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Keine Gefahr durch herkömmliche Spannelemente bei Zurrketten

21.02.2017

FSA-Untersuchung zu Zurrketten im Bereich der Ladungssicherung

Bei der Auswahl und dem Gebrauch von Zurrmitteln müssen die erforderliche Zurrkraft sowie die Verwendungsart und die Art der zu zurrenden Ladung berücksichtigt werden.“ Diese Anforderung an die Auswahl von Zurrmitteln stellt die VDI-Richtlinie 2700 im Blatt 3.1. Für die verschiedenen Anwendungsbereiche eignen sich unterschiedliche Zurrmittel. Im Bereich der Schwerlast- und Baubranche werden häufig Ladungen mit sehr hoher Masse und gleichzeitig großen Abmaßen transportiert.

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Zurrketten finden in der Schwerlast- und Baubranche häufig Anwendung.

Genau aus diesem Grund finden hier Ketten zur Ladungssicherung – so genannte Zurrketten – vielfach Anwendung.Zurrketten sind mithin ein seit Jahren sehr gebräuchliches Sicherungselement im Bereich der Ladungssicherung. Andere Zurrmittel, wie zum Beispiel Zurrgurte, können bei Transporten mit sehr schweren Lasten zumeist nicht eingesetzt werden, weil die zulässigen Belastungsgrenzen überschritten werden. Zurrketten zeichnen sich einerseits durch eine sehr geringe Dehnung bei Erreichen der maximal zulässigen Zugkraft aus und können Kräfte im direkten Zug von bis zu 16.000 Dekanewton (daN) aufnehmen. Die zulässige Zugkraft ist dabei abhängig von der Güteklasse der Kette und dem Durchmesser der Kettenglieder. Durch die Auswahl der optimalen Kettenvariante wird die Ladungssicherung entsprechend den anerkannten Regeln der Technik realisiert.

Ratschlastspanner sind häufigstes Spannelement in Zurrketten
Um die Ladungssicherung effektiv durchführen zu können, sind unterschiedliche Direktzurrmethoden in den einschlägigen Regelwerken hinterlegt. Zurrketten werden vorzugsweise für die Direktzurrung eingesetzt. Die Sicherungsart wird in das Diagonalzurren und das Schrägzurren unterteilt. Um die Sicherungswirkung von Ketten im Einsatz erreichen zu können, müssen diese mit einer sogenannten Vorspannkraft STF belegt werden, die durch Spannelemente erreicht wird. Von besonderer praktischer Relevanz als Spannelement ist der Ratschlastspanner. Durch ihn kann die Vorspannkraft STF durch Aufbringen der sogenannten Handkraft SHF in die Zurrketten eingeleitet werden.

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Ein 15 Tonnen schwerer Radlader wurde entsprechend den bauseitig vorgegebenen Abmaßen auf einem Tieflader positioniert und entsprechend der in der Praxis angewandten Methode verzurrt.

Die Vorspannkraft hat den Sinn, dass die Kette die Sicherungskraft im Fall einer Bremsung oder einer Kurvenfahrt direkt aufbringen kann. Würde die Kette bspw. lediglich in die Zurrpunkte am Fahrzeug und an der Ladung locker eingehängt werden, so dass die Vorspannkraft praktisch null betrüge, würde die Sicherungswirkung der Kette erst dann zustande kommen, wenn sich die Ladung verschiebt und die Kette spannt. Genau dieser Fall soll durch das Aufbringen einer Vorspannkraft verhindert werden. Die VDI-Richtlinie 2700 gibt an, dass Ketten bei einer Schrägzurrung nur soweit vorgespannt werden dürfen, dass diese nicht durchhängen. Dies wird in der Praxis durch die so genannte „Handfeste Vorspannung“ erreicht.

Können Ratschlastspanner ihre Vorspannung aufrechterhalten?
Ein entscheidender Faktor für die Aufrechterhaltung der Sicherungswirkung von Ladungssicherungsmaßnahmen ist die Aufrechterhaltung der Vorspannkraft. Nur so kann einem Verrutschen der Ladung effektiv vorgebeugt werden. Ob Ratschlastspanner diese Vorspannung aufrechterhalten können, wird immer wieder angezweifelt. Konkret kritisieren Teile der Fachwelt, dass bei Anwendung der in den Normen beschriebenen „Handfesten Vorspannung“ die immanente Selbsthemmung der Ratschlastspanner nicht ausreichend ist, um ein Losdrehen effektiv zu verhindern.

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Kraftmessdosen mit einem Messbereich von 200 kN ermöglichen die permanente Aufzeichnung der in den Zurrketten wirkenden Kräfte.

Ferner wird angeführt, dass durch im Straßenverkehr übliche Vibrationen die Selbsthemmung von Ratschlastspannern teilweise aufgehoben und somit die Sicherungswirkung durch die Vorspannung nicht mehr gewährleistet werden kann. Besonders das Schwanken zwischen sehr großen und sehr geringen Betriebskräften in den Ketten und den Spannelementen soll dazu führen, dass sich durch die entstehende, stark verminderte Restvorspannkraft ein Losdrehen einstellen kann. Hintergrund dieser These ist, dass die anerkannten Regeln der Technik – in diesem Fall die VDI Richtlinie 2700, Blatt 3.1 – vorgeben, dass die Selbsthemmung eines Spannelements als alleinige Sicherung gegen selbst-tätiges Lösen ausreichend ist.

FSA beauftragt fahrdynamische Untersuchung
Um die oben beschriebene Kritik auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen, hat der Fachverband Seile und Anschlagmittel (FSA) das Ladungssicherungsinstitut der Forschungs- und Technologiezentrum Selm gGmbH (F&T LaSiSe) beauftragt, fahrdynamische Untersuchungen auf dem Gelände des Freiluft-Forschungslabors durchzuführen, um eine praxisnahe, vergleichbare und reproduzierbare Aussage über den Sachverhalt treffen zu können. Da Zurrketten vorwiegend im Bereich des Schwerlast- oder Baumaschinentransports zum Einsatz kommen, wurden die Versuche mit einem Tieflader und einem darauf befindlichen Radlader mit einer Masse von 15 Tonnen durchgeführt. Dabei wurden sowohl am Heck des Radladers als auch an der Front eine Diagonalzurrung angebracht, wobei die Zurrketten an der Front über Kreuz gespannt wurden. Diese Verzurrmethode entspricht aufgrund der bauseitig vorgegebenen Zurrpunkte der in der Praxis angewandten Methode.

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Das Testfahrzeug mit Tieflader, Sattelzugmaschine und Radlader wurde intensiv der Schwerbelastungsstrecke ausgesetzt.

Fotos: Forschungs- und Technologiezentrum Ladungssicherung Selm gGmbH (F&T LaSiSe)

Alle Verzurrungen wurden mit identischen Ketten und Spannern durchgeführt. Von besonderer Relevanz sind die in den Ketten wirkenden Kräfte während der Versuchsfahrt. Aus diesem Grund wurden an den Kettensträngen Kraftmessdosen mit einem Messbereich von 200 kN angebracht. Durch diese Methode wurde gewährleistet, dass sowohl die wirkende Vorspannkraft als auch die eventuell deutlich höheren Sicherungskräfte zu jedem Zeitpunkt der Versuchsreihe aufgezeichnet werden konnten. Ein Verlust an Vorspannkraft, durch ein mögliches Aufdrehen oder Lösen des Spannelements, kann so erfasst und der entsprechenden Fahrsituation zugeordnet werden. Durch die durchgeführten Versuchsfahrten wurden alltägliche sowie im Alltag auftretende Extremsituationen abgebildet. Die Versuchsfahrten bildeten alle in herkömmlichen Verkehrssituation auftretenden Belastungen anhand definierter Parameter ab.

Selbsthemmung als einziges Sicherungselement ist ausreichend
Bei Durchführung der Versuchsfahrten wurde schnell ersichtlich, dass Bremsungen aus unterschiedlichen Geschwindigkeiten sowie Kurvenfahrten ein Ausdrehen der Kettenspanner nicht hervorrufen können. Diese Annahme wurde durch die Auswertung der Messergebnisse bestätigt. Auch die These, dass durch Vibrationen, Fahrbahnunebenheiten, Schlaglöcher oder Ähnliches ein Ausdrehen oder Lösen der Spannelemente von Zurrketten ausgelöst wird, konnte aufgrund der durchgeführten fahrdynamischen Untersuchungen nicht bestätigt werden. Aus Sicht des F&T LaSiSe ist eine normkonforme, fachgerecht angebrachte Verzurrung mit Ketten und entsprechenden Spannelementen als ausreichend zu betrachten. Eine besondere Sicherungsmaßnahme gegen Ausdrehen oder Lösen des Spannelements muss deshalb nicht zwingend erfolgen. Die Selbsthemmung als einziges Sicherungselement ist – so wie es die VDI Richtlinie 3.1 vorschreibt – ausreichend, um die Sicherungswirkung aufrechtzuerhalten.

  Quelle: www.fsa-verband.de


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