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Markteintrittshürde für Newcomer zulässig ?

28.07.2015

Von RA Michael Werner

Die Vergabekammer (VK) Nordbayern hat mit Beschluss vom 11.05.2015 – 21.VK-3194-10/15 folgendes entschieden:

• Ein Unternehmen, das geforderte Erklärungen nicht, nicht vollständig oder nicht in der geforderten Form vorlegt, hat seine Eignung nicht nachgewiesen.

• Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 EG-VOB/A hat der öffentliche Auftraggeber die Fachkunde und Leistungsfähigkeit der Bieter zu prüfen. Für die Prüfung gibt § 6 Abs. 3 Nr. 2 EG-VOB/A dem Auftraggeber das Recht, bestimmte Angaben zu verlangen, die Aufschluss über die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens geben können.

• Die durch § 6 Abs. 3 Nr. 2 EG-VOB/A errichtete Markteintrittshürde für Newcomer ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, weil dadurch sichergestellt werden kann, dass der Auftrag nur an ein Unternehmen vergeben wird, das auch tatsächlich in der Lage ist, den Auftrag auszuführen.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) schrieb eine Bauleistung im Offenen Verfahren europaweit aus.

Nach der Bekanntmachung mussten nicht präqualifizierte Unternehmen ihre Eignung durch Eigenerklärung gemäß Formblatt 124 nachweisen. Dieses Formblatt konnte durch einen Link in der Bekanntmachung eingesehen werden. Bieter A hatte das Formblatt 124 mit seinem Angebot abgegeben. Der AG forderte ihn darauf auf, innerhalb von 6 Tagen u.a. den Umsatz des Unternehmens in den letzten 3 abgeschlossenen Geschäftsjahren bzgl. vergleichbarer Leistungen sowie drei Referenzen für vergleichbare Leistungen abzugeben. Bieter A war jedoch erst seit zwei Jahren im Bereich der ausgeschriebenen Leistungen tätig. Er konnte daher nicht die geforderten Umsätze für den Zeitraum von drei abgeschlossenen Geschäftsjahren angeben und hatte auch nur eine anstatt der geforderten drei Referenzen vorzuweisen. A hält die Eignungsanforderungen und seinen Ausschluss vom Vergabeverfahren als Newcomer für einen groben Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und leitet ein Nachprüfungsverfahren ein.

Die VK gibt dem AG Recht und bestätigt den Ausschluss des A. Das Angebot des A sei zu Recht ausgeschlossen worden, weil A seine Eignung nicht nachgewiesen habe. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 EG-VOB/A, § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB dürften Aufträge nur an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen vergeben werden. Dazu seien anhand der vorgelegten Nachweise die Angebote der Bieter auszuwählen, deren Eignung die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen notwendigen Sicherheiten böten (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 EG-VOB/A).

Bei der Prüfung der Eignung gebe § 6 Abs. 3 Nr. 2 EG-VOB/A dem AG das Recht, bestimmte Angaben zu verlangen, die Aufschluss über die Leistungsfähigkeit des Unternehmens geben könnten. Danach könnten gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 Ziff. a) EG-VOB/A folgende Angaben gefordert werden:
• Der Umsatz des Unternehmens jeweils bezogen auf die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre, soweit er Bauleistungen und andere Leistungen betrifft, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind.
• Die Ausführung von Leistungen in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind.
• Die Zahl der in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren jahresdurchschnittlich beschäftigten Arbeitskräfte, gegliedert nach Lohngruppen mit gesondert ausgewiesenem technischen Leistungspersonal.

Hier habe daher der AG zu Recht von den Bietern die Nachweise für die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre gefordert. Die durch § 6 Abs. 3 Nr. 2 VOB/A errichtete Markteintrittshürde für Newcomer sei vergaberechtlich nicht zu beanstanden, weil dadurch sichergestellt werden könne, dass der Auftrag nur an ein Unternehmen vergeben werde, das auch tatsächlich in der Lage sei, den Auftrag auszuführen.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Haus Cumberland
Kurfürstendamm 194
D - 10707 Berlin
E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
www.zl-legal.de

Anmerkung:
Für sog. Newcomer eine harte, aber vergaberechtlich richtige Entscheidung, die auf der Linie der ständigen Rechtsprechung liegt (z.B. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.2011- Verg 60/11). Danach ist es rechtlich zulässig, durch den konkreten Auftrag gerechtfertigte Eignungsanforderungen zu stellen, die faktisch sog. Newcomer von der Vergabe ausschließen.

Das Interesse des AG an einer ordnungsgemäßen Auftragsausführung überwiegt hier also, sodass ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot verneint wird.

  Quelle:


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