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Keine Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien!

05.07.2013

Die Vergabekammer Brandenburg hat mit Beschluss vom 26.02.2013 – VK 46/12- u.a. Folgendes entschieden:

Die Prüfung der Eignung und der Zuschlag unterliegen verschiedenen Regeln. Sie sind als unterschiedliche Vorgänge auch in ihrer zeitlichen Abfolge klar voneinander zu trennen. Bei der den Zuschlag betreffenden Entscheidung dürfen nur Kriterien zur Anwendung kommen, die der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes dienen. Das bedeutet, das prinzipiell nur Faktoren berücksichtigt werden dürfen, die mit dem Gegenstand des Auftrags zusammenhängen, d.h. sich auf die Leistung beziehen, die den Gegenstand des Auftrags bildet. In Folge dessen ist eine nochmalige Anwendung von Eignungskriterien im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgeschlossen.

Fachkunde und Zuverlässigkeit sind Eignungs-, keine Zuschlagskriterien.

Ein öffentlicher Auftraggeber hatte Dienstleistungen an einem Schmutzwasser-Kanalnetz und an Anlagen der Wasser- und Abwasserzweckverbände auf nationaler Ebene im offenen Verfahren ausgeschrieben. In den Teilnahmebedingungen forderte er die Bieter auf, Eignungsnachweise gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 1 und 2 VOB/A sowie eine qualifizierte Referenzliste der letzten drei Jahre vorzulegen. Als Zuschlagskriterien benannte er das wirtschaftlichste Angebot (Gewichtung: 50 %) sowie Fachkunde und Zuverlässigkeit (Gewichtung: jeweils 25 %) in der Bekanntmachung. Bieter A, der ursprünglich das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte, letztlich jedoch nicht den Zuschlag erhalten sollte, rief die Vergabekammer an. Er wandte sich dabei unter Berufung auf verschiedenste Rechtsverstöße (zB. fehlende europaweite Ausschreibung) an die Vergabekammer und machte u.a. die Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien geltend.

Die Vergabekammer (VK) gibt hier dem Bieter A Recht. Er sei in seinen Rechten gemäß § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Letztlich vollziehe sich die Angebotsprüfung in vier Stufen. Die Prüfung der Eignung auf der zweiten Wertungsstufe seit der Entscheidung darüber, welcher Bieter gemäß den Zuschlagskriterien auf der vierten Wertungsstufe den Auftrag bekommen solle, vorgelagert. Dass der Auftraggeber Aspekte der Eignung auf der zweiten Wertungsstufe tatsächlich überprüft habe, könne dem Vergabevermerk hier nicht eindeutig entnommen werden. Der AG habe gegen das Gebot der Trennung von Eignungs- und Zuschlagsprüfung verstoßen, indem er als Zuschlagskriterien teilweise eignungsbezogene Merkmale – Fachkunde und Zuverlässigkeit mit je 25 % Gewichtung – angegeben habe. Zu den in der Vergabebekanntmachung genannten Zuschlagskriterien, nach denen das wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt werden sollte, zählten folglich Merkmale, die der Ermittlung der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Auftragnehmers dienten (vgl. § 7 EG VOL/A: Nachweis der Eignung). Dies gelte für das Zuschlagskriterium „Fachkunde“ ebenso wie für das Kriterium „Zuverlässigkeit“. Die vermeintlich bessere Eignung eines in die engere Wahl zu ziehenden Unternehmens (ein „Mehr an Eignung“) dürfe beim Wirtschaftlichkeitskriterium aber grundsätzlich nicht zu Ungunsten eines preisgünstigeren Angebotes berücksichtigt werden (siehe Rechtsprechung des BGH – X ZR 109/96 und X ZR 100/99). Die Prüfung der Eignung und der Zuschlag unterlägen verschiedenen Regeln. Sie seien als unterschiedliche Vorgänge auch in ihrer zeitlichen Abfolge (§ 19 EG VOL/A) klar voneinander zu trennen. Bei der den Zuschlag betreffenden Entscheidung dürften nur Kriterien zur Anwendung kommen, die der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes dienten. Dies bedeute, dass prinzipiell nur Faktoren berücksichtigt werden dürften, die mit dem Gegenstand des Auftrags zusammenhängen, d.h. sich auf die Leistung beziehen, die den Gegenstand des Auftrags bildet. In Folge dessen sei eine nochmalige Anwendung von Eignungskriterien im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung prinzipiell ausgeschlossen (siehe auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2011 – Verg 16/11).Nachdem der AG die mitgeteilten Kriterien seiner Wertung zugrunde gelegt habe, habe der AG bei der Entscheidung über den Zuschlag im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf der vierten Wertungsstufe zu insgesamt 50 % Gewichtung eignungsbezogene und damit unzulässige Maßstäbe an die Angebote angelegt. Dies sei vergaberechtswidrig.

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Anmerkung:

Der Beschluss der VK Brandenburg reiht sich in eine größere Anzahl von Entscheidungen der Rechtsprechung ein. Nach diesem müsste nun endgültig klar sein, dass Eignungskriterien nicht bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes berücksichtigt werden dürfen, sondern von den Zuschlagskriterien strikt zu trennen sind. Zuschlagskriterien müssen ausschließlich zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes dienen. Diejenigen Kriterien, die im Zusammenhang mit früheren Aufträgen (Erfahrungen, Referenzen etc.) stehen, sind daher bei der Zuschlagsentscheidung unzulässig. Derartige Aspekte beziehen sich regelmäßig auf die Fachkunde des Bieters und stellen somit Eignungskriterien dar. Insbesondere den Auftraggebern ist dies ins Stammbuch zu schreiben, da diesbezüglich immer wieder Eignungs- und Zuschlagskriterien, oft unbewusst, unzulässig vermengt werden.


  Quelle: RA Michael Werner


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