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Kühler Kopf am Arbeitsplatz

13.06.2014

Energieoptimierte Gebäude:

Neuer Raumklima-Teststand LOBSTER mit Beteiligung von Studierenden errichtet – Studie weist Wirkung von Deckenventilatoren nach

Auch bei hochsommerlichen Temperaturen in einem angenehm klimatisierten Raum arbeiten: Wie das aussehen kann, untersuchen Architekten des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) im neuen Klima-Teststand LOBSTER. Dabei geht es um Behaglichkeit und Nutzerverhalten an Büroarbeitsplätzen in energie-optimierten Gebäuden. Am Aufbau des Teststands waren auch KIT-Studierende beteiligt. Eine erste Studie befasste sich nun mit der Wirkung von Deckenventilatoren unter sommerlichen Bedingungen. Ein Ergebnis: Der Ventilator erhöht die Behaglichkeit nur dann, wenn er tatsächlich kühlend wirkt und Nutzer diese Kontrollmöglichkeit als effektiv wahrnehmen.

LOBSTER steht für „Laboratory for Occupant Behaviour, Satisfaction, Thermal Comfort and Environmental Research“. Errichtet wurde der Teststand unter der Leitung von Dr. Marcel Schweiker am Fachgebiet Bauphysik & Technischer Ausbau (fbta) der Architekturfakultät des KIT. Gefördert wurde er vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) im Rahmen des Forschungsprogramms Energieoptimiertes Bauen (EnOB). Forschungsarbeiten im LOBSTER befassen sich vor allem mit thermischer und visueller, das heißt die natürliche und künstliche Beleuchtung betreffende, Behaglichkeit an Büroarbeitsplätzen, Nutzerverhalten, Nutzerzufriedenheit und energieeffizienten Gebäudekonzepten. Der Teststand war von vornherein in die Architekturlehre mit eingebunden – bereits in der Planungs- und Realisierungsphase wirkten Studierende mit. Im Rahmen studentischer Projekte entstanden die Holzrahmenkonstruktion, die Fassade, die Schiebewand im Vorraum und die Treppe des Gebäudes auf dem Gelände der Westhochschule.

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LOBSTER bei Nacht: Die Fassade besteht aus Aluminium-Verbundplatten, die computergestützt gefräst wurden.

Foto: Robin Nagel / Moritz Karl

Blickfang des Gebäudes ist die aus Aluminium-Verbundplatten bestehende Fassade. Sie ist computergestützt gefräst und bildet QR-Codes nach. LOBSTER ist drehbar, um verschiedene Gebäudeorientierungen zu simulieren oder aber durch die Nachführung nach dem Sonnenstand einen maximalen Wärmeeintrag zu erreichen. Das Gebäude ruht auf einem Drehkranz, der aus Stahlträgern aufgebaut ist und auf insgesamt acht Radblöcken sitzt. Gesteuert wird die Drehung des Gebäudes über einen berührungsempfindlichen Bildschirm. Die von Studierenden entworfene Treppe ist durch die Drehung bedingt eine frei schwebende Edelstahlkonstruktion, die sich dank höhenverstellbarer Füße an unterschiedliche Geländebedingungen und -höhen anpassen lässt.

LOBSTER ermöglicht, thermische Behaglichkeit unter kontrollierten Bedingungen mit Bezug zum Außenklima zu untersuchen. Im Projekt „passiv-kühl“ erforschten Wissenschaftler des fbta, inwieweit ein Deckenventilator die Behaglichkeit unter sommerlichen Bedingungen verändert. Insgesamt 21 Probanden arbeiteten je drei Tage im LOBSTER. An den drei Tagen waren alle Bedingungen identisch – nur die Nutzung des Deckenventilators variierte. Am ersten Tag konnten die Probanden ihn nicht einschalten, am zweiten Tag durften sie es. Am dritten Tag konnten sie den Ventilator wiederum nach Belieben nutzen. Dabei war dieser jedoch so eingestellt, dass er kaum einen kühlenden Effekt hatte. Der Ventilator lief zwar, allerdings so, dass der Luftstrom nach oben gerichtet war. Dabei wurde die Temperatur im Raum im Tagesverlauf stetig erhöht: Am Morgen lag sie ein Grad unter der adaptiven, das heißt sich anpassenden, Komforttemperatur, am Abend drei Grad darüber. „Diese Komforttemperatur errechnet sich aus den Außentemperaturen der vergangenen Tage, auf die sich der Körper eingestellt hat. In einem typischen Karlsruher Sommer schwankt sie zwischen 23 Grad Celsius im Frühsommer und 27 Grad oder mehr zum Ende des Hochsommers“, erläutert Marcel Schweiker. Der Bereich zwischen drei Grad unter und drei Grad über dieser Temperatur wird als Komfortzone bezeichnet. Im Durchschnitt der Untersuchung im Herbst 2013 lag die Raumtemperatur bei 26,4 Grad Celsius.

Die Studie ergab nun, dass die Teilnehmer an den Tagen, an denen sie den Ventilator effektiv nutzen konnten, die Bedingungen an ihrem Büroarbeitsplatz signifikant besser bewerteten als an den anderen Tagen. „Hier gibt es also eindeutig keinen ‚Placebo-Effekt‘: Die Möglichkeit, den Ventilator nach Belieben ein- und ausschalten zu können, allein reicht noch nicht aus, um die Behaglichkeit zu erhöhen“, so Schweiker. „Erreichen kann das nur die tatsächlich kühlendeWirkung des Ventilators zusammen mit dem positiven Kontrollempfinden“. Wie die Studie zeigt, kann ein einfacher Deckenventilator die Anzahl der Stunden außerhalb der Komfortzone im Gebäude deutlich verringern – bei gegenüber Klimaanlagen deutlich niedrigeren Kosten für Installation und Betrieb.

  Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT)


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