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Keine Heranziehung nicht abgegebener Angebote zur Überprüfung der Kalkulation!

15.11.2013

Das OLG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 27.09.2013 – 15 Verg 3/13 – u.a. Folgendes entschieden:

Angebote, welche zur Submission nicht abgegeben worden sind, können nicht nachträglich angefordert und als Vergleichsmaßstab
für die Überprüfung der Kalkulation herangezogen werden.
Dies gilt auch dann, falls nur ein einziges Angebot abgegeben worden und ein Vergleich zwischen mehreren Angeboten daher nicht möglich ist.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte im Rahmen der Sanierung und Erweiterung einer Klinik, Sanitärarbeiten im Offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben. Darauf ging das Angebot einer Bietergemeinschaft als einziges Angebot ein. Die Kostenberechnung des AG belief sich auf 2,1 Mio. Euro; das einzige Angebot lag bei ca. 2,6 Mio. Euro. Der AG hob das Verfahren mit der Begründung auf, das Angebot sei nicht wirtschaftlich. Im weiteren Verlauf verwies der AG auf einen zweiten Bieter B, der jedoch mit seinem Angebot zu spät zum Submissionstermin erschienen war und sein Angebot deshalb nicht abgegeben hatte. Der AG erfuhr von diesem Angebot, forderte das nicht abgegebene Angebot an und machte im Nachprüfungsverfahren gegen die Aufhebung der Ausschreibung mit Hinweis auf das zweite Angebot geltend, dass der Gesamtpreis des einzigen Bieters unangemessen hoch und deshalb die Aufhebung der Ausschreibung berechtigt gewesen sei. Das nachträglich angeforderte Angebot hatte mit ca. 1,9 Mio. Euro unter der Kostenberechnung des AG gelegen. Die erstinstanzliche Vergabekammer schloss sich der Argumentation des AG an und wies den Antrag des A zurück. Dagegen wehrte der sich mit sofortiger Beschwerde zum OLG.


Das OLG führt aus, dass der Maßstab für die Ermittlung eines angemessenen Preises und damit für die Beurteilung, ob ein Preis unangemessen hoch im Sinne des § 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A-EG sei, grundsätzlich Angebote anderer Anbieter, Daten aus anderen Ausschreibungen, für vergleichbare Leistungen vom AG gezahlte und/oder ihm angebotene Preise, eigene Kostenschätzungen und Kalkulationen beratender Ingenieur-büros sein könnten. Allerdings könne das nicht abgegebene Angebot des Bieters B keinen ausreichenden Anhaltspunkt für eine Unangemessenheit des vom A gebotenen Preises bieten. Wenn Angebote nicht rechtzeitig abgegeben und stattdessen nachträglich – wie hier – beigezogen worden seien, könnte eine nachträgliche Manipulation nicht ausgeschlossen werden. Abgesehen davon, dass die Aussagekraft des Angebots somit eingeschränkt sei, lasse sich allein aufgrund des Preises eines „Konkurrenzangebotes“, dessen Angemessenheit nicht feststehe, eine Beurteilung zur Angemessenheit des Preises nicht vornehmen. Dies gelte auch dann, wenn mangels Mehrzahl abgegebener Angebote ein Vergleich zwischen mehreren Angeboten gar nicht möglich sei und sich damit innerhalb des Verfahrens lediglich die Kostenschätzung bzw. -berechnung des AG und das einzige Angebot gegenüberstünden. Die Einbeziehung des nicht abgegebenen Angebotes durch die erstinstanzliche Vergabekammer sei daher rechtswidrig gewesen. Dieses Angebot dürfe nicht einbezogen werden und auch nicht zur Voraussetzung gemacht werden, dass Anhaltspunkte für eine mögliche Manipulation im Einzelfall bestehen müssten.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft

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E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
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Anmerkung:
Grundsätzlich gilt für Auftraggeber: Wenn ein Angebot bei der Submission nicht vorliegt und damit grundsätzlich ausgeschlossen werden müsste, darf es auch nicht nachträglich zu internen Überprüfungen von Kalkulationen verwandt werden. Es sollte vielmehr so betrachtet werden, als wäre es gar nicht existent.


  Quelle: RA Michael Werner


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