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Kompensationsvertrag: Ausgleich „in anderer Weise“?

05.03.2020

von RA Michael Seitz

Ein Kompensationsvertrag, den der Auftraggeber anbietet, der Auftragnehmer aber nicht annimmt, ist kein Ausgleich „in anderer Weise“ i. S. d. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B.

Dies hat das OLG Brandenburg in einem Urteil vom 16.10.2019 (Az.: 4 U 80/18) entschieden.

Der Fall: AN verrichtet für AG Baumschnittarbeiten auf Basis eines VOB/B-Vertrages. AG erstellt dazu ein LV, nach dem 1.271 Bäume zu bearbeiten sind. Tatsächlich hat AN aber nur 138 Bäume zu bearbeiten, weil ein anderer Unternehmer bereits große Teile der Arbeit erledigt hat. AG bietet AN daraufhin zwei „Ersatzstrecken“ an. AN lehnt es jedoch ab, diese zu bearbeiten. In seiner Schlussrechnung berechnet er die Bearbeitung von 138 Bäumen sowie einen Mindermengenausgleich in Höhe von 15.500,00 Euro. Den letztgenannten Betrag zahlt AG nicht. Schließlich habe er dem AN eine Kompensation auf den Ersatzstrecken angeboten.

Das Urteil: Die Werklohnklage des AN hat Erfolg. Gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B hat AG für die über 10 Prozent hinausgehende Unterschreitung des ursprünglichen Mengenansatzes einen Anspruch auf Erhöhung des Einheitspreises für die tatsächlich ausgeführten Mengen, es sei denn er erlangt in anderen Positionen des Leistungsverzeichnisses oder in anderer Weise einen Ausgleich. Zwar gehören zu einem solchen anderweitigen Ausgleich auch zusätzliche oder geänderte Leistungen. Das setzt aber voraus, dass Ansprüche auf Bezahlung solcher Leistungen überhaupt entstanden sind. Das ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil AN das „Kompensationsangebot“ ausgeschlagen hat. Das war nach Auffassung des OLG Brandenburg auch nicht treuwidrig. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B hat nach Auffassung des OLG Brandenburg nämlich den Zweck, eine Störung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung zu kompensieren. Dies sei bei einer zusätzlichen oder geänderten Leistung aber nur dann der Fall, wenn sie innerhalb desselben Vertragsverhältnisses entstehe. Bei den Kompensationsarbeiten hätte es sich aber um einen neuen und damit um einen anderen Vertrag gehandelt.

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Fazit: Die Mengenänderung beruhte hier nicht auf einer Anordnung des Auftraggebers, sondern auf der Tatsache, dass ein Teil der Bäume bereits bearbeitet war. Sonst hätte § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B keine Anwendung gefunden. Zu einem anderen Ergebnis gelangt man übrigens, wenn AG den Vertrag gekündigt hätte. Dann hätte AN zwar Anspruch auf die volle Vergütung gehabt, er hätte sich jedoch gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 VOB/B dasjenige anrechnen lassen müssen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Kosten erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft und seines Betriebes erworben hätte. In einem solchen Fall hätte AN also für die nicht bearbeiteten Bäume jedenfalls insoweit keine Vergütung erhalten, als er seine Arbeitskraft anderweitig hätte verwenden können.

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