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Kann Abschlagsrechnung Schlussrechnung sein?

05.12.2019

Von RA Michael Seitz

Auch wenn eine Forderungsaufstellung als Abschlagsrechnung bezeichnet ist, kann es sich um eine Schlussrechnung handeln. Geringfügige, noch ausstehende Leistungen stehen dem nicht entgegen.

Dies hat das OLG Koblenz in einem Beschluss vom 11.05.2017 (Az.: 4 U 1307/16) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 24.07.2019 (Az.: VII ZR 134/17) zurückgewiesen.

Der Fall: AG beauftragt AN in einem VOB-Vertrag mit Abbrucharbeiten. Nachdem die Arbeiten im Jahre 2011 weitgehend abgeschlossen sind, stellt AN im gleichen Jahr eine als solche bezeichnete „zweite Abschlagsrechnung“. Im Jahre 2012 erstellt er dann eine als solche bezeichnete Schlussrechnung, die mit der zweiten Abschlagsrechnung praktisch identisch ist. Im Jahr 2015 klagt AN die Schlussrechnung ein. Der AG hält dem entgegen, AN müsse sich die „zweite Abschlagsrechnung“ aus dem Jahr 2011 als Schlussrechnung zurechnen lassen. Sein Anspruch sei daher verjährt.

Das Urteil: Ebenso wie das Landgericht gibt auch das OLG Koblenz dem AG Recht. Die „zweite Abschlagsrechnung“ aus dem Jahre 2011 habe sämtliche Leistungspositionen enthalten, die auch Gegenstand der Schlussrechnung aus dem Jahre 2012 waren. Hier waren zudem Mengenermittlungen und Stundenlohnnachweise beigefügt. Lediglich der Abtransport von Baustellenabfällen in vernachlässigbarem Umfang, der 2011 noch nicht erbracht worden war, wurde in der zweiten Abschlagsrechnung nicht abgerechnet. Zudem teilte AG dem AN auch mit, er werte die zweite Abschlagsrechnung als Schlussrechnung. AN widersprach dem nicht. Deshalb handelt es sich nach Auffassung des OLG bei der zweiten Abschlagsrechnung lediglich um eine Falschbezeichnung, die unschädlich sei, weil die Parteien mit der zweiten Abschlagsrechnung tatsächlich das Gleiche gewollt hätten. Der Wille des AN, seine Forderung entgültig und verbindlich zu ermitteln, sei erkennbar gewesen. Der Anspruch ist daher verjährt.

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Fazit: Die Entscheidung ist bitter für AN, dennoch dürfte sie richtig sein, denn ansonsten hätte es AN in der Hand, durch beliebige Verzögerung seiner Schlussrechnung die Verjährung ebenso beliebig hinauszuzögern. Immer wieder stellen Bauunternehmer auch noch nach Eintritt der Schlussrechnungsreife, also wenn das Bauvorhaben vollständig und ohne wesentliche Mängel hergestellt – also abnahmereif – ist, gleichwohl eine Abschlagsrechnung. Häufig geschieht dies in der fehlgeleiteten Annahme, die Abschlagsrechnung sei schneller zu liquidieren als die Schlussrechnung. Wie gefährlich ein solches Vorgehen sein kann, zeigt die vorliegende Entscheidung. Merke also: Ist das Bauvorhaben im Wesentlichen fertiggestellt, also Schlussrechnungsreife eingetreten, so sollte auch Schlussrechnung gelegt werden!

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