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Keine Vergütung trotz besonderer Leistungen?

25.07.2019

von Ra Michael Seitz

Werden besondere Leistung benötigt, um einen in der Leistungsbeschreibung dargestellten Endzustand zu erreichen, der ohne besondere Leistung gemäß der VOB/C nicht erreicht werden kann, so muss der fachkundige Bieter erkennen, dass der AG diese Leistungen ausgeführt haben will, auch wenn diese im Leistungsverzeichnis nicht gesondert erwähnt werden. AN kann dann hierfür keine gesonderte Vergütung verlangen.

Dies hat das Kammergericht mit Urteil vom 05.04.2019 (Az.: 21 U 72/16) entschieden. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Der Fall: AN soll für AG unter anderem Stahlbetondecken betonieren. Hierfür ist ein Traggerüst zur Unterstützung der Schalung erforderlich. Bei einer Höhe der zu unterstützenden Deckenschalung von mehr als 3,5 m sind diese Traggerüste besondere Leistungen nach VOB/C. Im LV sind für diese Sonderleistungen allerdings keine gesonderten Ordnungsziffern vorgesehen, allerdings beschreibt das LV den Endzustand der Stahlbetondecken. Diese liegen weit oberhalb von
3,5 Metern. AN begehrt Mehrvergütung für die Ausführung der Traggerüste in Höhe von mehr als 6 Millionen Euro, da diese nicht beauftragt worden seien.

Das Urteil: Ohne Erfolg. Nach Auffassung des Kammergerichts ergibt sich bereits aus der ausdrücklichen Angabe der Höhe von mehr als 3,5 m, dass auch Traggerüste zum geschuldeten und damit zu kalkulierenden Leistungsumfang gehören. Maßgebend sei das objektive Verständnis eines sachkundigen Bieters. Vorliegend wurde die Deckenschalung in einer Höhe gefordert, die ohne Traggerüste nicht erreicht werden könne, daher habe der Bieter die Notwendigkeit des Einsatzes der Traggerüste als Teil der beauftragten Leistung erkennen müssen. Darüber hinaus habe AG durch die ausdrückliche Höhenangabe diese besonderen Leistungen zum Gegenstand seines Vertragswillens gemacht. Einer weiteren Erwähnung der besonderen Leistungen – etwa als besondere Ordnungsziffern im LV – bedurfte es daher nicht.

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Fazit: Nach Auffassung des Kammergerichts reicht es aus, dass die besonderen Leistungen für den Endzustand, der sich aus dem LV ergibt, notwendig sind. Ein sachkundiger Bieter müsse dies erkennen. Wieder einmal erweist sich, wie wichtig es ist, Leistungsverzeichnisse sorgfältig zu lesen und ggf. nachzufragen. Gleichwohl darf die Richtigkeit dieser Entscheidung bezweifelt werden, höhlt sie doch den Sinn, der in der VOB/C enthaltenen besonderen Leistungen – die immerhin über § 1 Abs. 1 VOB/B den Vertrag einbezogen wurden – immer weiter aus. Letztlich wird hier die wenig präzise Ausschreibung des AG im Ergebnis noch belohnt.

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