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Nachforderungspflicht bei unzureichenden Unterlagen?

01.07.2014

Das OLG Celle hat mit Beschluss vom 24.04.2014 – 13 Verg 2/14 – u.a. Folgendes entschieden:

• Eignungsanforderungen, die in der Vergabebekanntmachung festgelegt wurden, dürfen in den Ausschreibungsunterlagen nicht verschärft werden, können aber auch im Sektorenbereich konkretisiert werden.

• Legt ein Bewerber seinem Teilnahmeantrag die Bestätigung eines Referenzauftraggebers bei, die nicht auf einem vorgegebenen Vordruck erfolgt ist und inhaltlich nicht alle dort erfragten Angaben enthält, kommt eine Nachforderung nicht in Betracht, weil die Bestätigung nicht fehlt oder bereits formal den Anforderungen nicht entspricht.

Ein Sektorenauftraggeber (AG) hatte im Verhandlungsverfahren nach der SektVO einen Lieferauftrag europaweit ausgeschrieben. In der Bekanntmachung wurde für den Eignungsnachweis die „Bestätigung der Referenz durch den Auftraggeber gemäß beiliegendem Referenzschreiben“ gefordert. In den Vergabeunterlagen zum Teilnahmewettbewerb findet sich folgender Hinweis: „Eine Referenz wird nur gewertet, wenn die geforderten Angaben voll umfänglich erfolgen und wenn sie durch dasjenige Unternehmen, das Auftraggeber in dem als Referenz angeführten Projekt war, mit beigefügtem Formblatt vom Referenzgeber bestätigt werde.“ Der Bewerber A benennt Referenzen in ausreichender Zahl, allerdings anstelle der auf den Formblätter geforderten Angaben durch formlose Schreiben des Referenzgebers, in denen nicht alle Informationen enthalten sind, die bei Verwendung der Formblätter bestätigt worden wären. Der AG schließt A darauf aus, weil die Referenzen mangels Referenzschreiben nicht wertbar seien. A rügt dies mit dem Argument, die Forderung nach Abgabe der Referenzschreiben auf dem vom AG gestellten Formblatt ergebe sich nicht eindeutig aus der Auftragsbekanntmachung. Außerdem hätte ihm der AG Gelegenheit geben müssen, die Unterlagen nachzureichen. Nach Abweisung seines Antrags durch die Vergabekammer legt er sofortige Beschwerde ein.

Das OLG weist die sofortige Beschwerde als unbegründet zurück. Grundsätzlich habe der Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung anzugeben, welche Nachweise zur Beurteilung der Eignung von Bietern vorzulegen seien. Der Auftraggeber sei an seine Festlegung in der Bekanntmachung gebunden und dürfe in den Verdingungsunterlagen keine Nachforderungen stellen, sondern die in der Bekanntmachung verlangten Eignungsnachweise lediglich konkretisieren. Diese Grundsätze gälten auch im Sektorenbereich. Die Bekanntmachung enthalte hier die eindeutige Forderung, dass eine Bestätigung des jeweiligen Auftraggebers vorzulegen sei, die nicht formfrei, sondern auf einem vom AG zur Verfügung zu stellenden Schreiben vorzunehmen war. Nicht erforderlich sei es, den Inhalt der Formblätter bereits in der Auftragsbekanntmachung mitzuteilen. Zwar sei die Verwendung eines vorgegebenen Formulars nicht zwingend erforderlich, wenn die an dessen Stelle vorgelegte Erklärung die geforderten Angaben in gleicher Weise enthalte. Dies sei hier aber gerade nicht der Fall. Eine Nachforderung der Referenzschreiben nach § 19 Abs. 3 SektVO komme hier ebensowenig in Betracht. Eine Nachforderungsmöglichkeit bestehe nur für nicht vorgelegte Nachweise, d.h. wenn sie gar nicht eingereicht worden seien oder wenn sie formale Mängel aufwiesen. Da hier jedoch auch eine frei formulierte Bestätigung der jeweiligen weiteren Auftraggeber ausreichend gewesen wäre, wenn diese inhaltlich alle geforderten Angaben enthalten hätte, fehlten derartige Bestätigungen nicht vollständig. Vielmehr sei maßgeblich, ob diese inhaltlich ausreichend waren. Den Bestätigungen ließe sich erst nach einer inhaltlichen Prüfung entnehmen, dass die erforderlichen Angaben fehlten. Insoweit liege hier nicht nur ein formeller, sondern ein inhaltlicher Mangel vor, weshalb eine Nachforderung gemäß § 19 Abs. 3 SektVO ausscheide.

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RA Michael Werner

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Anmerkung:
Auch wenn es unverständlich erscheint, wäre hier der Bieter besser gefahren, wenn er gar keine Referenzschreiben vorgelegt hätte. Da diese dann gänzlich gefehlt hätten, hätten sie gemäß § 19 Abs. 3 SektVO auch nachgefordert werden können bzw. im Bereich der VOF (gemäß § 5 Abs. 3 bzw. 11 Abs. 3) und der VOB/A (§ 16 Abs. 1 Nr. 3) vom Auftraggeber sogar nachgefordert werden müssen.

  Quelle: RA Michael Werner


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