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Lieferung nicht geprüft: Keine Rechte!

11.10.2023

Will ein Käufer seine Mängelrechte aus einem Handelskauf wahren, so kann er sich auch bei einer Lieferung einer Vielzahl von Bauteilen unterschiedlichster Art nicht auf eine Stichprobe beschränken, wenn eine einfache Sichtprüfung möglich ist und erhebliche Mangelfolgeschäden drohen. Die Prüfung ist jedenfalls dann nicht rechtzeitig, wenn sie 15 Tage nach Lieferung erfolgt. Das hat das OLG Bre-men mit Urteil vom 17.03.2023 (Az.: 2 U 32/20) entschieden.

 

Michael Seitz

 

 

Bild: Michael Seitz

Der Fall: Verkäufer V liefert diverse Schiffsbaueile aus Edelstahl, diese sollen eine be-stimmte Zertifizierung aufweisen. Tatsächlich hat nur ein Teil der Bauteile diese Zertifi-zierung. Käufer K verarbeitet die Bauteile unmittelbar und prüft erst 15 Tage später, ob die Zertifizierung vorliegt. K verlangt Schadensersatz in Höhe von gut 800.000,00 Euro, V wird in erster Instanz hierzu verurteilt. V legt Berufung ein.

Das Urteil: Mit Erfolg. Zwar sei die fehlende Zertifizierung der Bauteile ein Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB, stellt auch das OLG fest. Jedoch seien hier gemäß § 377 Abs. 2 HGB sämtliche Mängelrechte des Käufers ausgeschlossen. Aus den Prüf-zeugnissen und Lieferscheinen, die mit den Bauteilen selbst an den K geliefert wurden, ging nämlich hervor, dass einige Bauteile nicht die vereinbarte Zertifizierung aufwiesen. Dies wäre durch Abgleich der Bauteile mit den Belegen erkennbar gewesen. Gemäß § 377 Abs. 2 HGB gilt eine Ware aber dann als genehmigt, wenn der Käufer die gebo-tene unverzügliche Prüfung und Mängelanzeige unterlässt, sofern es sich bei beiden Vertragspartnern um Kaufleute handelt. Wann die Rüge noch "unverzüglich" ist, hängt vom Umfang und der Schwierigkeit der Prüfung, aber auch am Aufwand und den Kos-ten einer potenziellen Mängelbeseitigung ab. Hier hätte - so das OLG - eine einfache Sichtprüfung mit Belegabgleich genügt. Daher sei eine Rüge nach Einbau und erst 15 Tage nach der Lieferung nicht mehr "unverzüglich".

Fazit: Die Vorschrift des § 377 HGB ist auch für den Bauunternehmer höchst gefährlich! Bezieht er nämlich seine Ware - wie in aller Regel - im Rahmen eines Handelskaufs von seinem Baustoffhändler und prüft er die Ware nicht unverzüglich daraufhin, ob sie man-gelfrei ist, so verliert er sämtliche Mängelrechte! Mit anderen Worten: Er kann weder Nachbesserung noch Schadensersatz oder Minderung verlangen. Der Baustoffhändler beruft sich in aller Regel auf diese Regelung, wenn die Ware vom Käufer nicht unver-züglich geprüft und Mängel nicht während oder unmittelbar nach der Lieferung gerügt werden. Auch bei Gerichten ist die Vorschrift beliebt, erlaubt sie es doch, ohne große Sachprüfung zu einem klagabweisenden Urteil zu gelangen. Wohl auch deshalb wird diese Vorschrift durchaus weit ausgelegt, d. h. Rügepflichten des Käufers können au-ßerordentlich weitgehend sein und zudem werden strenge Anforderungen an die "Un-verzüglichkeit" gestellt. Für den Unternehmer heißt das: Jede gekaufte Ware bei Anlie-ferung sorgfältig prüfen und Mängel sofort rügen!

  Quelle: Anwalt Seitz


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