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Keine Preisverhandlungspflicht im VOF-Verhandlungsverfahren

02.12.2014

Das OLG Dresden hat mit Beschluss vom 14.04.2014 – Verg 3/13 u. a. Folgendes entschieden:

• Der Auftraggeber ist in der Gestaltung des VOF-Verhandlungsverfahren weitgehend frei. Ein ausgewählter Bieter hat deshalb keinen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber gerade mit ihm (nur) über sein Preisangebot verhandelt. Denn der Auftraggeber bestimmt Gegenstand und Inhalt der Verhandlungen.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte die Vergabe von Leistungen der Bauüberwachung und Bauoberleitung für ein Straßenbauvorhaben im Wege des Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb gem. VOF europaweit ausgeschrieben. Bieter A hatte nach Aufforderung ein Angebot abgegeben. Auf Einladung des AG fand daraufhin ein sog. „Auftragsgespräch“ statt, in welchem A sein Angebot vorstellte. Zu Beginn des Gesprächs hatte er dabei ein neues, preisreduziertes Angebot abgegeben. Nach Wertung des AG, in welchem der reduzierte Angebotspreis unberücksichtigt blieb, war A nicht bestplatzierter Bieter. Dagegen erhob A Beschwerde zur Vergabekammer, die abgewiesen wurde. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt er seine Beanstandungen weiter, insbesondere, da er meint, Gegenstand der Wertung habe sein geändertes, preisreduziertes Angebot sein müssen.

Das OLG Dresden sieht die sofortige Beschwerde als unbegründet. Der AG habe das im Auftragsgespräch überreichte preisreduzierte Angebot des A in seiner Wertung zu Recht nicht berücksichtigt. A sei dadurch nicht in seinen Rechten verletzt. Denn der AG sei in der Gestaltung des Verhandlungsverfahrens, das er der Vergabe freiberuflicher Leistungen gem. § 3 Abs. 1 VOF regelmäßig zugrunde zu legen habe, weitgehend frei. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 VOF könnten Verhandlungen sowohl über den Gegenstand der Leistung als auch über die im Rahmen der Verhandlung abgeforderten Angebote geführt werden. Es spreche weder dem Wortlaut noch dem Sinn nach dafür, dass ein ausgewählter Bieter allgemein ein subjektives Recht darauf habe, dass der AG gerade mit ihm (nur) über sein Preisangebot verhandle. Denn der AG bestimme – nach Maßgabe der ausgeschriebenen Leistungen – Gegenstand und Inhalt der Verhandlungen, solange er damit die Chancengleichheit aller Bieter wahre. Es bleibe dem AG daher unbenommen, auf der Grundlage der abgeforderten zuschlagsfähigen Angebote nur über den Inhalt der zu erbringenden Leistung zu verhandeln und von Preisgesprächen zumindest solange abzusehen, wie der Stand der Verhandlungen im Übrigen ihm dazu keinen Anlass gebe. Hier habe Ziffer 6 der Bewerbungsbedingungen unmissverständlich darauf hingewiesen, dass nach Öffnung des ersten Angebots eingegangene Angebote nicht berücksichtigt werden könnten. Diese zulässige Regelung schließe es offenkundig aus, dass ein Bieter ein preisreduziertes zweites Angebot nach Ablauf der Angebotsfrist schlicht „nachreiche“, zumal die Angebotsänderung keinen Zusammenhang mit etwa erzielten Verhandlungsergebnissen im Übrigen aufweise. Der Bieter habe unter diesen Voraussetzungen auch keinen Anspruch darauf, dass der AG mit ihm in Verhandlungen über den (ursprünglichen) Angebotspreis eintrete und ihm dadurch die Möglichkeit eröffne, unter Umständen in Kenntnis der Konkurrenzangebote Preisnachlässe zu offerieren. Wenn der AG auf Basis der abgegebenen Angebote nur über die Art und Weise der Leistungserbringung zu verhandeln bereit sei, stehe ihm das jedenfalls auf Grundlage der den Bietern mitgeteilten Vergabeunterlagen frei.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
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Anmerkung:
Der AG hat hier richtig gehandelt. Im Rahmen des Verhandlungsgesprächs ist dem Bieter jedenfalls zu raten, von – seitens des AG nicht motivierten – Preisnachlässen abzusehen. Vielmehr ist er an sein Angebot und damit seinen ursprünglichen Preis gebunden – es sei denn, er wird vom AG aufgefordert, nach Abschluss der Verhandlungsrunde ein neues, optimiertes Angebot vorzulegen. Diese Aufforderung muss dann seitens des AG an alle Bieter ergehen, um die vergaberechtlich zwingende Chancengleichheit aller Bieter zu gewährleisten.

  Quelle: RA Michael Werner


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