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Mängelbeseitigungsfrist ist Vornahmefrist!

26.08.2021

von RA Michael Seitz

Bei einer Frist zur Beseitigung von Mängeln handelt es sich nicht um eine Beginnfrist, sondern um eine Vornahmefrist, die erfolglos abläuft, wenn der Mangel nicht bis zum Ablauf der Frist vollständig beseitigt worden ist.

Dies hat das OLG Oldenburg mit Urteil vom 14.05.2021 (Az.: 2 U 122/20) entschieden.

Der Fall: AG beauftragt AN mit Errichtung einer Halle. Einige Dachfenster und Lichtkuppeln baut AN fehlerhaft ein. AG verweigert die Abnahme und fordert AN auf, die Mängel bis zum 18.07.2017 zu beseitigen. AN reagiert nicht, woraufhin AG ein selbstständiges Beweisverfahren einleitet. Während des laufenden Verfahrens fordert er AN ein zweites Mal auf, die Mängel zu beseitigen, nunmehr bis zum 20.04.2018. An eben diesem Tag tauchen nun erstmals Mitarbeiter des AN zur Mängelbeseitigung bei AG auf. AG lehnt die Mängelbeseitigung ab und fordert einen Kostenvorschuss in Höhe von 20.000 Euro.

Das Urteil: Nach Auffassung des OLG Oldenburg ist die angemessene Frist zur Mängelbeseitigung abgelaufen. Sachverständig beraten stellt das Gericht fest, dass die Mängelbeseitigung dreieinhalb Tage in Anspruch genommen hätte. Die Frist von zwei Wochen war daher angemessen. Auch die Tatsache, dass AG bereits 2017 eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt hatte, schadet ihm nicht. Setzt er eine weitere Frist zur Nachbesserung, so ist er während des Laufs dieser Frist lediglich gehindert, die bereits entstandenen sekundären Mängelrechte (Ersatzvornahme, Minderung, Schadensersatz) geltend zu machen, wenn AN die Mängel innerhalb der zweiten Frist fachgerecht beseitigt. So lag es hier jedoch nicht. Erst am letzten Tag der (zweiten) Frist wollte AN mit der Mängelbeseitigung beginnen. Das muss AG nach Auffassung des OLG nicht hinnehmen, denn eine Mängelbeseitigung innerhalb der Frist war hier offenkundig nicht mehr möglich.

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Fazit: Der Werkunternehmer hat nicht nur eine Pflicht zur Nachbesserung, sondern auch ein Nachbesserungsrecht. Erst nach Ablauf einer angemessenen Frist erlischt dieses Recht und der Auftraggeber kann Vorschuss, Schadensersatz usw. fordern. Die vom AG zu setzende Frist muss angemessen sein, d. h. innerhalb dieser Frist muss die Mängelbeseitigung für AN bei gehöriger Anstrengung möglich sein, weshalb die Frist auch je nach Umfang des Mangels durchaus unterschiedlich lang sein kann. Die Frist bezieht sich – wie das OLG hier zutreffend feststellt – nicht auf den Beginn, sondern auf das Ende der Mängelbeseitigungsarbeiten. Deshalb ist es auch gefährlich, nur eine Frist zum Beginn der Mängelbeseitigungsarbeiten zu setzen. Dabei dürfte es sich dann nicht um eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigungsfrist handeln. Sofern dem Bauunternehmer eine solche Frist gesetzt wird, sollte er sofort handeln. Wie der hiesige Fall anschaulich zeigt, muss sich der Auftraggeber nicht (mehr) auf eine Mängelbeseitigung einlassen, wenn AN erst so spät beginnt, dass die Mängelbeseitigung offensichtlich während der angemessenen Frist nicht mehr vollständig möglich ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn AN bei Ablauf der Frist nur noch ganz geringe Restleistungen zu erbringen hat.

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