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Kostenvoranschlag überschritten: Folgen?

05.03.2015

Übersteigen die für die Herstellung des Werkes tatsächlich entstehenden Kosten den Kostenvoranschlag, schuldet der Besteller dem Unternehmer eine Vergütung, die den erbrachten Leistungen entspricht.

Dies hat das OLG Saarbrücken in einem Urteil vom 19.11.2014 (Az.: 2 U 172/13) entschieden.

Der Fall: Auf dem Grundstück des AG rutscht ein Steilhang ab. AN, ein Erdbauer, erstellt daraufhin im August 2011 eine schriftliche Kostenaufstellung für den Bau einer Mauer und die Abfuhr der Erdmassen in Höhe von rund 15.000,00 €. Im November 2011 rutscht der Hang weiter ab. Daraufhin beauftragt AG AN zunächst mit Notmaßnahmen, insbesondere der Abfuhr von Erde und der Herstellung einer Drainage. Im April/Mai 2012 erstellt AN sodann auch eine Stützmauer. AN rechnet gut 28.000,00 € ab. AG zahlt 15.000,00 €, AN klagt die Differenz ein. AG meint, AN habe seinen Kostenvoranschlag erheblich überschritten, ohne dies anzuzeigen.

Das Urteil: Mit diesem Einwand gegen den Zahlungsanspruch des AN hat AG keinen Erfolg beim OLG Saarbrücken. Zwar muss AN dem AG gemäß § 650 Abs. 2 BGB unverzüglich anzeigen, wenn eine wesentliche Überschreitung des Kostenanschlages zu erwarten ist. Tut er dies nicht, schuldet er Schadensersatz, weil er schuldhaft seine vertraglichen Pflichten versäumt. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Verteuerung der Arbeiten offensichtlich war. AG war hier aber bereits vor Ausführung der Arbeiten klar, dass mehr und größere Steine verbaut werden mussten. Auch war der Hang noch nach dem Kostenvoranschlag weiter abgerutscht. Die Mengenmehrungen bei Material und Arbeitsaufwand waren daher offenkundig und also auch für den Eigentümer als Laien ohne Hinweis erkennbar. Aber selbst dann, wenn man von einer schuldhaften Verletzung der Anzeigepflicht gemäß § 650 Abs. 2 BGB ausgehen würde, müsste der Eigentümer voll bezahlen. Der Schadensersatzanspruch des AG geht nämlich nur auf das so genannte „negative Interesse“. Er muss den Besteller danach so stellen, wie er stehen würde, wenn ihm die zu erwartende Kostenüberschreitung rechtzeitig angezeigt worden wäre. Um dies festzustellen, ist zu fragen, ob der Besteller bei rechtzeitiger Anzeige der Kostenüberschreitung den Werkvertrag gekündigt hätte. Im vorliegenden Fall hätte ein verständiger Besteller aber den Vertrag nicht gekündigt, weil er auf den Werkerfolg angewiesen war und ihn auch anderweitig nicht preisgünstiger hätte erreichen können. Daher fehlt es bei AG an einem Schaden. Der Hang war instabil, die Sanierungsarbeiten hätten in jedem Fall durchgeführt werden müssen. Eine vergleichbare Werkleistung von einem anderen Unternehmer wäre auch nicht preisgünstiger gewesen. Auch eröffnet § 650 Abs. 2 BGB nicht die Möglichkeit, das Werk unter Berufung auf eine hypothetische Kündigung zu behalten, seine Bezahlungen aber zu verweigern.

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Fazit: Diese Entscheidung sollte jeder Handwerker kennen! Wird ein Kostenanschlag überschritten, so fehlt es in aller Regel an einem Schaden, wenn der Besteller nicht - gegebenenfalls nach einem entsprechenden Hinweis - den Vertrag kündigt. Die Regeln über den Kostenvoranschlag dienen nämlich nicht dazu, dem Besteller eine quasi teilweise kostenlose Leistung zu verschaffen. Gleichwohl ist für den Handwerker Vorsicht geboten:

Hat er einen Kostenvoranschlag erstellt und ist absehbar, dass die Kosten sich wesentlich erhöhen werden, so sollte er seinem Bauherrn einen entsprechenden Hinweis geben, um Auseinandersetzungen von vorneherein vorzubeugen. In aller Regel wird der Besteller den Vertrag deswegen nicht kündigen, insbesondere dann nicht, wenn er die Leistung - wie im vorliegenden Fall - dringend benötigt.

  Quelle: RA Michael Seitz


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