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Kein Verzug ohne Fertigstellungstermin oder Mahnung!

20.04.2017

von RA Michael Seitz

Enthält ein Bauvertrag keine bestimmte, bestimmbare oder eine unwirksame Frist zur Fertigstellung, ist für den Fertigstellungszeitpunkt maßgeblich, in welcher Zeit bei nach dem vom Bauvertrag vorausgesetzten Bauablauf die Fertigstellung möglich war. Um den Verzug herbeizuführen ist in derartigen Fällen jedenfalls stets eine Mahnung erforderlich.

Dies hat das OLG Düsseldorf in einem Beschluss vom 27.07.2016 (Az.: 22 U 54/16) entschieden.

Der Fall: AG beauftragt AN mit der Errichtung eines Einfamilienhauses, wobei AG den Bauvertrag stellt. Dieser enthält verschiedene Zeitpunkte für die Fertigstellung, die teils mit dem Wort „oder“, teils mit den Worten „und/oder“ kennzeichnet sind. AN stellt die Leistung nicht zum vom AG gewünschten Zeitpunkt fertig. Daraufhin verlangt AG Schadensersatz. AN habe sich mit der Leistung im Verzug befunden.

Die Entscheidung: Dies sieht das OLG Düsseldorf – ebenso wie das Landgericht – anders und weist die Klage ohne mündliche Verhandlung wegen mangelnder Erfolgsaussicht durch Beschluss ab. AN habe sich nicht im Verzug befunden. Vorliegend sei ein verbindlicher Fertigstellungstermin nicht vereinbart gewesen. Die von AG vorformulierten Klauseln seien nicht hinreichend klar und verständlich und deshalb gemäß § 305c Abs. 2 BGB unwirksam, denn aus einer Verknüpfung verschiedener Zeitpunkte mit den Worten „oder“ bzw. „und/oder“ sei der Fertigstellungstermin nicht hinreichend bestimmbar. Der Vertrag enthalte also keine wirksame Fertigstellungsfrist. In diesen Fällen sei § 271 BGB anwendbar, der bestimmt, dass in solchen Fällen der Gläubiger die Leistung sofort verlangen kann. Bei einem Bauvertrag sei ein sofortiges Verlangen jedoch nicht möglich. Deswegen hat bereits der BGH entschieden, dass der Unternehmer – wenn eine wirksame Frist fehlt – mit der Herstellung sofort zu beginnen und diese binnen angemessener Zeit zügig zu Ende zu führen hat. Ungeachtet dessen sei mangels einer wirksam vereinbarten Frist zur Herbeiführung des Verzugs jedoch stets eine Mahnung erforderlich. Eine Mahnung ist nämlich gemäß § 286 Abs. 2 BGB nur dann entbehrlich, wenn für die Leistungserbringung (hier also das Ende der Bauzeit) eine Zeit nach dem Kalender bestimmt bzw. bestimmbar ist. Das war hier gerade nicht der Fall, da die im Vertrag vereinbarte Frist unwirksam war. Eine Mahnung hatte AG aber nicht ausgesprochen, daher befand sich AN nicht im Verzug.

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Fazit: Grundsätzlich sind im Bauvertrag vereinbarte Fertigstellungsfristen einzuhalten. Vorliegend hatte AG jedoch in dem von ihm gestellten Bauvertrag gleich mehrere Fristen zur Fertigstellung bestimmt. Dies ist intransparent und daher nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Dann aber gilt keine Frist, mit der Folge, dass AG nun wieder mahnen muss. Dies hatte AG im vorliegenden Fall nicht getan mit der Folge, dass AN nicht in Verzug geriet und daher ohnehin keinen Schadensersatz für die angebliche Bauzeitverzögerung schuldete. Hätte AG jedoch gemahnt, so hätte die Zeit, die AN bis zur Fertigstellung hätte benötigen dürfen, wohl nur durch ein baubetriebliches Gutachten festgestellt werden können.

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