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Nachforderungspflicht bei fehlenden Angaben auch im VOF-Verfahren!

25.01.2013

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 7. November 2012 – Verg 12/12 – u. a. folgendes entschieden:

Der Begriff der „fehlenden“ Erklärung in § 11 Abs. 3 VOF ist weit auszulegen und umfasst auch fehlende Preisangaben.


Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 VOF räumt dem Auftraggeber kein Ermessen ein. Fehlen Preisangaben, ist der Auftraggeber dazu
verpflichtet, diese vom Bieter nachzufordern.


Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Ingenieurleistungen für eine Kreisstraße im VOF-Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb europaweit ausgeschrieben. Die Bieter hatten u. a. die Leistung „Analyse der erforderlichen signaltechnischen Berechnungen“ anzubieten. Bieter A vergaß, diese Leistungen zu bepreisen und wurde daraufhin ausgeschlossen. Der AG hatte darauf verzichtet, den fehlenden Preis gemäß § 11 Abs. 3 VOF nachzufordern. Er vertrat die Meinung, dass § 11 Abs. 3 VOF nicht auf fehlende Preisangaben anwendbar sei und außerdem diese Vorschrift dem AG lediglich ein Ermessen einräume, den öffentlichen AG also nicht dazu verpflichte, fehlenden Erklärungen nachzufordern. Der Bieter strengt ein Nachprüfungsverfahren an und unterliegt vor der Vergabekammer. Dagegen geht er mit der sofortigen Beschwerde zum OLG vor.

Das OLG gibt hier dem Bieter Recht. Es stellt fest, dass der Begriff der fehlenden Erklärungen in § 11 Abs. 3 VOF auch fehlende Preisangaben umfasse. Auch wenn die Vorschrift des § 11 Abs. 3 VOF, anders als die diesbezüglichen Vorschriften der VOB/A (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 c, Nr. 3 VOB/A) und der VOL/A (§ 19 Abs. 2 Satz 2 VOL/A-EG) fehlende Preisangaben nicht ausdrücklich erwähne, sondern nur fehlende Erklärungen und Nachweise aufführe, umfasse der weit auszulegende Begriff der „fehlenden Erklärungen“ angesichts des grundsätzlich großen Spielraums im Verhandlungsverfahren nach der VOF, welches es dem Auftraggeber überlasse, wie er das Verfahren im Einzelnen gestalte, auch fehlende Preisangaben.

Die in die VOF 2009 neu aufgenommene Vorschrift solle zudem verhindern, dass möglicherweise attraktive Angebote nur wegen des Fehlens einer Erklärung zwingend ausgeschlossen würden und folglich der Wettbewerb übermäßig eingeschränkt werde. § 11 Abs. 3 VOF räume dem Auftraggeber kein Ermessen ein. Das Wort „können“ beziehe sich dabei nicht auf den Auftraggeber, sondern auf den Bieter. Dieser könne fehlende Erklärungen bei entsprechendem Verlangen des Auftraggebers nachreichen. Der AG sei – wie auch im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A – nach dem Wortlaut der Vorschrift dagegen verpflichtet, fehlende Preisangaben bei Bietern nachzufordern.

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Anmerkung:
Bisher musste man davon ausgehen, dass § 11 Abs. 3 VOF dem AG einen Ermessensspielraum einräume. Dies sieht das OLG nun absolut anders. Die Ausführungen des Gerichts haben dabei nicht nur für § 11 Abs. 3 VOF Bedeutung, sondern auch für die Parallelvorschrift des § 5 Abs. 3 VOF zur Nachforderung von Unterlagen im Teilnahmewettbewerb. Insofern eine zu begrüßende, weil klarstellende Entscheidung.

  Quelle: RA Michael Werner


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