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Nachträge: Kosten und Zuschläge maßgeblich

09.07.2020

von RA Michael Seitz

Der vom BGH in seinem Urteil vom 08.08.2019 aufgestellte Grundsatz, dass für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich sind, findet auch bei der Ermittlung des neuen Einheitspreises von geänderten Leistungen i. S. v. § 2 Abs. 5 VOB/B Anwendung.

Dies hat das OLG Düsseldorf in einem Urteil vom 19.12.2019 (Az.: 5 U 52/19) entschieden.

Der Fall: AG beauftragt AN im Juli 2010 mit Fassadenarbeiten, die am 30.08.2010 beginnen sollen. Weil Vorgewerke nicht rechtzeitig fertiggestellt werden, verschiebt AG den Baubeginn bis in den November 2011. Für diese Verschiebung verlangt AN eine Entschädigung sowohl nach § 2 Abs. 5 VOB/B als auch nach § 642 BGB für nicht erwirtschaftete allgemeine Geschäftskosten sowie für Wagnis und Gewinn.

Das Urteil: Nachdem AN beim Landgericht noch mit einem Teilbetrag Erfolg hatte, weist das OLG Düsseldorf seine Klage ab. Mit Bezug auf den Anspruch nach § 2 Abs. 5 VOB/B lässt es das OLG dahinstehen, ob durch die Verzögerung überhaupt eine Leistungsänderung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt. Jedenfalls stellen weder die Unterdeckung der allgemeinen Geschäftskosten noch der Anteil an Wagnis und Gewinn Mehrkosten im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B dar. Das OLG Düsseldorf urteilt ausdrücklich, dass auch im Rahmen des § 2 Abs. 5 VOB/B die im Leitsatz genannte Entscheidung des BGH zum insoweit wortgleichen § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B zu beachten sei. Wenn sich die Parteien nicht auf eine Vergütung geeinigt haben, ist diese durch Vertragsauslegung festzustellen. Entsprechend der Entscheidung des BGH sind danach die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge für die Nachtragsvergütung maßgeblich. Daher kommt es für eine Preisanpassung darauf an, ob Mehrkosten tatsächlich angefallen sind. Dass aber dem AN derartige Mehrkosten durch die Verschiebung der Leistungszeit entstanden sind, ist nach Auffassung des OLG nicht ersichtlich, insbesondere hatte er Vorhaltekosten weder für Personal noch für Geräte dargelegt.

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Fazit: Nun ist es also soweit! Erstmals hat jetzt ein OLG die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Feststellung einer neuen Vergütung nicht nur im Rahmen des § 2 Abs. 3 (Mehrmengen > oder < 10 Prozent), sondern auch auf Nachträge im Sinne des § 2 Abs. 5 (angeordnete geänderte Leistung) angewandt. Damit dürfte die über viele Jahre angewandte sogenannte Korbion‘sche Preisformel (guter Preis bleibt guter Preis, schlechter Preis bleibt schlechter Preis, sogenannte Preisfortschreibung) nun endgültig passé sein. Dies gilt umso mehr, als es keinem ernstlichen Zweifel unterliegt, dass der BGH mit seiner Entscheidung genau dies beabsichtigt hat.

Übrigens: Obwohl dies hier durchaus näher gelegen hätte, erhält AN auch gemäß § 642 BGB keine Entschädigung. Denn auch für diese Anspruchsgrundlage ist Voraussetzung, dass AN konkret und nachvollziehbar darlegt, dass er Mehraufwand durch nutzloses Vorhalten von Personal oder Gerätschaft hatte. Daran fehlt es aber im vorliegenden Fall gerade.

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