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Kein zwingender Angebotsausschluss bei Abweichungen von formalen Vorgaben

29.11.2013

Die Vergabekammer (VK) Bund hat mit Beschluss vom 02.10.2013 – VK 2-80/13 – u.a. Folgendes entschieden:

• Ein Angebot ist nicht schon deshalb auszuschließen, weil für die Erstellung eines mit dem Angebot vorzulegenden Abfall- und Entsorgungskonzepts anstelle einer in den Vergabeunterlagen enthaltenen Mustertabelle eine selbst gefertigte Tabelle verwendet wurde, wenn die vorgelegte Tabelle alle geforderten Angaben enthält. Insoweit ist auch eine Änderung des Tabellenformats durch Weglassen einiger Spalten unschädlich, wenn Eintragungen in diesen Spalten nicht zwingend gefordert waren und der Bieter keine entsprechenden Eintragungen machen möchte.

Ein Sektorenauftraggeber hatte im Rahmen eines großen Infrastrukturprojektes einen Bauabschnitt europaweit ausgeschrieben. Darin enthalten war die Forderung, dass die Bieter mit ihren Angeboten ein tabellarisches Anfall- und Entsorgungskonzept gemäß einer in den Vergabeunterlagen enthaltenen Mustertabelle vorlegen mussten. Nach den Vorgaben des AG mussten einige Spalten der Tabelle nicht bzw. nur optional von den Bietern ausgefüllt werden. Der nach Durchführung des Verhandlungsverfahrens mit seinem Angebot für den Zuschlag vorgesehene günstigste Bieter hatte anstatt der Mustertabelle aus den Vergabeunterlagen eine selbst gefertigte Tabelle eingereicht, da die Mustertabelle als PDF-Datei nur mit Schwierigkeiten ausgefüllt werden konnte. Die von ihm verwendete Tabelle entsprach nicht vollständig der Mustertabelle. So fehlten einige Spalten, in denen die Bieter gemäß den Vergabeunterlagen zum Vorlagezeitpunkt keine bzw. nur optionale Eintragungen vornehmen mussten. Der nach der Wertung zweitplatzierte Bieter forderte den Ausschluss des für den Zuschlag vorgesehenen Angebots wegen Abänderung der Vergabeunterlagen.

Die VK verneint hier das Vorliegen eines Ausschlussgrundes. Weder ändere das Angebot des Bieters durch das selbst erstellte tabellarische Abfall- und Entsorgungskonzept die Vergabeunterlagen ab, noch fehle eine geforderte Erklärung in Gestalt eines diesbezüglichen Grobkonzeptes. Die geforderten Erklärungen bezüglich der zu entsorgenden Abfälle bzw. wiederzuverwendenden Materialien lägen hier vor. Die vom Bieter mangels elektronischer Bearbeitbarkeit der vom AG den Vergabeunterlagen beigefügten PDF-Datei selbst erstellte Tabelle enthalte die geforderten und vom Bieter zum damaligen Zeitpunkt abzugebenden Angaben. Die in der Vergabeakte dokumentierten fehlenden Eintragungen seien dem fachlichen Abfallkonzept des Bieters geschuldet und stellten somit kein vergaberechtliches Fehlen einer Erklärung dar. Nahezu unschädlich sei das Weglassen von Spalten, wenn der Bieter keine diesbezüglichen Eintragungen vornehmen möchte.

Soweit vom Antragsteller moniert wird, dass neben dem geforderten tabellarischen Konzept auch ein textliches Grobkonzept zur Wiederverwendung bzw. Entsorgung anfallender Massen fehle, fände sich dieses im Angebot des Bieters im Baulogistikkonzept wieder.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft

Haus Cumberland
Kurfürstendamm 194
D - 10707 Berlin
E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
www.zl-legal.de

 

Anmerkung:
Die Entscheidung zeigt, dass es auch im grundsätzlich sehr formalisierten Vergabeverfahren mit dem Formalismus nicht übertrieben werden soll. Dennoch gilt zu bedenken, dass nach der BGH-Rechtsprechung die Angebote nur gewertet werden dürfen, die in jeder sich aus den Vergabeunterlagen ergebenen Hinsicht ohne Weiteres vergleichbar sind. Etwaige Änderungen von Mustertabellen oder Formblättern dürfen daher nicht zu Abstrichen bei der Eindeutigkeit und Übersichtlichkeit des betreffenden Angebots führen. Ansonsten wäre das Angebot nicht mehr „ohne weiteres“ vergleichbar.

  Quelle: RA Michael Werner


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