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Mängelrüge per E-Mail reicht!

26.05.2017

von RA Michael Seitz

Verjährungsfrist:

Auch eine nur per E-Mail erhobene Mängelrüge erfüllt das Schriftformerfordernis des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B und ist daher geeignet, die Verjährungsfrist für Mängelansprüche wirksam zu verlängern.

Dies hat das OLG Köln in einem Urteil vom 22.06.2016 (Az.: 16 U 145/15) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH wurde zurückgenommen.

Der Fall: AG, ein öffentlicher Auftraggeber, beauftragt unter Einbeziehung der VOB/B 2009 den AN, einen Fensterbauer mit der Erneuerung von Fenstern an einem Schulgebäude. Es wird eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren vereinbart. AN führt die Arbeiten aus, sie werden am 03.08.2005 abgenommen. 2009 stellt AG Mängel an 15 Fenstern fest und rügt die Mängel am 09.06.2010 gegenüber AN. Am 10.06.2010 lehnt AN die Mängelbeseitigung ab. Daraufhin leitet AG die Ersatzvornahme ein und verlangt mit Klage vom 08.06.2012, dem AN zugestellt am 20.06.2012, den Ersatz der dadurch entstandenen Kosten. AN beruft sich auf Verjährung. Die E-Mail des AG vom 09.06.2010 sei kein ausreichend bestimmtes Mängelbeseitigungsverlangen, sondern eine Anfrage, gerichtet auf den Abschluss eines Reparaturauftrages, gewesen. Zudem sei eine bloße E-Mail nicht ausreichend.

Das Urteil: Damit dringt AN beim Landgericht ebenso wenig wie beim OLG durch. Der Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten ist nicht verjährt. Die Verjährungsfrist begann mit der Abnahme am 03.08.2005 und betrug 5 Jahre. Noch rechtzeitig vor deren Ablauf, nämlich am 09.06.2010, rügte AG die Mängel. Damit hat er gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B (sogenannte „Quasi-Unterbrechung“) eine neue Verjährungsfrist von zwei Jahren in Lauf gesetzt. Den Einwand des AN, es habe sich lediglich um eine Reparaturanfrage gehandelt, sieht das OLG schon durch die Antwort des AN, der eine Gewährleistung am 10.06.2010 ablehnte, widerlegt. Auch das Schriftformerfordernis gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B sei gewahrt. Die so genannte gewillkürte (d. h. vertraglich vereinbarte) Schriftform, die hier durch Vereinbarung der VOB/B in den Vertrag einbezogen wurde, sei gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB auch durch eine Übermittlung mittels Telekommunikation eingehalten. Etwas anderes gilt nur für die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform gemäß § 126 Abs. 1 BGB. Auch die Tatsache schließlich, dass die neue, zweijährige Verjährungsfrist bereits am 09.06.2012 endete, hilft AG nicht. Abzustellen ist nämlich gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB auf das Einreichungsdatum der Klage und nicht auf deren Zustellung.

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Fazit: Die hier vom OLG Köln entschiedene Frage, ob eine E-Mail die Schriftform des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B wahrt, ist sehr umstritten. So haben sowohl das OLG Frankfurt als auch das OLG Jena in gleich gelagerten Fällen anders entschieden. Gleichwohl dürfte die hier getroffene Entscheidung zutreffend sein. Die VOB/B gilt zwischen den Parteien nur, wenn sie vereinbart wird. Sie ist also nichts anderes als ein in den Vertrag einbezogenes Klauselwerk. Damit handelt es sich bei § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B um einen Fall der gewillkürten, also vertraglich vereinbarten Schriftform. Hierfür ist eine E-Mail - anders als für die gesetzliche Schriftform – aber ausreichend.

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