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Mangelfolgeschaden: Kein fiktiver Schadensersatz

25.03.2021

von RA Michael Seitz

Verstößt ein Auftragnehmer bei der Auftragsabwicklung gegen DIN-Normen, beruht die Mangelhaftigkeit der Leistung auf einem schuldhaften Verhalten. Daher haftet der Auftragnehmer auch für Mangelfolgeschäden. Diese setzen keine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung voraus. Sie können nicht (mehr) fiktiv abgerechnet werden.

Dies hat das OLG Oldenburg in einem Urteil vom 20.11.2018 (Az.: 2 U 37/17) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 16.12.2020 (Az.: VII ZR 263/18) zurückgewiesen.

Der Fall: AN soll das Dach einer Gewerbeimmobilie sanieren. Die Parteien schließen einen BGB-Bauvertrag. Kurze Zeit nach der Abnahme stürzt das Dach bei starken Niederschlägen ein, was auf Planungs- und Ausführungsfehler des AN zurückzuführen ist. AN versäumte es, in ausreichender Zahl Notüberläufe einzurichten, zudem waren die Abläufe mit Fasern einer von AN eingebauten Dachschweißbahn verstopft. AG lässt den Schaden nicht beseitigen und verklagt AN auf fiktive Reparaturkosten in Höhe von 110.000,00 Euro. Nachdem der BGH im Jahre 2018 seine Rechtsprechung zum fiktiven Schadensersatz ändert, stellt AG seine Schadensberechnung um und verlangt nunmehr auf Basis eines Verkehrswertgutachtens 290.000,00 Euro als schadensbedingten Mindererlös für das mittlerweile verkaufte Grundstück. AN bestreitet, für den Schadensfall verantwortlich zu sein. Auch habe AG keine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt.

Das Urteil: Nach Auffassung des OLG Oldenburg hat AN die Baumängel schuldhaft verursacht. Dies ergebe sich bereits aus dem Verstoß gegen DIN-Normen. Auch einer Fristsetzung zur Mängelbeseitigung habe es nicht bedurft, denn hier handele es sich um Mangelfolgeschäden (Mindererlös beim Grundstücksverkauf), die AN ohnehin nicht habe beseitigen können, weshalb eine Fristsetzung sinnlos und folglich von AG auch nicht zu fordern sei. Auch eine etwaige fehlerhafte Bauüberwachung durch den Architekten des AG müsse sich dieser nicht zurechnen lassen. Daher erhält AG den schadensbedingten Mindererlös als Schadensersatz.

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Fazit: Ursprünglich forderte AG hier Reparaturkosten. Diese kann er nach der neuen Rechtsprechung des BGH nicht mehr „fiktiv“, also selbst dann verlangen, wenn er den Schaden nicht beseitigen will oder kann, etwa weil er das Grundstück bereits verkauft hat. Dies gilt sowohl für die Kosten der Mängelbeseitigung selbst als auch für sogenannte Mangelfolgeschäden, also solche Schäden, die der Mangel an anderen Rechtsgütern verursacht. Für die Geltendmachung dieses Schadens ist im Übrigen nie eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung erforderlich, weil der Mangelfolgeschaden (z. B. ein Mietausfall oder die Beschädigung von Möbeln durch den Dacheinsturz) durch die Mangelbeseitigung nicht ausgeglichen werden kann. Auch ist es AG nicht verwehrt, auf eine andere Schadensberechnung auszuweichen, also etwa – wie hier – einen Mindererlös geltend zu machen, den er durch den Mangel beim Verkauf erlitten hat. Dies gelang AG hier, obwohl die Einzelheiten der Berechnung des Mindererlöses schwierig und umstritten sind.

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