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Keine Nachforderung von inhaltlich unrichtigen Erklärungen

06.12.2013

Die Vergabekammer (VK) Sachsen-Anhalt hat mit Beschluss vom 16.05.2013 – 2 VK LSA 2/13 - u.a. Folgendes entschieden:

• Legt ein Bieter geforderte Unterlagen vor, die zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung nicht mehr gültig sind, ist das als Nichtvorlage der Nachweise zu werten.

• Die Nachforderung einer Erklärung kommt nur in Betracht, wenn sie formale Mängel aufweist, nicht, wenn sie in inhaltlicher Hinsicht fehlerhaft ist.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Küchenausstattungen im Offenen Verfahren europaweit auf Basis der VOB/A ausgeschrieben. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis. In den Bewerbungsbedingungen hatte er Eigenerklärungen zur Eignung gefordert und behielt sich die Vorlage von weiteren Nachweisen/Erklärungen auf Verlangen für den Fall vor, dass ein Bieter in die engere Wahl kommen würde. Bieter A übermittelte darauf Eigenerklärungen nach Formblatt und Bestätigungen von Krankenkasse und Versicherung, die jedoch zum Submissionszeitpunkt bereits abgelaufen waren. Bieter B legte einzelne Unterlagen vor, die sich auf verbundene Gesellschaften bezogen; eine Nachunternehmererklärung hatte er dagegen nicht ausgefüllt. Im Rahmen der Angebotsprüfung forderte der AG vom A weitere Nachweise nach, jedoch keine Bescheinigung von Krankenkasse und Versicherung. Bieter B, zur Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes aufgefordert, reichte die bereits vorgelegte, jedoch abgelaufene Bescheinigung ein. Der AG beabsichtigte, Bieter B den Zuschlag zu erteilen. Dagegen wehrte sich Bieter A mit Antrag zur Vergabekammer.

Die VK gibt hier Bieter A Recht und fordert den AG auf, die Angebote der Beteiligten neu zu werten, da das Angebot des B auszuschließen sei. Der Ausschluss des Angebots von B sei nach § 15 Abs. 2 VOB/A i.V.m. den Bewerbungsbedingungen des AG zwingend; dem AG stehe insoweit auch kein eigenes Ermessen zu. Nach dem Wortlaut der Bewerbungsbedingungen seien Unterlagen, die vom AG nach Angebotsabgabe gefordert würden, vollständig fristgemäß einzureichen. Komme der Bieter dieser Aufforderung nicht nach, müsse sein Angebot ausgeschlossen werden. Der AG könne hier den fehlenden Nachweis auch nicht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A von B nachfordern. Die Bieter seien ausweislich der Bekanntmachung verpflichtet gewesen, die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes erst nach Angebotsöffnung auf Verlangen vorzulegen. Damit sei bereits die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A für die hier vorliegende Fallkonstellation nicht einschlägig. Demgegenüber sei das Angebot des A nicht auszuschließen. Zwar hätten die vom A vorgelegten Unterlagen nicht den Vorgaben des AG entsprochen, da sie zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung nicht mehr gültig waren, was als Nichtvorlage der Nachweise zu werten sei. Diese seien jedoch ebenfalls erst auf Verlangen des AG nach Angebotsöffnung einzureichen gewesen. Der AG habe hiervon jedoch bislang in seiner Angebotsprüfung abgesehen. Er sei verpflichtet, dies nachzuholen und insoweit aktuell gültige Unterlagen von A abzufordern. Diese Nachweise habe er dann bei der Neuwertung der Angebote zu berücksichtigen.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
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Anmerkung:
Die Entscheidung differenziert hier zwischen Unterlagen, die bereits mit dem Angebot einzureichen waren und einer Vorlageverpflichtung auf gesonderte Aufforderung des AG nach Angebotsabgabe.

Generell sollten sich Bieter an folgenden Grundsatz halten:
Grundsätzlich können nur fehlende Unterlagen bzw. Nachweise nachgefordert werden, nicht jedoch inhaltlich unzureichende bzw. unrichtige Unterlagen. Denn nach der Rechtsprechung gilt, dass bei inhaltlich unzureichenden Unterlagen eine Nachforderung (gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A) grundsätzlich nicht in Betracht kommt, da dies eine unzulässige Angebotsnachbesserung bedeuten würde. 

  Quelle: RA Michael Werner


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