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Mängel: Kein Schadensersatz ohne Fristsetzung!

28.01.2021

von RA Michael Seitz

Auch nach einer Kündigung durch den Auftraggeber ist der Auftragnehmern zur Mängelbeseitigung nicht nur verpflichtet, sondern auch berechtigt. Deshalb muss ihm der Auftraggeber auch nach Kündigung eine Frist zur Nacherfüllung einräumen. Verlangt AG nach der Kündigung Schadensersatz, ohne zuvor eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt zu haben, so muss er zwischen den Kosten der Mangelbeseitigung einerseits und der Fertigstellungsmehrkosten andererseits differenzieren.

Dies hat das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 23.01.2018 (Az.: 21 U 11/17) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 17.06.2020 (Az.: VII ZR 32/18) zurückgewiesen.

Der Fall:AN soll für AG auf Grundlage eines Pauschalvertrages eine Immobilie sanieren. Während der Bauphase kommt es zum Streit. AG rügt Mängel und setzt dem AN eine Frist zur Fertigstellung, aber nicht zur Mängelbeseitigung. Schließlich kündigt AG den Vertrag und verlangt von AN Mängelbeseitigungs- und Fertigstellungsmehrkosten in Höhe von rund 114.000,00 Euro. Das Landgericht gibt der Klage nur in Höhe von rund 21.000,00 Euro statt. Dagegen legt AG Berufung ein.

Das Urteil: Ohne Erfolg! Nach Auffassung des OLG Düsseldorf hat es AG versäumt, im Rahmen seines Vortrages zwischen den Kosten für die Mängelbeseitigung einerseits und den Mehrkosten der Fertigstellung andererseits zu unterscheiden. Diese Differenzierung sei jedoch erforderlich, weil Ansprüche auf Schadensersatz wegen Mängeln – anders als die Fertigstellungsmehrkosten nach Kündigung – eine erfolglose Fristsetzung zur Mängelbeseitigung voraussetzen. Vor der Kündigung hatte aber AG nur für die Fertigstellung, nicht jedoch für die Mängelbeseitigung eine Frist gesetzt. Daran ändert auch die von AG zwischenzeitlich ausgesprochene Kündigung nichts, denn diese wirkt nur für die Zukunft. Bis zur Kündigung war AN zur Beseitigung der (vermeintlichen) Mängel nicht nur verpflichtet, sondern auch berechtigt. Daraus folgt, dass AG Schadensersatz nur für die Fertigstellungsmehrkosten, nicht aber für die Mängelbeseitigungskosten verlangen kann und also diese Kosten in seinem Prozessvortrag gegeneinander abgrenzen muss. Er hätte also konkret darlegen müssen, welcher Teil der angefallenen Kosten auf die Mängelbeseitigung und welcher Teil auf die Fertigstellung entfällt. Das hat AG indes nicht getan.

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Fazit: AN hat hier auch Glück gehabt, dennoch ist die Entscheidung richtig. Der Auftragnehmer hat nicht nur eine Pflicht, sondern auch ein Recht zur Mängelbeseitigung, dass er erst verliert, wenn eine Frist zur Mängelbeseitigung fruchtlos abgelaufen ist. Eine solche Fristsetzung hat AG hier – noch vor Kündigung – versäumt und damit dem AN die Möglichkeit genommen, noch vor der Kündigung die gerügten Mängel zu beseitigen. Den an sich naheliegenden Schluss, dass in dem Verlangen der Fertigstellung auch das Verlangen nach der Beseitigung etwaig vorhandener Mängel liegt, hat das OLG – mit Billigung des BGH – nicht gezogen. Immer wieder einmal versuchen Bauherrn, dem in Ungnade gefallenen Auftragnehmer die Möglichkeit zur Mängelbeseitigung „abzuschneiden“. Es wird in aller Regel nicht gelingen, wie der hiesige Entscheidung anschaulich zeigt.

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