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Keine Bedenken gegen falsche Planung: Haftung 50 %!

20.08.2015

Von RA Michael Seitz

Ist der Mangel einer Bauleistung einerseits auf falsche Planungsvorgaben des Auftraggebers zurückzuführen, hat aber andererseits der Auftragnehmer auch seine Prüf- und Hinweispflicht verletzt, sind die Mängelbeseitigungskosten grundsätzlich hälftig zu teilen.

Dies hat das OLG Braunschweig in einem Urteil vom 17.01.2013 (Az.: 8 U 203/10) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 26.03.2015 (Az.: VII ZR 32/13) zurückgewiesen.

Der Fall: AG, ein öffentlicher Auftraggeber, beauftragt das Straßenbauunternehmen AN mit der Pflasterung einer Gemeindestraße unter Einbeziehung der VOB/B. Das Leistungsverzeichnis wurde von einem Ingenieurbüro entworfen, das AG beauftragt hatte. Im LV ist ein Längsgefälle beschrieben, das unzureichend ist. AN behauptet, den Bauleiter des AG darauf ergebnislos mündlich hingewiesen zu haben. Ebenso ist regelwidrig ausgeschrieben, das Pflaster mit Steinmehl einzuschlämmen. Unstreitig erkennt AN diesen Fehler nicht und führt die Einschlämmarbeiten mit Steinmehl aus. Alsbald stellen sich Absackungen ein. Ein Sachverständiger stellt fest, dass die Pflasterung sowohl wegen des Planungs- als auch wegen des Ausführungsmangels nicht voll funktionsfähig ist. AG fordert AN erfolglos zur Nachbesserung auf. AG klagt auf Kostenvorschuss, den das Landgericht gewährt. Dagegen legt AN Berufung ein.

Das Urteil: Mit teilweisem Erfolg! Zum einen hätte AN als sach- und fachkundiges Unternehmen erkennen müssen, dass das Pflaster nicht mit Steinmehl hätte eingeschlämmt werden dürfen. Der von AN behauptete Bedenkenhinweis hinsichtlich des unzureichenden Längsgefälles wahrt schon nicht die Schriftform des § 4 Abs. 3 VOB/B. Außerdem hätte AN die Bedenken dem AG selber mitteilen müssen, wenn ein Hinweis an dessen Bauleiter fruchtlos blieb. Allerdings ist die Haftung des AN aus dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens von AG um 50 % gemindert. Zwar ist es Aufgabe des AN, auch auf Planungsfehler hinzuweisen. Zugleich ist es jedoch auch Aufgabe des Bauherrn, dem AN einwandfreie Pläne zur Verfügung zu stellen und Entscheidungen zu treffen, die für die Ausführung des Baus erforderlich sind. Beruht also - wie hier - der Mangel zum einen auf erkennbar falschen Planungsvorgaben, zum anderen aber auch auf dem unterlassenden Hinweis des AG, sind die Mängelbeseitigungskosten grundsätzlich hälftig zu teilen, es sei denn, im Einzelfall liegen gewichtige Gründe für eine andere Quotierung vor.

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Fazit: Die Entscheidung ist richtig. Der Mangel hat hier mehrere Ursachen, nämlich zum einen die Planungsfehler des Bauherrn und zum anderen die kritiklose Ausführung dieser Fehler durch den Bauunternehmer. Den Fehler der Einschlämmarbeiten mit Steinmehl hat AN nicht erkannt, obwohl er ihn nach Auskunft des Sachverständigen hätte erkennen müssen. Das unzureichende Längsgefälle hatte AN zwar erkannt, sich jedoch mit der Zurückweisung durch den Bauleiter des AG zufrieden gegeben. An dieser Stelle weist das Gericht zu Recht darauf hin, dass AN insbesondere dann, wenn (und dies dürfte gerade bei planenden Architekten häufig sein!) der Planer oder Bauleiter den Mangel zurückweist, er sich direkt an AN wenden muss. Dies hat er unterlassen und zudem auf den nach § 4 Abs. 3 VOB/B erforderlichen schriftlichen Hinweis verzichtet. Hätte AN hinsichtlich beider Fehler einen ordnungsgemäßen, schriftlichen Bedenkenhinweis an den Bauherrn erteilt und hätte AG daraufhin gleichwohl fehlerhaft bauen lassen, so wäre AN gänzlich von seiner Haftung frei geworden. Deutlicher als in diesem Fall lässt sich kaum zeigen, wie wichtig die Bedenkenhinweispflicht für den Unternehmer ist, mag sie auch im Einzelfall noch so unangenehm sein, weil man es sich weder mit dem Bauherrn noch mit dem Planer verscherzen zu möchte.

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