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Mängelbeseitigung durch Neuherstellung nicht unzumutbar!

23.11.2021

von RA Michael Seitz

Kann ein mangelhaftes Werk nur dadurch nachgebessert werden, dass es neu hergestellt wird, so erstreckt sich der Anspruch auf Vorschuss für die Mängelbeseitigungskosten auch auf die Neuherstellung.

Das hat das OLG Schleswig mit Beschluss vom 29.07.2020 (Az.: 12 U 23/20) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgenommen.

Der Fall:
AN erstellt für AG ein Bauwerk. AG rügt schwerwiegende Baumängel. Das Landgericht stellt - sachverständig beraten - gravierende Baumängel fest, die nach den Feststellungen des Gutachters nur durch eine Neuherstellung zu beseitigen sind. AN wendet ein, der voraussichtliche Mängelbeseitigungsaufwand, den AG als Vorschuss verlangt, übersteige den für das ursprüngliche Werk vereinbarten Werklohn ganz erheblich.

Die Entscheidung:
Weder vor dem Landgericht noch vor dem OLG hat der Einwand des AN Erfolg. Im Gegenteil: Das OLG weist die Berufung des AN gemäß § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig zurück, weil sie keinerlei Aussicht auf Erfolg habe. Der Vorschussanspruch des AG sei der Höhe nach keineswegs beschränkt auf den vereinbarten oder gezahlten Werklohn. Vielmehr könne AN die Nacherfüllung und - nach erfolglosem Fristablauf - die Zahlung des Vorschusses nur dann verweigern, wenn die Kosten unverhältnismäßig sind und ihm die Nachbesserungen daher nicht zugemutet werden können. Hierfür sei aber nicht die Relationen der Nachbesserungskosten zu den Herstellungskosten entscheidend, sondern das objektive und berechtigte Interesse des AG daran, dass der geschlossene Vertrag erfüllt wird, mag dies auch hohe Kosten verursachen. Liegen erhebliche Mängel vor, so ist dieses Interesse des AG in der Regel vorrangig, auch wenn die Nachbesserungskosten hoch sind.

RA Michael Seitz

Fazit:
Die Annahme, der Vorschuss für eine etwaige Mängelbeseitigung könne doch nicht höher sein als der vereinbarte Werklohn, ist unter Bauunternehmern ebenso weit verbreitet wie falsch. Das zeigt die hiesige Entscheidung sehr anschaulich. Die Kosten der Mängelbeseitigung können sogar ganz erheblich höher sein als der ursprüngliche Werklohn, ohne dass dies unverhältnismäßig wäre. Dies gilt gerade auch dann, wenn - wie bei Sanierungen häufig - der Mangel auf andere Teile des Bauwerks übergreift (Beispiel: Mangel der Abdichtung einer Bestandsimmobilie führt zu Schäden am Estrich oder im Keller gelagerter Gegenständen). Die Arbeit des Bauunternehmers ist also stets mit erheblichen Risiken verbunden, die umso gravierender sind, als jedenfalls der Mangel an der erbrachten Leistung durch die Haftpflichtversicherung des Unternehmers nicht versichert und auch nicht versicherbar ist. Anderes gilt allerdings für Mangelfolgeschäden an Bestandsbauwerk, diese sind regelmäßig von der Haftpflichtversicherung gedeckt. Und selbst dann, wenn die Mängelbeseitigung einmal unverhältnismäßig sein sollte, steht AG keineswegs rechtlos. Er hat dann nämlich Anspruch auf die durch den Mangel aufgetretene Wertminderung des Werkes in Geld.

  Quelle: RA Michael Seitz, www.bau-innung.de


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