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Insolvenzverfahren für Konzerne sollen vereinfacht werden

16.01.2013

Justizministerium hat Gesetzentwurf vorgelegt - Insolvenzverwalter begrüßen die Regelung

Ein Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zur Erleichterung von Insolvenzverfahren bei großen Unternehmensgruppen wird von führenden deutschen Insolvenzverwaltern begrüßt. „Deutschland hat bisher kein Konzerninsolvenzrecht, sondern kennt nur die Insolvenz einzelner Gesellschaften“, sagte Insolvenzverwalter Hans-Gerd Jauch, der unter anderem beim größten Insolvenzverfahren der deutschen Nachkriegsgeschichte beim Handels- und Touristikkonzern Arcandor als Insolvenzverwalter eingesetzt ist, der Nachrichtenagentur dapd. „Da ermöglicht der Gesetzentwurf jetzt klarere Zuständigkeiten“, fügte er hinzu.

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Grafik: dapd

Das Bundesjustizministerium hat einen Gesetzesentwurf an die anderen Regierungsressorts, die Bundesländer und Verbände geschickt. „Ziel des Entwurfes ist es, die im Falle einer Konzerninsolvenz zu eröffnenden Einzelverfahren über die Vermögen konzernangehöriger Unternehmen besser aufeinander abzustimmen“, heißt es in dem Papier, das der Nachrichtenagentur dapd vorliegt. Der Entwurf beinhaltet vier Kernpunkte, wie Christoph Niering, der Vorsitzende des Verbandes der Insolvenzverwalter Deutschlands, erklärt: So solle es erleichtert werden, einen Gerichtsstandort für einen Konzern mit mehreren Gesellschaften festzulegen. Ebenso solle es eher möglich sein, einen einheitlichen Verwalter zu bestellen. Zudem lege der Entwurf Kooperationsrechte und -pflichten von Insolvenzverwaltern und Gerichten fest und regele ein Koordinationsverfahren über einen Sonderinsolvenzverwalter. In Deutschland ist das Insolvenzrecht auf einzelne Rechtsträger zugeschnitten. Das bedeutet: Geraten mehrere Gesellschaften eines Unternehmens in eine wirtschaftliche Schieflage, müssen sie jeweils einzeln Insolvenz anmelden und bekommen - je nach Auslegung der zuständigen Gerichte - damit auch mehrere Insolvenzverwalter. „Einige Konzerne sind schnell bei 30 oder 40 Gesellschaften“, sagte Niering. Er selbst ist als Sonderinsolvenzverwalter beim Briefzusteller Pin eingesetzt. Dort gebe es sogar weit über 100 Gesellschaften. Würde hier für jede Gesellschaft ein Insolvenzverwalter eingesetzt, könnten „Reibungsverluste“ entstehen und eine Sanierung erschwert werden.Im Falle von Pin sei aber bereits eine schlanke Struktur im Sinne des neuen Gesetzentwurfs erstellt worden mit zwei Verwaltern und zwei Sonderinsolvenzverwaltern. „Das funktioniert ganz wunderbar. Das will der Gesetzgeber jetzt auch gesetzlich regeln“, erläuterte Niering.Tatsächlich war die Bestellung nur weniger Verwalter für mehrere Gesellschaften auch bisher möglich. Allerdings war es bislang den Gerichten überlassen, ob sie dies für sinnvoll erachteten. Manche tendierten jedoch dazu, lieber verschiedene Insolvenzverwalter einzusetzen.


Regelung soll einheitliche Verwaltung ermöglichen
Die stehen dann aber vor einem komplizierten Geflecht, wie Jauch schildert: „Die Gläubiger haben teilweise Verträge nur mit einzelnen Gesellschaften geschlossen, die Quoten können bei den jeweiligen Gesellschaften ganz unterschiedlich ausfallen. Sie haben also weder gemeinsame Aktiva noch die gleichen Gläubiger“, sagte er. Deswegen gehe es bei der neuen Regelung nur um eine einheitliche Verwaltung, um zwar Vermögensmassen klar abzugrenzen aber dennoch unnötige Streitigkeiten zwischen den Gesellschaften zu vermeiden. „Insofern verfestigt der Gesetzentwurf jetzt eine im Grunde bewährte Praxis“, meint Jauch. Es sei sein Kollege Klaus Hubert Görg gewesen, der sie erstmals in einem großen Verfahren angewandt hat. „Die Liste ihrer Fälle liest sich wie ein Who‘s who des Friedhofs der deutschen Wirtschaft: Babcock Borsig, Kirch, Merckle, Agfa, Holzmann“, hatte die „Financial Times Deutschland“ einmal über die beiden Kölner Insolvenzverwalter geschrieben. Eben bei der Insolvenz des Bauunternehmens Holzmann habe Görg die Eigenverwaltung von Großkonzernen begonnen. „Wir haben das Modell dann später bei Kirch oder bei Babcock Borsig oder bei Arcandor nachgebaut“, sagte Jauch. Mit dem Gesetzentwurf werde somit eine zehnjährige Entwicklung abgeschlossen, sagte er zufrieden. Er ist der dritte und letzte Teil der Insolvenzrechtsreform der schwarz-gelben Bundesregierung. In einem ersten Schritt wurde das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) erlassen, das am 1. März 2012 in Kraft trat und unter anderem mehr Einfluss der Gläubiger vorsieht. Derzeit wird im Bundestag außerdem ein Gesetzentwurf zur Modernisierung des Verbraucherinsolvenzverfahrens verhandelt.

 

  Quelle: dapd


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