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Mitverschulden bei fehlender Planung

24.11.2022

Hat der Bauunternehmer die Bauleistung von vornherein übernommen, ohne dass ihm der Auftraggeber eine Planung zur Verfügung stellt, so ist dem Bauherrn kein Mitverschulden anzurechnen, wenn wegen der fehlenden Planung ein Baumangel auftritt.

Das hat das OLG Frankfurt mit Urteil vom 11.04.2022 (29 U 155/21) entschieden.

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RA Michael Seitz

Der Fall:
AG stockt ein älteres Bestandsgebäude mit zwei Penthouse-Wohnungen in Holzbauweise auf. AN führte an diesem Bauvorhaben Dachdecker- und Abdichtungsarbeiten aus. Später rügt AG Mängel der Abdichtungsarbeiten. Wasser dringe ein und habe das Bauwerk erheblich beschädigt. AG holt ein Privatgutachten ein, lässt die Schäden nach fruchtloser Fristsetzung zur Mängelbehebung beseitigen und nimmt AN auf Schadensersatz in Höhe der für die Schadensbeseitigung aufgewendeten Kosten in Anspruch.

Das Urteil:
Zu Recht, wie das OLG Frankfurt ebenso wie die Vorinstanz feststellt. AG habe als werkvertraglichen Erfolg eine funktionierende Abdichtung und Entwässerung der Dachflächen geschuldet. Er habe deshalb dafür zu sorgen gehabt, dass in die darunterliegende Baukonstruktion kein Wasser eintritt. Ein detailliertes Leistungsverzeichnis für die von AN erbrachten Leistungen gab es nicht. AG habe die Leistung praktisch überhaupt nicht geplant, vielmehr habe dies AN jedenfalls stillschweigend mit übernommen, als er den Auftrag annahm, ohne dass eine Planung oder ein Leistungsverzeichnis vorlag. Dies entspreche im Übrigen dem gesetzlichen Leitbild des BGB-Werkvertrages. Zudem habe es AN jedenfalls versäumt, AG auf die Bedeutung der fachgerechten Abdichtung hinzuweisen. Das - wie AN eingewandt hat - auch noch andere Ursachen für das Eindringen des Wassers in das Penthouse mit ursächlich seien, sei ohne Belang. Die Mitursächlichkeit der von AN verursachten Mängel reiche aus.

Fazit:
Vorsicht bei der Übernahme von Leistungen, für die der Bauherr keine Planung vorlegt! Wird der Auftrag ohne eine solche detaillierte Planung ausgeführt, so übernimmt der ausführende Unternehmer stillschweigend als sach- und fachkundiges Unternehmen die Planung und haftet also auch dafür, wenn diese seine Planung - wie im vorliegenden Fall - unzureichend ist und zu Mängeln führt. Wohl richtigerweise stellt das OLG Frankfurt darauf ab, dass das gesetzliche Leitbild des Werkvertragsrechts im BGB davon ausgeht, dass der Unternehmer und nicht etwa der Auftraggeber die Planung der Werkleistung übernimmt, mag dies auch bei Bauverträgen typischerweise andersherum sein. Merke also: Wer ohne (fremde) Planung baut, der schuldet selbst eine mängelfreie Planung!

  Quelle: RA Michael Seitz


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