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Mittelwertmethode bei der Honorarwertung zulässig?

11.02.2014

Die Vergabekammer (VK) Bund hat mit Beschluss vom 21.11.2013 – VK 2-102/13 – u.a. Folgendes entschieden:

• Der Grundsatz der Transparenz gebietet es, dass für einen Bieter erkennbar sein muss, welche Lösung optimal ist und er daher Aussicht auf die Höchstpunktzahl hat.
Da die Mittelwertmethode nicht allgemein bekannt ist, muss der Auftraggeber besonders darauf hinweisen, wenn er das Honorar nach dieser Methode bewerten will.

Ein öffentlicher Auftraggeber hatte die Vergabe von Planungsleistungen im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens nach vorangegangenem Teilnahmewettbewerb europaweit ausgeschrieben. Nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs hatte er die Bieter zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Seiner Wertungsmatrix waren u.a. mehrere Zuschlagskriterien zu entnehmen, insbesondere die Bewertung des „Gesamthonorars brutto“; dabei legte er die sog. „Mittelwertmethode“ zugrunde. Der AG bildet dabei den Mittelwert aus den Honorarangeboten. Die volle Punktzahl erhält das Angebot, das 90 % des ermittelten „Mittelhonorars“ beträgt, das sich aus allen für die 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens abgegebenen Angeboten errechnet. Abweichungen nach oben führen daher ebenso zu Punktabzügen wie Abweichungen nach unten. Bei dieser Methode erhält damit nicht zwangsläufig der günstigste Bieter die volle Punktzahl, sondern derjenige, dessen Angebot am wenigsten vom sog. „Mittelhonorar“ abweicht. Nach der Wertung lag das Angebot des Bieters A auf dem zweiten Platz. A rügte u.a., dass die Mittelwertmethode sachfremd sei. Außerdem hätte der AG bekannt geben müssen, dass er nach dieser Methode werten wolle, da die Berechnungsmethode anderenfalls für die Bieter nicht erkennbar sei.Der AG ist dagegen der Ansicht, dass diese Methode nicht zu beanstanden und auch üblich sei.

Die Vergabekammer gibt dem Bieter A Recht, soweit er die Angebotswertung angreift. Die Wertung aufgrund des bekannt gemachten Zuschlagskriteriums „Honorar“ sei vergaberechtswidrig. Einmal hätte der AG allen Bietern bekannt geben müssen, dass er nach der sog. Mittelwertmethode werten wolle. Der Grundsatz der Transparenz gebiete es, dass für einen Bieter erkennbar sein müsse, welche Lösung optimal sei und er daher Aussicht auf die Höchstpunktzahl habe. Da die Mittelwertmethode nicht allgemein bekannt sei, hätte der AG hierauf besonders hinweisen müssen. Ein System, das einerseits unter dem gängigen Zuschlagskriterium „Preis“ etabliert werde, andererseits aber dazu führe, dass ein preislich günstigeres Angebot unter gewissen Voraussetzungen schlechter bewertet werden könne als ein preislich höher liegendes Angebot, sei grundsätzlich als überraschend einzustufen. Des Weiteren sei die Mittelwertmethode aus folgenden Gründen höchst zweifelhaft:

Nach § 11 Abs. 5 Satz 1 VOF sei der Preis / das Honorar ein zulässiges Zuschlagskriterium. Bei der Wertung des Honorars seien dem Auftraggeber jedoch Grenzen gesetzt. Zu diesen Grenzen gehörten die gesetzlichen Gebühren- / Honorarordnungen (§ 11 Abs. 5 Satz 3 VOF), die für einen ganz erheblichen Teil der ausgeschriebenen Leistung den Honorarrahmen festlegten. Darüber hinaus seien ungewöhnlich niedrige oder überhöhte Honorarangebote auszuschließen. Innerhalb dieses rechtlich vorgegebenen Rahmens stehe es dem Bieter frei, sein Honorar frei zu kalkulieren. Indem der AG die Mittelwertmethode zur Wertungsgrundlage des Honorars mache, schränke er zum einen den im Geltungsbereich der HOAI ohnehin stark eingeschränkten Spielraum zur Honorargestaltung weiter ein. Wettbewerbliche und haushalterische Gründe sprächen dafür, den preislichen Restwettbewerb nicht mittelbar weiter einzuschränken. Denn die Mittelwertmethode nehme einem Bieter faktisch den Anreiz, ein möglichst preisgünstiges Angebot abzugeben. Zum anderen flössen durch die Mittelwertmethode in die Wertung des Honorars Erwägungen mit ein, die nicht ausschließlich preisbezogen seien, sondern an anderer Stelle der Angebotswertung zu verorten wären. So sei die Auskömmlichkeit eines Honorarangebotes ein eigenständiger Prüfungsgrund, der vor bzw. getrennt von der inhaltlichen Angebotswertung zu erfolgen habe.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
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E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
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Anmerkung:
Die Entscheidung ist deshalb besonders zu begrüßen, da sie gerade im Bereich der VOF-Vergaben den teilweise äußerst phantasievollen Wertungsvorstellungen der Auftraggeber klare Grenzen setzt. Insbesondere bei der Honorarwertung sind § 11 Abs. 4 und 5 VOF unbedingt zu beachten, da dem Auftraggeber durch das Preisrecht der HOAI verbindliche Grenzen gesetzt werden.

  Quelle: RA Michael Werner


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