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Kein Fertigstellungstermin: Welche Frist gilt?

11.02.2021

von RA Michael Seitz

Eine wirksame Fristsetzung erfordert in der Regel die Angabe eines bestimmten Termins oder einer bestimmten Zeitspanne, innerhalb derer die Leistung zu erbringen ist, sofern der Auftragnehmer eine als angemessen anzusehende Fertigstellungsfrist überschreitet. Ob es für eine solche Fristsetzung ausreichend ist, dass die „unverzügliche“ Leistungserbringung verlangt wird, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Aufforderung, binnen einer bestimmten Frist mit der (Nach-)Erfüllung zu beginnen, stellt keine ordnungsgemäße Fristsetzung dar.

Dies hat das OLG Düsseldorf in einem Urteil vom 13.06.2017 (Az.: 21 U 4/17) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 15.04.2020 (Az.: VII ZR 149/17) zurückgewiesen.

Der Fall: AG beauftragt AN mit Dachdeckerarbeiten, die AN am 12.06. beginnt. AN sagt eine Bearbeitungszeit von ca. vier Wochen zu, im Prozess unstreitig ist eine angemessene Zeitspanne für die Fertigstellung der beauftragten Arbeiten fünf Wochen. Am 03.08. rügt AG Mängel und fordert AN auf, die Arbeiten kurzfristig fertigzustellen. Danach ist AG für einige Tage im Urlaub, sodass AN nicht weiterarbeiten kann. Am 12.08. beauftragt AG einen Gutachter und erklärt, die Arbeiten sollten erst nach Vorlage des Gutachtens erfolgen. AN erklärt seine Bereitschaft, den Auftrag ordnungsgemäß zu Ende zu führen. Am 03.09. fordert AG den AN auf, mit der Mängelbeseitigung zum 09.09. zu beginnen. AN reagiert nicht. Daraufhin beauftragt AG am 15.09. eine Drittfirma mit der Mängelbeseitigung sowie mit Restarbeiten. Am 01.10. kündigt AG den Vertrag außerordentlich und klagt die Kosten für die mangelfreie Fertigstellung ein.

Das Urteil: Ohne Erfolg, beim OLG ebenso wie in der Vorinstanz. Das OLG stellt zunächst fest, dass eine Abnahme nicht erforderlich sei, da ein Abrechnungsverhältnis entstanden ist. AG fordert nur noch Geld. Der von AG geforderte Schadensersatz setze zunächst eine fällige Leistung des AN voraus. Unstreitig sei eine angemessene Fertigstellungsfrist nach fünf Wochen abgelaufen gewesen. Allerdings fehle es an der darüber hinaus erforderlichen Fristsetzung. Ob die Aufforderung, Mängel „unverzüglich“ zu beseitigen, hierfür ausreichend sei, sei eine Frage des Einzelfalls und vorliegend zu verneinen. Das Schreiben des AG vom 03.08. sei jedenfalls nicht ausreichend für eine solche Fristsetzung. Ebenso wenig genügt das Schreiben des AG vom 03.09., mit den Arbeiten am 09.09. zu beginnen, ohne eine Frist für die Fertigstellung der Arbeiten zu setzen. Eine Fristsetzung sei auch nicht ausnahmsweise deshalb entbehrlich, weil AN die Mängelbeseitigung endgültig abgelehnt habe, vielmehr habe AN erklärt, den Auftrag ordnungsgemäß zu Ende führen zu wollen.

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Fazit: Der für das Kaufrecht zuständige VIII. Senat des BGH ist der Auffassung, dass die Aufforderung, „unverzüglich“ Mängel zu beseitigen, für eine Fristsetzung ausreichend sei. Das OLG Düsseldorf lässt die Frage hier offen, da in diesem Einzelfall die Aufforderung zur „kurzfristigen Fertigstellung der Arbeiten“ jedenfalls nicht ausreichend sei. Die Entscheidung zeigt wieder einmal die Bedeutung sorgfältiger Fristsetzungen im Baurecht. Gerade dann, wenn – wie hier – Vertragsfristen nicht ausdrücklich vereinbart sind, hat zwar AN die Leistung sofort zu beginnen, angemessen zu fördern und binnen einer angemessenen Frist fertigzustellen. Tut AN dies nicht, so ist – anders als bei einem fest vereinbarten Fertigstellungstermin – stets noch eine Fristsetzung erforderlich, und zwar nicht für den Beginn, sondern für die Beendigung etwaiger Mängelbeseitigungs- oder Fertigstellungsarbeiten. Erst wenn diese Frist fruchtlos verstrichen ist, kann AG außerordentlich kündigen und Ersatzvornahmekosten geltend machen.

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