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Lean und agile Leadership

21.02.2020

Beim Verankern einer Kultur der kontinuierlichen Veränderung und Verbesserung in Unternehmen spielen die Führungskräfte eine Schlüsselrolle. Entsprechend
systematisch sollte ihre Kompetenz entwickelt werden.

von Dr. Daniela Kudernatsch

Kudernatsch, Daniela Dr - hell.jpg

In den zurückliegenden Jahren starten viele Unternehmen Projekte, um
• mehr Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse auf die operative Ebene zu verlagern und
• das Streben nach Qualität in den Köpfen der Mitarbeiter zu verankern.

Dabei lautete ein übergeordnetes Ziel stets: Das Unternehmen soll schneller und flexibler – oder „agiler“ – auf Marktveränderungen reagieren. Doch leider stellten die Unternehmen bei vielen Projekten, die letztlich auf eine Veränderung der Unternehmenskultur abzielten, nach einiger Zeit fest: Nun haben wir zwar unsere Mitarbeiter zum Beispiel im Umgang mit den Lean-Methoden und -Tools geschult. Doch leider bleiben die erhofften Ergebnisse aus.

Eine Ursache hierfür ist: Viele Unternehmen unterschätzen anfangs,
• welch Anstrengung es erfordert, einen Kulturwandel in einer Organisation herbeizuführen, und
• wie viel Ausdauer und Geduld es bedarf, bis bei den Mitarbeitern ein neuer Mindset entsteht und dieser sich in deren Köpfen verankert hat.

Eine neue Unternehmenskultur schaffen
Beim Start von kulturverändernden Projekten hegen Unternehmen oft die Illusion: Um die angestrebten Ziele zu erreichen, genügt es, die erforderlichen Instrumente zu implementieren und ausgewählte Mitarbeiter im Umgang mit ihnen zu qualifizieren. Dies ist eine Illusion! Das haben viele Unternehmen erkannt. Also suchen sie nach neuen Wegen, wie sie trotzdem das Ziel erreichen, eine Kultur der kontinuierlichen Veränderung und Verbesserung in ihrer Organisation zu schaffen. Hieran führt kein Weg vorbei.

In vielen Unternehmen ist der Change- und Innovationsbedarf heute so groß, dass er in Top-down-Projekten allein nicht mehr befriedigt werden kann. Also muss sich die Initiative zur Innovation und zum Produzieren von Qualität auf die Bereichs- und Prozessebene verlagern. Entsprechendes gilt für den Lern- und Entwicklungsbedarf, der aus dem Changebedarf resultiert. Er ist häufig so groß, dass er mit zentral organisierten Personalentwicklungsmaßnahmen immer schwieriger gedeckt werden kann. Also muss sich auch die Initiative zum Aufbau der zum Produzieren von Qualität erforderlichen Kompetenz stärker auf die Prozessebene verlagern.

Mitarbeiter müssen „Selbstentwickler“ werden
Viele Personalmanager erkannten dies bereits vor Jahren und unter dem Stichwort Employability formulierten sie die These: Die Mitarbeiter müssen Selbstentwickler werden. Das heißt, sie müssen lernen,
• selbst zu erkennen, wo bei ihnen ein Entwicklungsbedarf besteht, und
• diesen entweder selbst oder mit selbstorganisierter Unterstützung zu befriedigen.

Und die operativen Führungskräfte? Sie müssen diese Lern- und Entwicklungsprozesse bei ihren Mitarbeitern fördern und so dazu beitragen, dass
• die Performance ihres Bereichs kontinuierlich steigt und
• das Unternehmen schneller auf Veränderungen reagieren kann.

Dies ist der richtige Ansatz. Er führt jedoch meist zu einer Mehrbelastung der Führungskräfte. Denn sie sind oft nicht ausreichend für diese Aufgabe qualifiziert, und ihre Mitarbeiter haben noch nicht das Bewusstsein verinnerlicht, dass sie ihre Kompetenz kontinuierlich weiterentwickeln müssen.

Also müssen die Führungskräfte im Arbeitsalltag noch viel Überzeugungsarbeit leisten. Sie müssen zudem regelmäßig korrigierend und unterstützend eingreifen, weil die Leistung der Mitarbeiter nicht mehr den Anforderungen entspricht. Oder anders formuliert: Das Streben nach einer kontinuierlichen Kompetenz- und somit Qualitätsverbesserung ist noch kein stabiler Prozess. Er muss stets aufs Neue angestoßen werden. Dies erfordert viel Zeit und Energie seitens der Führungskräfte und forciert ihr Gefühl des Überlastet-seins.

Lean Leadership: ein möglicher Lösungsweg
Viele Unternehmen feilen aktuell n Personal- und Führungskräfteentwicklungskonzepten, die dieses Dilemma lösen. Dabei orientieren sie sich oft am Lean Leadership-Development-Modell. Dieses unterscheidet in der Kompetenzentwicklung von Führungskräften vier Stufen.

Stufe 1: Sich als Führungskraft selbst entwickeln. Dahinter steckt die Annahme, dass künftig eine Kernkompetenz von Führungskräften ist, das eigene Verhalten und Wirken zu reflektieren und die eigene Performance systematisch zu erhöhen.

Stufe 2: Andere Menschen coachen und entwickeln. Die zweite Kompetenz-Stufe besteht in der Fähigkeit, als Führungskraft andere Personen so zu entwickeln, dass diese ihrerseits die Kompetenz erwerben, ihr Verhalten und Wirken zu reflektieren und eigene Lernprozesse zu initiieren.

Stufe 3: Das tägliche Sich-Verbessern (Kaizen) unterstützen. Hier geht es darum, Gruppen von Mitarbeitern (Teams, Abteilungen, Bereiche) in eine Richtung auszurichten und den kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu sichern.

Stufe 4: Eine Vision schaffen und die Ziele abstimmen. In die letzte Entwicklungsstufe sind idealerweise alle Führungskräfte und die gesamte Organisation eingebunden. Nun geht es darum, das „Silo-Denken“ zu überwinden und alle Aktivitäten so aufeinander abzustimmen, dass die Unternehmensziele erreicht werden.

Von einer Führungskräfteentwicklung, die sich an diesem Kompetenz-Modell orientiert, versprechen sich die Unternehmen, dass die Innovationskraft ihrer Organisation steigt; außerdem, dass sie sukzessiv zu einer Entlastung der Führungskräfte führt – und zwar in dem Maße wie ihre Mitarbeiter die Kompetenz entwickeln, eigenständig ihr Verhalten und Wirken zu reflektieren und sich zu entwickeln.

Auf dem Weg zur lernenden, agilen Organisation
Zudem erhoffen sich die Unternehmen hiervon, dass ihre Agilität steigt. Dies erachten sie als nötig, weil sie und somit ihre Führungskräfte und deren Bereiche in der VUKA-Welt permanent vor neuen Herausforderungen stehen – aufgrund der vielen Veränderungen, die sich in ihrem Umfeld vollziehen.

Um diesen Veränderungen zeitnah Herr zu werden, fordern immer mehr Unternehmen von ihren Führungskräften, ihre Mitarbeiter agil zu führen. Dabei wird oft übersehen: Ein solcher Führungsstil, der weitgehend auf Selbstorganisation und Eigenverantwortung baut, setzt einen gewissen Reifegrad der Mitarbeiter, aber auch Führungskräfte voraus. Denn faktisch können im Betriebsalltag nur die Mitarbeiter ohne Vorbehalte agil geführt werden,
• die bereits eine hohe Routine beim Bewältigen ihrer Aufgaben haben und bei denen das Engagement stimmt, und/oder
• die in Teamstrukturen eingebunden sind, die bei ihnen noch vorhandene fachliche und motivationale Defizite ausgleichen.

Alle anderen benötigen eine Unterstützung. Entsprechendes gilt für agile Teams. Auch sie setzen einen gewissen Reifegrad der Mitglieder voraus. Und diesen gilt es seitens der Unternehmen bzw. ihrer Führungskräfte bei den Mitarbeitern und Teams zunächst zu entwickeln.

Hierfür bietet das Lean Leadership-Development-Modell einen geeigneten Ansatz, denn es setzt beim Entwickeln der Unternehmenskultur den Hebel zunächst bei den Führungskräften an, die als Coaches bzw. Befähiger und Ermächtiger ihrer Mitarbeiter fungieren sollen. Hierauf aufbauend wird dann
• den Mitarbeitern das Bewusstsein vermittelt, dass die Notwendigkeit, sein Denken und Handeln zu überprüfen und gegebenenfalls zu verändern, künftig ein integraler Bestandteil des Arbeitsalltags ist, und
• sukzessiv ihr Selbstbewusstsein gestärkt, neue Herausforderungen beherzt anzugehen und sich die hierfür erforderlichen Fähigkeiten eigenständig aneignen.

So wird allmählich bei den Mitarbeitern und Teams die Kompetenz aufgebaut, die für ein agiles Arbeiten nötig ist. Zudem wird im Unternehmen Schritt für Schritt eine Kultur geschafffen, bei der das Streben nach Verbesserung im Zentrum des individuellen und kollektiven Handels steht.

  Quelle: www.die-profilberater.de


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