zurück

Keine Nachunternehmerleistung durch Einsatz von Leiharbeitern!

04.10.2013

Die Vergabekammer (VK) Sachsen-Anhalt hat mit Beschluss vom 15.02.2013 ‑ 2 VK LSA 42/12 ‑ Folgendes entschieden:

• Der Einsatz von Leiharbeiternehmern stellt keine Nachunternehmerleistung dar.

• Die Eignungsanforderungen müssen sich unmittelbar aus der Bekanntmachung selbst ergeben. Der Verweis auf ein Formblatt ist insoweit nicht ausreichend.

• Es stellt einen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar, wenn der Auftraggeber die zeitlichen Parameter eines gewerkegerechten Ablaufplans den Bietern nicht bekannt gibt, diese jedoch bei der Wertung der Angebote heranzieht.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte im Offenen Verfahren europaweit Malerarbeiten ausgeschrieben. In der Bekanntmachung war festgelegt, dass die Bietereignung durch Eintragung in die bundesweite Präqualifikationsliste oder durch Eigenerklärung gemäß Formblatt 124 aus dem Vergabehandbuch Bund (VHB) nachgewiesen werden müsse. Soweit das Angebot eines nichtpräqualifizierten Unternehmens in die engere Wahl komme, seien die im Formblatt 124 geforderten Eignungsnachweise innerhalb von sechs Kalendertagen vorzulegen. Das Formblatt 124 lag den Vergabeunterlagen nicht bei und konnte auch nicht elektronisch per Link abgerufen werden. Des Weiteren wurde gefordert, dass im Falle eines Nachunternehmereinsatzes Tariftreueerklärungen von den Nachunternehmern beizubringen seien. Bieter A gab ein Angebot ohne Nachunternehmererklärung ab. Auf Nachfrage des AG teilte er mit, dass er zwei bis vier Arbeitskräfte beschäftige und für die Ausführung der Malerleistungen drei bis fünf zusätzliche Arbeitskräfte einplane. Darauf schloss der AG das Angebot des A aus, da der Personalbestand nicht auskömmlich sei. Der A rügte darauf den Ausschluss und erklärte, dass er u.a. die Möglichkeit habe, auf Leiharbeiter zurückzugreifen, um bei entsprechendem Bedarf die Anzahl der Mitarbeiter zu erhöhen. Da der AG der Auffassung war, dass der Einsatz von Leiharbeitern eine Nachunternehmerleistung darstelle und der A die erforderlichen NU-Erklärungen trotz Aufforderung nicht abgegeben habe, blieb er bei seinem Ausschluss, gegen den sich A wehrte.

Die VK gibt hier dem Bieter A Recht und untersagt dem AG, den Zuschlag zu erteilen. Das Angebot des A sei weder nach § 16 Abs. 1 Nr. 1g VOB/A noch nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A auszuschließen. A habe hier nach § 16 Abs. 1 Nr. 1g VOB/A keine unzutreffenden Erklärungen abgegeben. Soweit er beabsichtigte, neben der Einstellung zusätzlicher Arbeitskräfte eventuell auch Leiharbeiternehmer zu beschäftigen, stelle dies keine Nachunternehmerleistung dar. Der Nachunternehmer schulde dem Bieter vertraglich eine Teilleistung, zu der sich dieser gegenüber dem Auftraggeber verpflichtet habe. Eine derartige vertragliche Beziehung bestehe zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher nicht. Auch bestehe kein Nachunternehmerverhältnis zwischen dem entsprechenden Bieter und dem Verleiher. Die Verpflichtung des Verleihers beschränke sich nur darauf, dem Bieter Arbeitskräfte zu überlassen.

Unabhängig davon habe der AG das Angebot des A zu Unrecht ausgeschlossen. Denn der AG habe sämtliche Eignungsunterlagen, auf die er sich bei seiner Entscheidung stütze, vom Bieter nicht wirksam gefordert. Aus Gründen der Transparenz verlange § 12 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A, dass Vorgaben an die Eignung bereits in der Vergabebekanntmachung bekannt zu machen seien. Ein Bieter solle allein bereits aus der Bekanntmachung auf den ersten Blick erkennen können, ob er die Eignungsanforderung erfüllen könne oder nicht. Diesen Anforderungen habe die Bekanntmachung des AG nicht genügt. Für nichtpräqualifizierte Bieter, deren Angebot in die engere Wahl gelange, sollten die im Formblatt 124 angegebenen Bescheinigungen innerhalb von sechs Kalendertagen vorgelegt werden. Allein der Verweis auf dieses Formblatt reiche aber nicht aus. Vielmehr müssten sich die Eignungsanforderungen konkret unmittelbar aus der Bekanntmachung selbst ergeben. Im Falle, dass die Verdingungsunterlagen elektronisch abzurufen seien, müsse es dem Bieter möglich sein, unkompliziert durch einfaches Aufrufen – zum Beispiel per Link – Kenntnis über den Inhalt des Formblattes 124 zu erlangen. Im Ergebnis habe der AG die entsprechenden Eignungsunterlagen damit nicht wirksam gefordert. Darüber hinaus verstoße die Wertung des AG gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB. Er habe die zeitlichen Parameter des gewerkgerechten Ablaufplans dem Bieter nicht bekannt gegeben, diese jedoch bei der Bewertung des Angebots des A herangezogen. Er habe bei der Wertung der Eignung insbesondere hinsichtlich des Arbeitskräftebedarfs über die Angaben zum Gesamtbauzeitraum konkrete Ausführungsfristen für die Malerarbeiten zugrunde gelegt. Dabei wäre er verpflichtet gewesen, diese Angaben bereits in den Ausschreibungsunterlagen bekannt zu geben. Da er dies nicht getan hat, verstoße hier die Wertung des AG gegen das Transparenzgebot.

RA_Werner_online.jpg

RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft

Haus Cumberland
Kurfürstendamm 194
D - 10707 Berlin
E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
www.zl-legal.de

Anmerkung:
Wichtig in dieser Entscheidung sind zwei wesentliche Aussagen:

Die vom AG geforderten Eignungsanforderungen an die Bieter müssen sich unmittelbar aus der Vergabebekanntmachung selbst ergeben. Ein Verweis auf ein – nur mit Schwierigkeiten zu erlangendes – Formblatt ist insofern nicht ausreichend. D.h. entweder sollte es den Unterlagen beigelegt oder durch einen direkten elektronischen Link ohne Probleme zu erhalten sein.

Auftraggeber sollten bei einem Bezug des Bieters auf zusätzliches Personal genau unterscheiden, ob hier tatsächlich Nachunternehmer oder sog. Leiharbeiter eingesetzt werden. Auch wenn dies am Bau manchmal schwierig zu unterscheiden ist, sollten hierauf die Auftraggeber besonders sorgfältig achten, bevor sie vorschnell Angebote ausschließen.

  Quelle: RA Michael Werner


Gratis Gastzugang

Submissions-Anzeiger | Tageszeitung-Ad

Aktuelles
Seminarangebot

Baurecht- und Vergabeseminare