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Keine bauaufsichtliche Zulassung: Mangel!

10.08.2023

Die Leistung eines Auftragnehmers ist mangelhaft, wenn die von ihm eingebaute Heizungsanlage bauaufsichtlich nicht zugelassen ist. Eine CE-Kennzeichnung oder eine EG-Konformitätserklärung können die bauaufsichtsrechtliche Zulassung nicht ersetzen. Dies hat das OLG Hamburg mit Urteil vom 01.06.2022 (Az.: 4 U 113/18) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 10.05.2023 (Az.: VII ZR 127/22) zurückgewiesen.

 

Porträt Michael Sitz

 

Der Fall: AN, ein Bauträger, baut für insgesamt acht Ehepaare vier Doppelhäuser. Laut Vertrag sollten die Gebäude den KfW-Effizienzhaus Standard 70 erreichen und nach der seinerzeit aktuellen EnEV 2009 errichtet werden. Später stellen die AG fest, dass Teile des Hauses nicht richtig warm werden. Sie behaupten, der KfW-Effizienzhaus Standard 70 sei nicht erreicht und fordern Schadensersatz für die Behebung der Mängel. AN behauptet, die Häuser entsprächen dem Standard der EnEV 2009. Hierfür reiche eine CE-Kennzeichnung und eine EU-Konformitätserklärung. Das Landgericht gibt der Klage weitestgehend statt.

Das Urteil: Ebenso das OLG! Die Heizungsanlage sei mangelhaft. Dabei lässt es das OLG offen, ob - wie vom Sachverständigen festgestellt - tatsächlich Defizite in der Anlage bestehen. Bereits die Tatsache, dass für die Anlage keine bauaufsichtliche Zulassung vorliege, führe zu einer Mangelhaftigkeit der Werkleistung. Nach den Feststellungen des Sachverständigen, welche sich das OLG zu eigen macht, handelt es sich nämlich um ein "K.O.-Kriterium" für die Einhaltung der EnEV und damit für den Erhalt der KfW-Förderung. Bereits das Fehlen der bauaufsichtlichen Zulassung bzw. die Tatsache, dass AN diese nicht vorlegen konnte, führen für sich genommen zur Mangelhaftigkeit der Anlage und damit zum Bestehen des Schadensersatzanspruchs.

Fazit:

Bekanntlich herrscht im deutschen Baurecht der sogenannte funktionale Herstellungsbegriff. Danach ist ein Bauwerk bereits dann mangelhaft, wenn es nicht "funktioniert", also sich für den im Vertrag vereinbarten oder üblichen Gebrauch nicht eignet. Das hatten zwar im vorliegenden Fall sowohl der Privat- als auch der Gerichtssachverständige festgestellt, gleichwohl lässt das OLG diese im Prozess sehr umstrittene Frage offen und knüpft den Mangel allein daran, dass es an einer bauaufsichtlichen Zulassung fehlt, mithin die EnEV-Anforderungen nicht erfüllt werden und daher auch keine Förderung durch die KfW erfolgen kann. Gleichwohl spricht das OLG die Mängelbeseitigungskosten zu, die zur Ertüchtigung der Anlage erforderlich sind. Wollte man aber unterstellen, die Anlage funktioniere einwandfrei, lediglich die formale bauaufsichtliche Zulassung fehle, so dürfte der Schaden für die Eigentümer eigentlich nicht in den Ertüchtigungskosten, sondern lediglich in den entgangenen günstigen Zinsen für das KfW-Darlehen liegen.

  Quelle: Michael Seitz


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