Pflanze ist zum floralen Denkmal geworden, wie Ursula Baier Pickartz, Leiterin des zentralen Stadtmarketings, findet. Bisher zierte die Blume Hausmauern, Stromkästen, Verkehrsschilder oder Zigarettenautomaten. Ein Graffitikünstler besprühte in den vergangenen zwei Jahren 473 Flächen, bis die Polizei ihn schnappte. Dabei entstand den Beamten zufolge ein Schaden von rund 70.000 Euro. Künftig soll die Blume die Stadt offiziell repräsentieren.Die Augsburgblume diene als "Statthalter im konzeptionellen Denken, wie die Stadt künftig wahrgenommen werden möchte: kraftvoll, unkonventionell und immer für eine Überraschung gut", erklärt Baier Pickartz. Die Pflanze habe es in kurzer Zeit geschafft, ein identitätsstiftendes Moment für das Augsburger Lebensgefühl zu transportieren. Doch die Marketingleiterin weiß auch: "Der Reiz der Augsburgblume liegt im Tabubruch. Eine Legalisierung könnte das Blümchen entzaubern und damit kraftlos werden lassen." Daher wolle die Stadt sie nicht Eins zu Eins übernehmen. Wie genau das neue Wahrzeichen aber vermarktet werden soll, bleibt unklar.

Graffitikünstler wartet auf Gerichtsverfahren

Während der 24-jährige Graffitikünstler auf sein Gerichtsverfahren wegen Sachbeschädigung und mögliche Schadenersatzklagen seitens der Betroffenen wartet, erfreuen sich die Augsburger weiterhin an der Blume. Das war die Intention des Sprayers, wie ein Freund - der seinen Namen nicht nennen will - verrät. Die Pflanze soll jedem ein Lächeln auf die Lippen zaubern und den Alltag versüßen. Das Konzept geht auf: Die meisten Städter schätzen das Motiv. Auch der Freund des Sprayers sieht in ihr ein Symbol der Freude. Daraus entstand die Idee, T-Shirts zu produzieren. Die Blume schmückt die Brust, auf der Schulter steht: "Du liebst mich", beschreibt der Künstlerfreund, der die T-Shirts herstellt.Der Laden "Vollstoff" in der Augsburger Innenstadt vertreibt die Kleidung mit dem Blumenprint. Es komme sehr gut an, Telefon- und Internetanfragen häuften sich, erzählt Geschäftsführer Christoph Leubner. "Wir bieten eine legale Plattform für die Augsburgblume", sagt er. Gerade jüngere Leute identifizierten sich mit dem Symbol. Dass es sich in einem rechtsfreien Raum etabliert habe, verleihe ihm einen gewissen Reiz und spiegele die jugendliche Lebensart wider.

Marketingplan der Stadt stößt auf Ablehnung

Mittlerweile versuchen mehrere Läden auf den Blumenzug aufzuspringen. Accessoires und Buttons gibt es schon zu kaufen. Auch eine Internetfangemeinde hat sich etabliert. In dem sozialen Netzwerk Facebook klickten bereits mehr als 2.100 Personen "Gefällt-mir". Dass sich nun die Stadt ein Stück des Erfolgskuchens abschneiden will, stößt auf Ablehnung. "Es wäre falsch, das Ganze größer aufzuziehen. Die Blüte lebt davon, dass sie auf der Straße ist", sagt der T-Shirt-Hersteller. Werde zu viel Kommerz seitens der Stadt betrieben, fehle der Sympathieträgerin irgendwann der Anklang.Auch der Graffitisprayer dürfe nicht vergessen werden, mahnt der Künstlerfreund. Er kritisiert, die Stadt klage gegen den Sprayer, nutze aber zugleich den Hype um die Blume. Die Blüte sei ein Indikator für kulturelle Aktivität. Daher solle die Stadt "erwachsen reagieren" und die gesprayten Motive als Kulturgut ansehen, statt mit dem "Stahlhammer" darauf zu hauen, fordert er. Die Blume sei nicht nur ein Symbol für das moderne Augsburg, sondern auch eine Chance für Gespräche zwischen der Stadt und der Künstlerszene. Die Kritik lässt die Stadt nicht kalt. Sie geht auf den Sprayer zu: "Da das Blümchen kommerziell auf T-Shirts und Stickern verwertet wird, könnte ich mir vorstellen, dass ein Angebot zur Wiedergutmachung des Schadens aus den Erlösen eine gute Verhandlungsbasis mit den Geschädigten darstellen könnte", sagt Baier Pickartz. Offensichtlich handelt es sich aber um ein Angebot mit Hintergedanken, denn die Marketingleiterin ergänzt: Über ein Lizenzrecht oder ein exklusives Verwertungsrecht der Produkte für die Stadt müsse verhandelt werden.

  Quelle: dapd


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