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Nachfolge - die Herausforderung annehmen!

27.03.2015

Die Suche nach dem Nachfolger oder der Nachfolgerin wird oft reduziert auf die Erstellung eines Anforderungsprofiles und den „technischen“ Suchvorgang. Tatsächlich verbirgt sich viel mehr dahinter. Bei Führungskräften kann die falsche Wahl zum „Ach und Weh“ für das Unternehmen führen. Wer zu kurz springt, riskiert damit nicht nur den Erfolg der Nachfolgeregelung – in Unternehmerfamilien stehen daneben persönliche Beziehungen auf dem Spiel.1

1. Nachfolge – ein komplexes Thema
Die Nachfolge auf Führungspositionen betrifft jedes Unternehmen, ob klein oder groß, ob vom Inhaber oder vom Fremdmanager geführt, ob Familienunternehmen oder Publikumsgesellschaft. Nachfolgen sind Teil des betrieblichen Geschehens. Je höher die neu zu besetzende Position angesiedelt ist, desto bedeutungsvoller ist es, Nachfolge als komplexes Projekt zu begreifen und danach zu handeln. Nachfolge ist ein komplexes Projekt, weil eine Vielzahl von Einflüssen wirkt und unterschiedlichste Aspekte beachtet werden müssen. Die Einzelfaktoren und die Zusammenhänge sind jedoch oft nebulös, schwammig und unklar. Noch komplexer wird die Führungsnachfolge, wenn die Positions-Nachfolge mit der Unternehmens-Nachfolge, das heißt dem Übergang von Eigentum, verknüpft ist. Unternehmensnachfolge bedeutet nicht automatisch, dass Führung und Eigentum gleichzeitig wechseln. Vielmehr ist eine individuelle, auf die Interessen und Notwendigkeiten von Unternehmen, Übergeber und Nachfolger abgestellte Lösung zu erarbeiten.

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Eine Nachfolgeregelung braucht Zeit. Der Kernprozess der „technischen Nachfolgeregelung“ kann in relativ kurzer Zeit abgewickelt werden – sofern Nachfolger zur Verfügung stehen oder zügig gefunden werden. Dieser Kernprozess ist jedoch eingebunden in Vor- und Nachbereitungsphasen der Willensbildung und der Entscheidungsfindung, ggf. auch der strategischen mittelfristigen Vorbereitung, Phasen des Loslassens des Übergebers und des Ankommens des Nachfolgers.

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Die Positions-Nachfolge gliedert sich in die folgenden Projektschritte:
• Analyse des Umfeldes und der Erwartungen
• Formulierung der Ziele
• Erarbeitung des Anforderungsprofils
• Kritische Reflexion – Blick von außen oder zweite Meinung einholen
• Erarbeitung Ablauf-, Zeit- und Kommunikationsplan in Abhängigkeit von den Zielen
• Umsetzung des Plans: Auswahl, Einstellung, Einführung und begleitende Maßnahmen
• Sicherstellung der Zielerreichung

2. Analyse Umfeld und Erwartungen
Es gibt zahlreiche Interessengruppen (Stakeholder), die an den Stabwechsel und damit an den Nachfolger unterschiedliche Erwartungshaltungen haben. Diese Interessengruppen kommen aus dem Unternehmen oder aus seinem Umfeld. Sie sind direkt betroffen oder fühlen sich als Betroffene. Es sind die einzelnen Menschen und Mitarbeiter und es sind Institutionen und ihre Vertreter. Die Stakeholderanalyse gibt Aufschluss über die Betroffenen und die sich betroffen Fühlenden. Sie hilft, Transparenz zu schaffen und Erwartungen zu klären. Niemandem ist geholfen, wenn der Patriarch seinen Sohn oder seine Tochter wohlwollend als Nachfolger bestimmt, er oder sie aber ganz andere Pläne haben. Vielleicht ist das Interesse der auserkorenen Nachfolger, erst noch anderweitige Berufserfahrungen zu sammeln, vielleicht möchten sie vorher noch zusätzliche Kompetenzen erlernen. Vielleicht ist aber auch das Vorbild des Unternehmers mit seiner andauernden Arbeitslast nicht das Lebensmodell, das Sohn oder Tochter sich wünschen. Vielleicht ist es aber auch anders herum.

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Sohn oder Tochter sehen sich längst als Nachfolgekandidat und der Unternehmer denkt über Stiftungsgründung oder Fremdmanagement nach. Auch Geschwister des jetzigen Unternehmers könnten sich noch Hoffnung auf die Nachfolge im ehemals elterlichen Unternehmen machen oder Familienstämme sind der Ansicht, jetzt sei ein Nachfolger aus ihren Reihen zu benennen. All dieses wird rechtzeitig und ehrlich nur derjenige erfahren, der die Interessen hinterfragt und dem gegenüber die einzelnen Stakeholder bereit sind, diese Interessen zu offenbaren, denn zu oft werden Positionen aufgebaut und die dahinter stehenden Interessen versteckt. Je mehr „gewichtige“ Stakeholder es gibt und umso größer die Unternehmerfamilie ist, desto schwieriger wird es, die unterschiedlichen Interessen zu berücksichtigen. Nur wenn die Interessen aller Beteiligten frühzeitig auf den Tisch kommen, besteht die Chance, einen Prozess anzustoßen, an dessen Ende es zu einen Interessenausgleich kommen kann, gerade in Familienunternehmen.

3. Formulierung der Ziele
„Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“ (Lucius Annaeus Seneca, 1 – 65 n. Chr.). Die Gefahr, dass der Hafen nicht benannt und damit das Ziel nicht bekannt ist, ist groß. Ziele werden häufig nicht ausgesprochen oder nicht eindeutig formuliert und bleiben schwammig in ihrer Unverbindlichkeit. Damit sind sie objektiv nicht zu erreichen und es wird irgendwann subjektiv nach der Tagesauslegung die Zielerreichung oder Zielverfehlung festgestellt. Was ist das Ziel der Nachfolge? Ein „weiter so wie bisher“ ist schnell ausgesprochen. Ein „weiter so wie bisher“ gibt die Chance, vertraute und bewährte Prozesse und Methoden erfolgreich weiterzuführen und die Stabilität im System zu beizubehalten. Ein „weiter so wie bisher“ beinhaltet aber auch das Risiko, die Chance für Veränderungen zu verpassen. Geht es also darum, Aufgaben und Verantwortungen neu zuzuschneiden? Ist die Erfüllung maßgeblicher Ansprüche von Stakeholdern ein Ziel? Ist es Ziel, die Stellung der Unternehmerfamilie zu wahren? Ob die Ziele von Einzelpersonen oder von Gruppen festgelegt werden, ist vom Einzelfall abhängig. In die Zielbestimmung sind die Ergebnisse der Stakeholderanalyse einzubeziehen. Nach Möglichkeit sollen in der Zielbestimmung unterschiedliche Interessen der Beteiligten harmonisiert werden.

4. Anforderungsprofil
Die vielfältigen Erwartungen an den Nachfolger sollten immer in einem detaillierten Anforderungsprofil zusammengetragen und klar definiert und bewertet werden. Mit diesem konkreten Anforderungsprofil lassen sich die Kompetenzen der Nachfolgekandidaten gegenüber den Anforderungen systematisch abgleichen. Schwierig wird es, wenn bei der Besetzung von Führungsfunktionen die fachliche Kompetenz zu sehr im Vordergrund steht. Der beste Maurer wird Polier, der beste Bauingenieur Projektleiter, der beste Buchhalter wird Leiter des Rechnungswesens und der beste Außendienstmitarbeiter Leiter des Vertriebs. Natürlich müssen Führungskräfte auch eine gewisse Fachkompetenz besitzen, allerdings müssen sie darin nicht zwingend die Besten sein. Ihre Aufgabe ist es, für ihre qualifizierten Mitarbeiter einen Rahmen zu schaffen, in dem diese zu Höchstform auflaufen. Mit zunehmender Hierarchiestufe verliert die Fachkompetenz gegenüber den Führungskompetenzen an Bedeutung. Mit zunehmender Bedeutung der Position für das Unternehmen wird es erforderlich, die Nachfolge in ein Strategie, Struktur- und Kulturprojekt einzubinden. Daraus abgeleitet sind die Anforderungen an das Top-Management werte-, strategie- und kompetenzbasiert zu definieren. Pro in Frage kommenden Bewerber sollten mehrere Vorstellungsgespräche geführt werden und mindestens zwei „Beurteiler“ daran teilnehmen. Sozialromantik hat im Auswahlverfahren wenig Platz, Wertschätzung hingegen gehört dazu.

Führungskompetenzen:
• Prozess- und Methodenkompetenz
Aufgabenbezogene Führungstechniken. Ausrichten aller Handlungen auf das jeweilige Ziel

• Integrative Kompetenz
Gestaltung von Vernetzung und Zusammenarbeit. Zusammenwirken der verschiedenen betrieblichen Subsysteme organisieren. Brücken bauen über unterschiedliche Arbeits- und Abteilungsstrukturen

• Sozialkommunikative Kompetenz
Mitarbeiter mitnehmen, Teams führen und zielorientiert voranbringen

• Selbstkompetenz
Persönlichkeitseigenschaften, emotionale Intelligenz, Arbeitsorganisation, Zeitmanagement

5. Besonderheit Familiennachfolge
Eine Besonderheit bei der Nachfolge ist die Nachfolge der Geschäftsführung von Unternehmen, die im Familienbesitz sind und von einem oder mehreren Familienmitgliedern geführt werden. Hier ist die Familie Interessengruppe (Stakeholder) als Kapitalgeber und ggf. auch als gleichrangige Kollegen; gleichzeitig sucht sie in ihren Reihen den oder die Nachfolger und beeinflusst oder versucht zumindest die Führung und langfristige Ausrichtung des Unternehmens mit zu beeinflussen. Im Glücksfall ist die Unternehmerfamilie dabei eine Gruppe, die mit gleichen Interessen und geprägt von gleichen Werten, Überzeugungen und Idealvorstellungen in Bezug auf das Unternehmen denkt und handelt. Häufig genug bleibt dieses jedoch eine Idealvorstellung. Unterschiedliche Interessen – z. B. langfristige Unternehmensentwicklung und Kapitalaufbau gegen maximal mögliche Kapitalausschüttung – wirken einander entgegen. Stehen mehrere potenzielle Nachfolger, gegebenenfalls auch aus unterschiedlichen Familiengruppen, bereit, so hängt die Einigung auf den Nachfolger nicht immer nur von dessen Qualitäten ab. Andererseits kann es gelten, nicht zum Zuge gekommene Geschwister oder weitere Familienangehörige einvernehmlich zu entschädigen, will man nicht den Grundstock für fortwährende Rivalitäten und Missgunst liefern. Um die unterschiedlichen Interessen innerhalb der Familie zu kanalisieren und ihnen eine gemeinsame Richtung zu geben, kann die Entwicklung einer in der Familie anerkannten Familiencharta nützlich sein. Zwar ist sie nicht rechtlich bindend, kann aber einen moralischen Anspruch erheben und einen Interessenausgleich ermöglichen. Je schwieriger die Situation, desto mehr kann ein familienfremder Moderator zur Entwicklung der Charta beitragen.

6. Übergeber und Nachfolger
Ihnen gemeinsam ist die Übernahme einer neuen Rolle. Sofern der Übergeber nach Beendigung seines Dienstvertrages das Unternehmen verlässt, ist seine Wirkung für das Unternehmen beendet. Anders sieht es mitunter aus, wenn es sich um den Unternehmer handelt und es keine festgelegten Absprachen oder Verträge zur Beendigung gibt. Kann er wirklich loslassen? Auf Status und Macht, Gestaltungsmöglichkeit und Einfluss, geregelten Tagesablauf und die „kleinen privaten bzw. persönlichen“ Dienste der Mitarbeiter und des Unternehmens verzichten? Der Nachfolger will seinen eigenen Weg gehen, die eigenen Ideen umsetzen und beweisen, dass er das Unternehmen oder den Bereich führen kann. Er wird Fehler machen – auch das gehört zum Lernen dazu.

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Nur: wie groß dürfen diese Fehler sein, bevor der übergebende Unternehmer feststellt, dass es ohne ihn wohl offensichtlich doch nicht geht, und er seine Amtszeit auf unbestimmte Zeit per einseitigem Beschluss verlängert? Selbst Fremdmanager sind vor dieser Entwicklung nicht immer ganz sicher. Gibt es innerhalb einer Nachfolgeregelung eindeutige Absprachen und Verträge, so ergeben sich viele Probleme erst gar nicht oder diese können im Vorfeld geregelt werden. Szenarien zur gegenseitigen Abstimmung und zur Konfliktbearbeitung können im Vorfeld festgelegt und somit Konflikte mehr auf sachlicher Basis abgehandelt werden, statt als emotionaler Kreuzzug innerhalb der Familie geführt zu werden. „Mechanismen der Nachfolge“ stellt die wechselseitige Übergabe und Übernahme (Abnahme beim Übergeber – Zunahme beim Nachfolger) von Verantwortung, Kompetenzen und Aufgaben dar. Am Ende des Prozesses hat der Nachfolger seinen Platz im Unternehmen vollständig eingenommen und der Übergeber hat, zumindest was das Unternehmen betrifft, losgelassen. Der Übergabezeitraum ist individuell, er kann von der taggleichen Übergabe bis zu einem Zeitraum von einem Jahr oder sogar länger dauern.

7. Das System
Ist die Nachfolge gefunden, beginnt der Integrationsprozess. „Neue Besen kehren anders“, das heißt, das System verändert sich durch den Nachfolger, ob dieser es will oder nicht. Denn der Nachfolger wird anders sein als sein Vorgänger. Er wird anders denken, andere Entscheidungen treffen, er hat ein anderes Auftreten und eine andere persönliche Ausstrahlung haben. Und das System mit seinen sozialen Beziehungen, Regeln und Verknüpfungen, das Team und die Mitarbeiter werden dem Nachfolger neue Erwartungen, Hoffnungen, Ängste und Wünsche gegenüberstellen. Was sich der Vorgänger erlauben konnte, kann beim Nachfolger abgelehnt werden. Veränderungswünsche, die vom Vorgänger nicht mehr erwartet wurden, werden nun eingefordert. Wurde vorher harmonisch und mit hoher Performance zusammengearbeitet, kann es nun aufgrund der Veränderung zu Störungen und Leistungseinbrüchen kommen. Offene oder verdeckte Widerstände können auftreten, das System/Team fängt an, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Ein durchaus normaler Vorgang in der Entwicklung von Systemen/Organisationen und Teams. Entscheidend ist, wie schnell der Zustand der hohen Leistungsfähigkeit wieder zurückgewonnen werden kann! In solchen Situationen entscheiden die Führungs- und Sozialkompetenz, und oft ist es in solchen Situationen hilfreich, externe Unterstützung hinzuzuziehen. Denn es gibt keine Gewährleistung, dass das Team die vielleicht ehemals herausragenden Leistungen von sich aus wieder erreicht.

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Claus-Dieter Piontke,
Dipl.-Betriebswirt (FH), Business-Coach (dvct) ist Senior-Berater der Mammut Consulting GmbH, Kiel.

Er war langjährig als kaufmännischer Leiter und Controller in Industrie- und Dienstleistungsunternehmen tätig und unterrichtet Führungskompetenzen und betriebswirtschaftliche Themen an verschiedenen Hochschulen.

8. Fazit
„Die Wirklichkeit bleibt stets hinter dem Erträumten zurück. Wir leben in einem System der Annäherung“ (Ralph Waldo Emerson). Wie dicht Annäherung und Erträumtes beieinander liegen, entscheidet sich nicht zuletzt über die Professionalität auf dem Weg zum klar benannten Ziel. Professionalität und Objektivität sind im gesamten Prozess erfolgsbegründend. So wie der Bergwanderer in unbekannten Aufstiegen vom Bergführer zum Ziel gebracht wird, so kann auch im Unternehmensalltag mit Unterstützung von Experten ein höheres Ziel erreicht werden. Externe Experten haben den Vorteil von Neutralität und Objektivität, von Erfahrung aus vergleichbaren Situationen und können sachlich bleiben, wenn Beteiligte emotional agieren. Dieses ist nicht zu unterschätzen, wenn es um die Strategie zur Nachfolge, die Moderation innerhalb der Unternehmerfamilie, um die Beurteilung von Nachfolgekandidaten oder das Coaching von Übergeber und Nachfolger geht. Die Experten von Mammut Consulting stehen Ihnen zur aktiven Unterstützung der Nachfolge und bei den schwierigen Aufgaben der Unternehmensführung gerne zur Verfügung – als Berater, als Sparringspartner, als kritische Begleiter oder als Coach.

1 Im folgenden wird für die personenbezogene Bezeichnung, wenn keine neutrale Bezeichnung verwendet wird, in der Regel die männliche Form verwendet. Mit diesen Formulierungen sind jeweils männliche und weibliche Personen gemeint. Es handelt sich um eine Vereinfachung, die ausschließlich zur Verbesserung der Lesbarkeit gewählt wurde. Diskriminierende oder herabsetzende Absichten sind nicht damit verbunden.

  Quelle: www.mammutconsulting.de


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