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Kürzung der Transportwege als Nebenangebot zulässig!

17.01.2014

Die Vergabekammer (VK) Bund hat mit Beschluss vom 23.09.2013 – VK 2-78/13 – u.a. Folgendes entschieden:

• Es ist für Nebenangebote charakteristisch, dass sie von den Vorgaben des Auftraggebers abweichen. Die Zulässigkeit von Nebenangeboten ist vergaberechtlich anerkannt, soweit der Auftraggeber Nebenangebote erlaubt.

• Ein zugelassenes Nebenangebot darf nicht gewertet werden, wenn unter dem Deckmantel „Nebenangebot“ ein anderer Beschaffungsgegenstand angeboten wird, mithin der Auftraggeber bei Bezuschlagung ein völlig anderes Produkt oder eine völlig andere Dienstleistung einkaufen würde als er ursprünglich bekannt gemacht hat. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Entsorgung von Ausbruchmaterial nicht über ein Trockenbecken erfolgt, sondern eine Direktabfuhr angeboten wird.

Ein öffentlicher Auftraggeber hatte als Teil von zu erbringenden Bauleistungen u.a. die Verladung und den Transport von angefallenen Aushub- und Ausbruchmassen von den Anfallstellen zum Materialumschlagplatz Trockenbecken ausgeschrieben. In den mit allen Bietern durchgeführten Aufklärungsgesprächen führte der AG aus, dass die Nutzung des Trockenbeckens als Umschlagstelle dem AN freigestellt sei und keine zwingende Verpflichtung darstelle. Bieter A sowie Bieter B gaben jeweils ein Haupt- als auch ein Nebenangebot ab; ersteres mit dem Transport zum Trockenbecken, letzteres mit einer Direktabfuhr. Bieter A gab das günstigste Hauptangebot und das zweitgünstigste Nebenangebot ab. Da der Zuschlag auf das günstigste Nebenangebot des B erfolgen sollte, forderte A im Nachprüfungsverfahren den Ausschluss des Nebenangebotes des B sowie die Bezuschlagung seines (teureren) Hauptangebots.

Die VK Bund weist den Nachprüfungsantrag des A zurück. Einmal äußert sie bereits begründete Zweifel an der Abtragsbefugnis des A, da dieser selbst ein Nebenangebot gleichen Inhalts abgegeben habe. Dies könne aber dahinstehen, weil der Nachprüfungsantrag unbegründet sei. Grundsätzlich seien hier Nebenangebote durch den AG zugelassen worden (siehe Nr. 1 des Beschlusstenors). Denn hier habe der Auftraggeber die Nutzung des Trockenbeckens als Zwischenlager ausdrücklich den Bietern freigestellt.

Allerdings sei für den konkreten Inhalt von Nebenangeboten dort eine Grenze zu ziehen, wo unter dem Deckmantel „Nebenangebot“ ein anderer Beschaffungsgegenstand angeboten werde, mithin der Auftraggeber bei Bezuschlagung ein völlig anderes Produkt, eine völlig andere Dienstleistung einkaufen würde, als er ursprünglich bekannt gemacht hat. Wenn es sich dann bei der angebotenen Leistung um einen völlig anderen Beschaffungsgegenstand (anderes Produkt oder Leistung) also ein sog. „aliud“ im Vergleich zu dem bekanntgemachten Beschaffungsgegenstand handele, so würden diejenigen potentiellen Interessenten von einer Teilnahme am Wettbewerb abgehalten, die sich ausschließlich für das „aliud“ interessiert hätten, nicht aber für den Auftrag in der bekannt gemachten Form. Darüber hinaus wäre eine vergleichende Wertung eines derartigen „aliuds“ mit den dem Amtsentwurf entsprechenden Hauptangeboten unmöglich, weil eine vollkommen andere Leistung betrachtet würde. In einem solchen Fall müsste ein Auftraggeber, so er ein „aliud“ Nebenangebot annehmen wolle, die ursprüngliche Ausschreibung aufheben und das „aliud“ über eine Bekanntmachung dem Wettbewerb zugänglich machen. Dies sei hier jedoch bei einer Direktentsorgung anstatt einer Entsorgung über einen Materialumschlagplatz nicht der Fall. Vielmehr habe sich nur der Ort, an welchem das Abfallmaterial abgeholt werden solle, geändert. Dagegen würden die vorgegebenen Massen, die Art des Transports und die Entsorgung unverändert bleiben.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft

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Anmerkung:
Nebenangebote, die gerade den Auftragnehmern die Möglichkeit bieten, ihr besonderes Know-how unter Beweis zu stellen, beinhalten oft gute Ideen der Bieter zur Optimierung. Insoweit stellt die Vergabekammer noch einmal eindeutig fest, dass Optimierungsmöglichkeiten, an die der Auftraggeber bei Formulierung der Leistungsbeschreibung gar nicht denkt, durch die Zulassung von Nebenangeboten besondere Berücksichtigung finden können. Allerdings dürfen diese Nebenangebote nicht einen völlig anderen Beschaffungsgegenstand darstellen, weil dann letztlich die Ausschreibung – bereits aus Gründen eines sauberen Wettbewerbs – aufgehoben werden müsste.

  Quelle: RA Michael Werner


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