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Informationspflicht für Unternehmer ab 1.2.2017

07.12.2016

Verbraucherstreitbeilegungsgesetz:

Neuer gesetzlicher Rahmen für die alternative Streitbeilegung

Anders als EU-Verordnungen müssen EU-Richtlinien grundsätzlich vom deutschen Gesetzgeber umgesetzt werden, bevor sie hierzulande gelten. Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) hat nun die EU-Richtlinie über alternative Streitbeilegungin Verbraucherangelegenheiten vom 21. Mai 2013 so eine Umsetzung in nationales Recht erfahren, während die Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten vom selben Tag bereits zuvor (im Wesentlichen seit 9. Januar 2016) zu beachten war. Das Umsetzungsgesetz trat bis auf einzelne wenige Vorschriften bereits, von den meisten Verbrauchern wohl eher unbemerkt, am 1. April 2016 in Kraft. Ein langer Name für ein Gesetz, das ‚Streitverfahren‘ abkürzen soll. „Es geht in dem Gesetz um Schlichtung bei Verbraucherstreitigkeiten als Alternative zu Gerichtsverfahren“, erklärt Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH. „Also um die außergerichtliche Beilegung eines Streites aus Kauf- oder Dienstleistungsverträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmern/Unternehmen. Die oben erwähnten noch fehlenden Vorschriften des VSBG, die noch nicht in Kraft getreten sind, gelten vornehmlich den Unternehmern und betreffen deren Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher“, erklärt Drumann weiter. „Dieser Teil des Gesetzes tritt am 1. Februar 2017 in Kraft. Die Anbieter von Online-Geschäften müssen aber bereits jetzt die so genannte Verordnung beachten, die ebenfalls Informationspflichten für Unternehmer geschaffen hat.“

Über eine Sache unterschiedlicher Auffassung zu sein, auch sich zu streiten, ist menschlich und normal. Aber nicht immer lässt sich ein Streit zur Zufriedenheit aller Beteiligten beilegen. Gerade gegenüber Unternehmen fühlt sich mancher Verbraucher bei Streitigkeiten von vorne herein unterlegen, auf verlorenem Posten und scheut den Gang vor Gericht. Oder umgekehrt. Gerichte werden mit Verfahren überzogen, deren Inhalte eigentlich nichts vor Gericht verloren haben und relativ leicht zu klären wären, würden die Parteien nur einmal mit einander reden. Zudem dauern und kosten solche Verfahren und tragen nebenbei auch noch zur Überlastung der Gerichte bei.

Verbraucherschlichtungsstellen für jeden
„In Zukunft soll außergerichtliche Streitschlichtung möglichst flächendeckend angeboten werden“, so Drumann zur ‚Vision‘ des Gesetzes. „Das, was Verbrauchern bisher von einzelnen wenigen Branchen (z. B. aus dem Versicherungs- oder Bankensektor) vielleicht schon bekannt ist, soll nun auch für andere Bereiche eingeführt werden, die für jeden Verbraucher von Belang sind: eine Verbraucherschlichtungsstelle, an die man sich bei Streitigkeiten aus Verträgen aller Art wenden kann. Allen Verbrauchern soll zukünftig so eine Schlichtungsstelle zur Verfügung stehen. Für den Verbraucher ist im Regelfall, also bis auf wenige Ausnahmen, die Schlichtung bzw. der Schlichtungsversuch kostenlos.“

Verbraucherschlichtungsstelle – geschützter Begriff
Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz regelt insbesondere die Grundvoraussetzungen, die eine Verbraucherschlichtungsstelle zu erfüllen hat. „Verbraucherschlichtungsstelle darf sich eine Einrichtung nennen“, erklärt Drumann, „wenn sie Verfahren zur außergerichtlichen Beilegung zivilrechtlicher Streitigkeiten durchführt, an denen Verbraucher oder Unternehmer als Antragsteller oder Antragsgegner beteiligt sind, und wenn sie nach dem VSBG oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften als Verbraucherschlichtungsstelle anerkannt, beauftragt oder eingerichtet worden ist. Auch eine private Trägerschaft durch einen eingetragenen Verein ist unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen möglich“.

Informationspflicht für Unternehmer kommt
„In den für Unternehmer wichtigen §§ 36 und 37 VSBG geht es um die ‚Allgemeine Informationspflicht (der Unternehmer)‘ und um ‚Informationen nach Entstehen der Streitigkeit (seitens der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher)‘. Diese Bestimmungen treten am 1. Februar 2017 in Kraft“, so Drumanns erneuter Hinweis. „Die wichtigste Regelung des § 36 VSBG besagt, dass der Unternehmer, der eine Website unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, den Verbraucher davon in Kenntnis zu setzen hat, inwieweit er bereit oder aber auch dazu verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Dies hat er klar und verständlich zu tun, und diese Information muss für den Verbraucher leicht zugänglich sein. Wenn der Unternehmer sich zur Teilnahme verpflichtet hat oder dazu auf Grund von Rechtsvorschriften verpflichtet ist, hat er auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen. Diese hat er mit Anschrift und Website zu benennen. Ebenso muss er eine Erklärung beifügen, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen“, führt Drumann weiter aus.

Ausnahme von der Regel
„Allerdings“, so erläutert Drumann, „gibt es eine Ausnahme von der Informationspflicht trotz AGB bzw. Website: Ausgenommen von dieser Informationspflicht ist der Unternehmer, der am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Personen beschäftigt hat (dabei entscheidet die Kopfzahl der Beschäftigten). Je nach Entwicklung ist der Informationspflicht ggf. bei Vergrößerung des Personalstammes in einem Folgejahr nachzukommen oder kann sie bei Verkleinerung auch entfallen“.

Informationspflicht nach Entstehen von Streitigkeiten
„Unabhängig davon, ob der Unternehmer so schon auf seiner Website oder in den AGB informieren muss, trifft ihn nach § 37 VSBG eine Informationspflicht dann, wenn es zu einem Streit mit einem Verbraucher über einen Verbrauchervertrag gekommen ist, der nicht beigelegt werden konnte. Er muss diesen in Textform (schriftlich oder etwa auch per E-Mail) wissen lassen, welche Verbraucherschlichtungsstelle, mit Adresse und Website, für ihn zuständig ist, und ob er zur Teilnahme an einem dortigen Streitschlichtungsverfahren bereit oder gar verpflichtet ist. Trifft Letzteres sogar mehreren Verbraucherstreitschlichtungsstellen zu, muss der Unternehmer sie alle angeben.“

Konsequenzen bei Verstoß
„Wo es eine Verpflichtung gibt, gibt es auch immer eine Konsequenz bei Nichteinhaltung. So auch hier“, mahnt Drumann. „Kommt ein Unternehmer seiner Informationspflicht nicht nach, kann er u. U. abgemahnt oder nach dem Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) in Anspruch genommen werden. Ggf. können durch den Verbraucher auch Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten geltend gemacht werden“.

Zuständige Schlichtungsstelle?!
Neue Gesetze regeln Abläufe und helfen, Probleme zu lösen. Sie werfen aber auch viele Fragen auf, besonders bei den vom Gesetz ‚betroffenen, angesprochenen Parteien‘. Plötzlich scheint man Probleme zu haben, die man vorher nicht hatte. „Eines dieser ‚Probleme‘ ist z. B. nun die Frage nach der eventuellen gesetzlichen Verpflichtung zur Teilnahme an einem Streitschlichtungsverfahren oder die Frage nach der für ein Unternehmen zuständigen Schlichtungsstelle“, so Drumanns Erfahrung. „Die gesetzliche Verpflichtung trifft insbesondere auf Unternehmen im Bereich der Energie-, Strom- und Gasversorger und andere zu. Was die zuständige Schlichtungsstelle angeht, so haben einige Branchen, wie schon erwähnt z. B. Versicherungen und Banken, bereits seit langem eigene Schlichtungsstellen eingerichtet. Daneben ist aber die Liste der Schlichtungsstellen, die man ggf. hinzuziehen kann, noch recht überschaubar – sie wird sich aber gewiss noch verlängern. Beim Bundesamt der Justiz ist der aktuelle Stand unter www.bundesjustizamt.de im Internet anzusehen.

In den meisten Fällen kommt derzeit wohl nur die ‚Allgemeine Verbraucherstreitschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e. V., Straßburger Straße 8, 77694 Kehl, www.verbraucher-schlichter.de in Betracht“, erläutert Drumann weiter. „So wie im angeführten Beispiel müsste dann auch ggf. die korrekte Benennung einer Schlichtungsstelle auf einer Website oder begleitend zu den AGB lauten. Ist das Unternehmen zu einer Beteiligung an einem Streitschlichtungsverfahren bereit, ist dies zusätzlich zur betreffenden Schlichtungsstelle dem Verbraucher deutlich zur Kenntnis zu geben.“

Muss man oder muss man nicht?
„Generell ist man als Unternehmer weder verpflichtet, sich auf eine Streitschlichtungsverfahren einzulassen, noch muss man dann ggf. den Vorschlag der Schlichtungsstelle akzeptieren“, stellt Drumann fest. „Das gilt ebenso auch für den Verbraucher. Die Möglichkeit der außergerichtlichen Beilegung eines Streites ergänzt den gerichtlichen Rechtsschutz lediglich. Wenn man sich also als Verbraucher mit seinem ‚Streitanliegen‘ an eine Schlichtungsstelle wendet, wird damit die übliche Verjährungsfrist unterbrochen. Ist man mit dem Vorschlag der Schlichtungsstelle nicht einverstanden, ist es noch nicht zu spät und man kann immer noch den Weg zum Gericht nehmen. Ein Gerichtsverfahren ist also für beide Seiten sofort oder nach Durchlaufen eines Schlichtungsverfahrens möglich. Der umgekehrte Weg ist allerdings ausgeschlossen“, ergänzt Drumann, „ebenso gilt besagtes Streitschlichtungsverfahren nicht bei Streit zwischen Unternehmern.“

Verbraucherstreitbeilegungs-gesetz: langes Wort, Auswirkung offen
„So ein ‚EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz‘ muss sich, wie alle neu in Kraft getretenen Gesetze, erst einmal ‚warm laufen‘. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass in nächster Zukunft die Länder ihre Bestrebungen vorantreiben, flächendeckend ein ausreichendes Schlichtungsangebot zu gewährleisten. Der wirkliche Mehrwert des VSBG für Verbraucher und/oder Unternehmer bleibt abzuwarten“, schließt Drumann seine Ausführungen und ergänzt: „Würde man sich mehr an Sprichwörter halten, wie: ‚Was Du nicht willst, das man Dir tut, das füg auch keinem anderen zu‘ halten, würde uns manches Gesetz ‚erspart‘ bleiben.“

  Quelle: www.bremer-inkasso.de


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