zurück

Leistung anders als vereinbart ausgeführt: Mangel!

03.11.2015

von RA Michael Werner

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 30.07.2015 – VII ZR 70/14 – u.a. Folgendes entschieden:

• Ein Mangel liegt auch dann vor, wenn eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit nicht zu einer Beeinträchtigung des Werts oder der Gebrauchstauglichkeit des Werks führt.

• Wirkt sich eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit nicht oder nur in geringem Maße nachteilig aus, kann dies zwar die Prüfung veranlassen, ob Mängelansprüchen des Auftraggebers der Einwand entgegensteht, der Mängelbeseitigungsaufwand sei unverhältnismäßig. An dem Vorliegen eines Mangels in derartigen Fällen ändert dies allerdings nichts.

Der Auftraggeber (AG) hatte den Auftragnehmer (AN) mit der Errichtung der Außenanlagen eines Supermarktes beauftragt. Gegenstand der Auftragserteilung auf Basis der VOB/B war u.a. die Anlage eines Parkplatzes mit gepflasterten Stellflächen und Fahrspuren Der AN verwendete anstelle des im LV vorgesehenen Kieses der Körnung 0/5 einen Kies der Körnung 2/5, d.h. einen Kies ohne besonders feinkörnige Anteile. Zwei Jahre nach Abnahme zeigten sich im Bereich der Pflasterarbeiten, vor allem an den besonders belasteten Fahrspuren, Mangelsymptome insbesondere in Form loser Pflastersteine. Der AG ließ darauf die gepflasterten Stellplätze sanieren und forderte vom AN Schadensersatz in Höhe von ca. EUR 125.000. Der AN behauptete, Ursache für die aufgetretenen und gerügten Mangelsymptome sei allein das Unterlassen der dem AG obliegenden späteren Nachsandung. Die Vorinstanzen ( LG und OLG) verurteilten den AN antragsgemäß. Dagegen wandte sich der AN mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH.

Der BGH hebt das Urteil auf und verweist die Sache zur Aufklärung der Mangelursachen an das OLG zurück. Die Leistung des AN sei mangelhaft, ohne dass es auf die Ursache der Mangelerscheinung ankomme. Ein Sachmangel liege gemäß § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB – und entsprechend gemäß § 13 Abs. 1 VOB/B – auch dann vor, wenn eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit nicht zu einer Beeinträchtigung des Werts oder der Gebrauchstauglichkeit des Werks führe. Nach § 633 Abs. 1 BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung habe ein Mangel zwar nur dann vorgelegen, wenn der Fehler den Wert oder die Gebrauchstauglichkeit der Leistung aufhob oder minderte. Diese Einschränkung des Fehlerbegriffs sei allerdings mit der Schuldrechtsreform und der VOB/B 2002 entfallen. Wirke sich eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit nicht oder nur in geringem Maße nachteilig aus, könne dies zwar die Prüfung veranlassen, ob Mängelansprüchen des Bestellers der Einwand entgegenstehe, der Mängelbeseitigungsaufwand sei unverhältnismäßig (§ 275 Abs. 2 BGB). An dem Vorliegen eines Mangels in derartigen Fällen ändere dies allerdings nichts. Hier habe der AN behauptet, Ursache für die aufgetretenen, vom AG gerügten Mangelsymptome sei allein das Unterlassen einer dem AG obliegenden späteren Nachsandung. Darin liege zugleich die Behauptung, dass die Verwendung des Kieses mit der gröberen Körnung für die aufgetretenen, vom AG gerügten Mangelsymptome nicht ursächlich gewesen sei und sich damit nicht nachteilig ausgewirkt habe. In der Sache mache der AN damit geltend, dass mangels nachteiliger Auswirkungen des allein in der vertraglichen Abweichung begründeten Mangels der Beseitigungsaufwand unverhältnismäßig sei. Für diesen erheblichen Einwand habe der hierfür darlegungs- und beweispflichtige AN Sachverständigenbeweis angeboten. Da sich das vorinstanzliche OLG mit diesem Beweisangebot gar nicht befasst habe, liege eine klare Verletzung des Anspruchs des AN auf rechtliches Gehör vor (Art. 103 Abs. 1 GG). Dies führe letztlich zu einer Rückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

RA_Werner_online.jpg

RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Haus Cumberland
Kurfürstendamm 194
D - 10707 Berlin
E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
www.zl-legal.de

Anmerkung:
Wesentlich an dieser Entscheidung ist, dass der BGH unmissverständlich feststellt, dass jede Abweichung von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit einen Mangel darstellt, auch wenn er sich nicht nachteilig auswirkt oder sogar besser als die vereinbarte Ausführung ist. Für die Frage des Vorliegens eines Mangels ist damit die Ursache nicht relevant, wohl aber für den Einwand des AN, dass die Mängelbeseitigung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Auch nach Abnahme der Werkleistung liegt dabei die Darlegungs- und Beweislast auf Seiten des AN. Im vorliegenden Fall hat der AN hierfür Beweis angeboten, was jedoch von den Vorinstanzen nicht beachtet wurde – mit der Folge, dass der BGH im Ergebnis die Sache an das OLG zurückverweist.

  Quelle:


Gratis Gastzugang

Submissions-Anzeiger | Tageszeitung-Ad

Aktuelles
Seminarangebot

Baurecht- und Vergabeseminare