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Leitfabrikat "oder gleichwertig": Pflicht des Bieters zur Festlegung!

03.01.2014

Das OLG Koblenz hat mit Beschluss vom 06.06.2013 – 2 U 522/12 – u.a. Folgendes entschieden:

• Lautet die Ausschreibung auf ein ausdrücklich benanntes Leitfabrikat „oder gleichwertig“, muss der Bieter entweder das Leitfabrik oder ein vergleichbares Produkt anbieten. Ein alternatives Angebot mehrerer Produkte ist – unabhängig davon, ob die Auswahl letztlich dem Auftragnehmer oder dem Auftraggeber zufallen soll – unzulässig. Will oder kann der Bieter die geforderte Leistung nicht anbieten, so bleibt ihm – soweit dies nach den Bieterbedingungen zulässig ist – nur die Wahl, ein Nebenangebot oder auch einen Änderungsvorschlag abzugeben, wobei er allerdings die dafür geltenden Formvorschriften beachten muss.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte ein Bauvorhaben „Kongress-Zentrum“ europaweit nach VOB/A ausgeschrieben. Der spätere Kläger (A) hatte für das Gewerk der Estricharbeiten fristgerecht ein Angebot abgegeben. Dabei hatte er die Vorgabe des AG „Fabrikat Buchberger Standard oder gleichwertig“ mit dem handschriftlichen Angebot „Migua oder Buchberger“ ergänzt. Offen blieb dabei, ob A oder der AG im Zuschlagsfall die Auswahl treffen sollte. Darauf hatte der AG das Angebot des A von der Wertung ausgeschlossen, weil die von diesem vorgenommenen Eintragungen nicht eindeutig seien. A, der das preislich günstigste Angebot abgegeben hatte, forderte darauf mit der Klage den entgangenen Gewinn (positives Interesse) in Höhe von 27.000 €.

Das OLG weist diese Klage – ebenfalls wie das vorinstanzliche LG – zurück; A habe hier keinen Schadensersatzanspruch. Zwar stehe dem an einer öffentlichen Ausschreibung teilnehmenden Bieter grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu, wenn der AG ihn unter Verletzung von Vergabevorschriften vom Verfahren ausschließe. Indes komme ein solcher Anspruch nicht in Betracht, wenn das Angebot des Bieters zwingend von der Wertung der Angebote auszuschließen war. Dies sei hier aus mehreren Gründen geboten gewesen:

Einmal habe Bieter A hier durch Abgabe eines Alternativ-Angebotes die Verdingungsunterlagen abgeändert, was nach § 16 Abs. 1 Nr. 1b VOB/A i.V.m. 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 VOB/A zwingend zum Ausschluss führen müsse. Dabei sei der Begriff der Änderungen weit auszulegen. Die Ausschreibung „Buchberger…. oder gleichwertig“ beruhe auf der Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 VOB/A und bedeute, dass der Bieter entweder das Leitfabrikat oder ein vergleichbares Produkt anbieten solle. Bei einem alternativen Anbieten mehrerer Produkte sei – unabhängig davon, ob die Auswahl letztlich dem Auftragnehmer oder dem Auftraggeber zufallen solle – die Vergleichbarkeit mit den Angeboten der Wettbewerber nicht mehr gewährleistet.

Das alternative Angebot könne auch nicht als Nebenangebot gewertet werden. Zwar habe der AG in seiner Aufforderung zur Angebotsabgabe Nebenangebote zugelassen. Jedoch müssten nach § 13 Abs. 3 Satz 2 VOB/A etwaige Nebenangebote auf besonderer Anlage gemacht und als solche deutlich gekennzeichnet werden. Da diese Form hier nicht gewahrt sei, wäre das Angebot „Migua“ auch als Nebenangebot nach § 16 Abs. 1 Nr. 1f VOB/A zwingend vom Verfahren auszuschließen gewesen.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
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Anmerkung:
Da bei dem geschilderten Fall der Bieter die Vorgabe eines Leitfabrikats nicht gerügt hatte, hatte er die Vorgaben des LV hinzunehmen und ein eindeutiges Angebot abzugeben. Statt des Leitfabrikats hätte er ein anderes, gleichwertiges Fabrikat anbieten können, dessen Gleichwertigkeit er aber nachweisen müsste. Das vorliegende „sowohl – als auch“ ist aber nach der Formstrenge des Vergabeverfahrens unzulässig. Bieter, die derartig anbieten, gehen auf jeden Fall das Risiko ein, mit ihrem Angebot ausgeschlossen zu werden.

  Quelle: RA Michael Werner


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