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Mündlicher Bedenkenhinweis ausreichend!

17.11.2021

von RA Michael Seitz

Um seiner Bedenkenhinweispflicht nachzukommen, muss der Auftragnehmer die nachteiligen Folgen der unzureichenden Vorgaben des Bauherrn und die sich daraus ergebenden Gefahren konkret darlegen, und zwar gemäß § 4 abs. 3 VOB/B grundsätzlich schriftlich. Ein mündlicher Bedenkenhinweis reicht jedoch aus, wenn er eindeutig, inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend ist.

Dies hat das OlG Brandenburg mit Urteil vom 29. Juli 2021 (AZ.: 12 U 230/20) entschieden.

Der Fall:
AG beauftragt einen Garten- und Landschaftsbauer als Nachunternehmer mit Pflasterarbeiten auf einem Parkdeck. Später rügt AG Fugen-Verschiebungen und klagt auf Mängelbeseitigungsvorschuss. AN verteidigt sich damit, er habe schriftlich Bedenken angemeldet und die Gewährleistung abgelehnt. Ergänzend trägt er vor, er habe AG auch mündlich ausführlich über die Bedenken informiert. Das Landgericht verurteilt AN zur Zahlung des Kostenvorschusses, die Bedenkenanmeldung sei nicht ausreichend gewesen. AN legt Berufung ein.

Das Urteil:
Mit Erfolg. Zwar stellt auch das OLG Brandenburg fest, dass die schriftliche Bedenkenanmeldung nicht den Anforderungen des § 4 Abs. 3 VOB/B genügte, weil sie lediglich pauschal mitteilt, dass gegen die Aufbauhöhe Bedenken bestehen und die Gewährleistung für die Arbeiten abgelehnt wird. Das sei nicht ausreichend, weil AN nicht konkret dargelegt habe, welche Folgen die Nichtbefolgung seiner Bedenken für den AG hat. Den weiteren Vortrag des AN, er habe den AG in einer Besprechung eingehend, verständlich und technisch präzise über die grundsätzliche Problematik der zu geringen Aufbauhöhe informiert, habe das Landgericht jedoch zu Unrecht unbeachtet gelassen. Ein solcher mündlicher Bedenkenhinweis sei ausreichend, wenn er eindeutig, inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend sei. Das OLG verweist die Sache zur erneuten Beweisaufnahme über diese Behauptungen des AN an das Landgericht zurück.

RA Michael Seitz

Fazit:
Die Entscheidung des OLG Brandenburg entspricht der Rechtsprechung des BGH jedenfalls dann, wenn AG einen zuverlässigen mündlichen Bedenkenhinweis ignoriert. Das ändert indes nichts daran, dass mündliche Bedenkenhinweise außerordentlich gefährlich sind. Wie der hiesige Fall anschaulich zeigt, muss AN nun vor dem Landgericht im Einzelnen beweisen, wer dem AG wann und was genau zu den Bedenken mitgeteilt hat. Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Beweis - unter Umständen nach Jahren - kaum gelingen kann. Daher kann jedem Auftragnehmer nur dringend geraten werden, Bedenkenhinweise stets schriftlich oder mindestens in Textform (E-Mail) zu erteilen. Auch sollten diese nicht nur einem etwaig eingeschalteten Architekten, sondern stets jedenfalls auch dem Bauherrn selbst übermittelt werden.

  Quelle: RA Michael Seitz, www.bau-innung.de


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