zurück

Leuchtturmprojekt aus Stroh

11.10.2012

Höchstes aus Strohballen gebautes Haus Europas entsteht in Verden - Eröffnung Anfang 2014

Von Janet Binder

Stroh ist für den Architekten Thomas Isselhard das ideale Baumaterial. Es wächst in der Region, ist günstig und dämmt sehr gut. Doch viele Strohballenhäuser gibt es noch nicht, bundesweit sind es geschätzt 200. Bislang wurde auch kein Strohballenhaus gebaut, das mehr als drei Geschosse hat. "Wir wollen zeigen, dass es höher geht", betont Isselhard. Deshalb entsteht zurzeit in Verden das höchste je in Europa aus Strohballen gebaute Gebäude - mit fünf Geschossen.

Leuchtturmprojekt1-online.jpg

Foto: David Hecker/dapd

"Ein technologischer Meilenstein", sagt Isselhard. Das "Leuchtturmprojekt" soll künftigen Bauherrn Mut machen, mit Stroh zu dämmen oder gleich damit zu bauen. "Wir wollen einen Sog entwickeln", betont der Architekt. Das Gebäude entsteht auf dem Gelände des Ökologischen Zentrums Verden, es soll als "Norddeutsches Zentrum für Nachhaltiges Bauen (NZNB)" genutzt werden. Wer sich für Strohballenbau interessiert, wird hier einzigartig in Europa alle Kompetenzen gebündelt finden. Handwerker können sich dort schon jetzt und auch künftig in Kooperation mit der Handwerkskammer fortbilden. "Es fehlt qualifiziertes Personal", sagt Isselhard. Bundesweit gibt es nach seiner Schätzung höchstens 15 Betriebe, die im Strohballenbau geschult sind. Wer den Zuschlag für den Bau in Verden bekommt, steht noch nicht fest, obwohl der Grundstein schon gelegt wurde. "Mit dem fünfgeschossigen Haus in Verden betreten alle Neuland", freut sich Isselhard. "Das Unternehmen lernt mit uns zusammen."

Wasserabweisender Putz

Später dann soll in dem Gebäude eine permanente Ausstellung über die Erfahrungen informieren. Interessierte sollen alles über Strohballenbau, aber auch andere praxistaugliche, bezahlbare und energiesparende Bauweisen wie Lehmbau erfahren. "Wir forschen, qualifizieren, informieren und schieben so den Markt an", sagt NZNB-Geschäftsführer Rasmus Grobe. Gebaut wird zunächst in einer Halle: Das unbehandelte Stroh wird in ein Ständerwerk aus heimischen Hölzern eingebettet und innen mit Lehm, außen mit Kalk verputzt. "So ist die 50 Zentimeter dicke Außenwand witterungsbeständig", betont Isselhard, "Sie hält Schlagregen ab und ist gleichzeitig diffusionsoffen." Weil die Wände in der Halle vorgefertigt werden, komme das Stroh gar nicht erst mit Feuchtigkeit in Berührung. Denn der größte Feind des Strohs sei Wasser.

1,5 Millionen Euro für Forschungsprojekt

Lange haben die Beteiligten daran experimentiert, die beste Wasser abweisende Putzmischung herzustellen, die gleichzeitig Feuchte nach außen lässt. Der Putz muss auch hohe Brandschutzvorschriften erfüllen. 1,5 Millionen Euro wurde in das Forschungsprojekt gesteckt, sagt Architekt Isselhard. Zwar werde die endgültige Putzmischung erst Mitte 2013 erwartet. Mit den belastbaren Zwischenergebnissen könne jetzt aber schon gearbeitet werden. Bei einer sorgfältigen Bauweise hielten die Strohhäuser 100 Jahre "und mehr". Mit Stroh zu bauen sei auch finanziell kein Wagnis. "Im Vergleich zum konventionellen Haus ist es bis zu sieben Prozent teurer, im Vergleich zu anderen Passivhäusern bis zu drei Prozent", sagt Isselhard. Richtfest ist für Mai 2013 geplant, Eröffnung Anfang 2014. Das Vorhaben wird vom Land Niedersachsen mit 4,4 Millionen Euro aus EU-Mitteln gefördert. Verbrauchskosten wird es kaum geben, denn das Gebäude soll mit seiner Photovoltaikanlage mehr Energie erzeugen als es verbraucht. "Das ist das Haus der Zukunft", sagt Geschäftsführer Grobe.

 

  Quelle: dapd


Gratis Gastzugang

Submissions-Anzeiger | Tageszeitung-Ad

Aktuelles
Seminarangebot

Baurecht- und Vergabeseminare