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Ist auch eine „bessere“ Leistung mangelhaft?

20.12.2018

von RA Michael Seitz

Wird eine Wand als „tragende Wand“ ausgeführt, obwohl im Bauvertrag die Errichtung einer „nicht tragenden Wand“ vereinbart war, so ist die diesbezügliche Leistung des Auftragnehmers mangelhaft.

Dies hat das OLG Zweibrücken in einem Urteil vom 23.11.2017 (Az.: 4 U 18/17) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Entscheidung vom 31.07.2018 (Az.: VII ZR 284/17) zurückgewiesen.

Der Fall: AN errichtet für AG ein so genanntes „Ausbauhaus“. Der von AN beauftragte und insoweit auch bevollmächtigte Architekt ändert auf Wunsch des AG in den Plänen eine Wand im Dachgeschoss von „tragend“ in „nicht tragend“. Nach Abschluss der Bauarbeiten beanstandet AG verschiedene Mängel, darunter auch, dass im Dachgeschoss entgegen der Vereinbarung doch eine tragende Wand eingebaut wurde. AN verteidigt sich damit, dies sei kein Mangel, weil die Qualität der Wand nicht beeinträchtigt, ja diese sogar „besser“ als die geforderte Wand sei. AN klagt seinen Restwerklohn ein, AG verweigert die Zahlung mit Hinweis auf seine Mängelrüge.

Das Urteil: Zu Recht, wie das OLG Zweibrücken mit Billigung des BGH meint. AG und AN haben – über den dazu bevollmächtigten Architekten des AN – eine (nachträgliche) Beschaffenheitsvereinbarung getroffen. Das ist möglich, und an diese Vereinbarung muss AN sich auch halten. Da die Höhe der (doppelten) Mängelbeseitigungskosten die Summe des Restwerklohns übersteigt, unterliegt AN hier vollständig.

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Fazit: Bauunternehmer glauben oft, dass eine Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit dann keinen Mangel darstellt, wenn die Qualität der tatsächlich erstellten Bauleistung „besser“ ist als im Vertrag gefordert. Dies ist, wie der vorliegende Fall anschaulich zeigt, ein folgenschwerer Irrtum. Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – die Parteien ausdrücklich nachträglich (dies ist ohne weiteres möglich) die Ausführung als „nicht tragende“ Wand vereinbart haben. Eine solche ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung hat stets Vorrang mit der Folge, dass eine Abweichung davon stets einen Mangel darstellt. Nicht geprüft hat das Gericht interessanterweise die Frage, ob die Mangelbeseitigung unverhältnismäßig im Sinne von § 635 Abs. 3 BGB ist, und zwar offenbar deshalb, weil AN diese Einwendung hier nicht erhoben hatte. Die Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung lag hier zumindest nahe, weil die Mängelbeseitigungskosten mehr als 28.000,00 Euro betrugen und demgegenüber ein berechtigtes Interesse des AG, wie vereinbart eine nicht tragende Wand zu erhalten, zumindest nach dem Sachverhalt nicht erkennbar ist. Für alle Bauunternehmer gilt also: Größte Vorsicht bei der Abweichung von Beschaffenheitsvereinbarungen!

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